Ferien mit Hindernissen

 

Ferien mit Hindernissen  (Autor Claudia)

 

Teilnehmende Personen: Karin, Thomas, Biggi, Enrico, Peter, Mark

Ort des Geschehens: Marks abgelegene Berghütte

 

Kapitel 1

Alle freuten sich riesig auf die beiden bevorstehenden Ferienwochen. Das erste Mal seit langer Zeit hat das Team Gelegenheit, zusammen in die Ferien zu fahren und einfach nichts anderes zu tun als auszuspannen und den Alltagsstress zu vergessen. Die vergangenen Wochen waren für alle sehr anstrengend. Das eine oder andere Abenteuer musste bewältigt werden. Nun war es endlich soweit. Die Vetretungen für die kommenden zwei Wochen wurden organisiert und eingewiesen. Den Ferien schien nichts mehr im Wege zu stehen. Morgen früh würde es losgehen – endlich.

 

„Hey Ihr beiden, habt ja auch schon den Weg aus dem Bett gefunden. Du und Karin, Ihr seid spät dran“, sagte Peter zu Thomas. Die anderen wurden auch schon etwas ungeduldig, schliesslich hatte man sich für acht Uhr an der Medicopter Basis verabredet.

„Du weisst ja, Frauen brauchen morgens immer etwas länger im Bad“. Für diesen Spruch kassierte er einen mahnenden Blick von Karin. „Aber jetzt kann’s endlich losgehen. Kommt, lasst uns das Auto packen. Ich kann’s kaum noch abwarten“, meinte Thomas.

Nach einer Viertelstunde war alles verstaut und jeder hatte seinen Platz in dem geräumigen Minivan von Thomas gefunden. Die Stimmung war gut.

„Mark hast Du auch an die Schlüssel gedacht“, fragte Karin mit einem Schmunzeln, „nicht das wir noch vor verschlossenen Türen stehen“. „Was denkst du, klar habe ich die dabei“, gab er zurück. „Ich habe keine Minute daran gezweifelt, wollte einfach nur sichergehen“.

„Hoffentlich liegt schön viel Schnee da oben“, schaltete sich Biggi ein. „Eine Schneeball-schlacht zur Abwechslung oder das knisternde Feuer im offen Kamin. Es gibt doch nichts schöneres“. „Ich wüsste schon noch was anderes“, meinte Enrico. „Ach du meinst die gemeinsamen Spieleabende“, grinste Biggi Ihn an. „Alle zusammen? Schade, ich dachte die in unserem gemeinsamen Bett“, sagte Enrico etwas pikiert. Darauf hin verpasste Biggi Enrico einen kleinen Stupser. „Hoffentlich knarren die Holzbetten nicht so laut, dass man wenigstens noch in Ruhe schlafen kann“, meinte Peter. Allgemeines Gelächter brach aus. „Also ich finde die knarrenden Holzbetten noch ganz romantisch, das hat wenigstens noch was“, gell Karin mein Schatz, sagte Thomas grinsend.

Mark meinte dazu nur, „es müssen ja wenigstens wir“, und schaute dabei Peter an, „seriös bleiben, oder?“ „Wir werden schon aufpassen, dass nicht zu viel passiert“, ergänzte Peter.

 

Die Fahrt verging im Nu. Thomas parkte das Auto unten auf dem Parkplatz der Bergbahn, die Sie nach oben bringen sollte. Oben an der Bergstation wollte Sie dann der Bergbauer, ein alter Bekannter von Mark, mit Pferdekutschen abholen und zu Mark‘s Hütte bringen.

„Puh, ich glaube das wird noch ganz schön anstrengend bis wir unsere ganzen Sachen da oben haben“, meinte Biggi. „Halb so schlimm. Die Gondel ist kein Problem und was die Kutsche anbetrifft, hab ich den Bauern schon vorgewarnt, dass wir einiges an Gepäck dabeihaben werden“, meinte Mark.

Kurze Zeit später sind alle damit beschäftigt die Gondel zu beladen, Lebensmittel, Gepäck und sonstige Sachen.

„Meine Güte, ich wusste gar nicht, dass das alles in Deinem Auto war, das sieht so viel aus“, sagte Peter. „Ich weiss nicht, aber ich habe das Gefühl irgend etwas haben wir im Auto vergessen“, meinte Karin. „Hat jemand die beiden Notfallkoffer gesehen? Ich möchte da oben nicht abgeschnitten von der Aussenwelt, ohne jegliche medizinische Versorgung sein. Wenn irgend etwas passiert, wird es schon schwierig genug sein von da oben runter-zukommen.“

„Hey, jetzt mal den Teufel nicht an die Wand“, sagte Thomas. „Wir sind zum Vergnügen da oben, was soll da schon passieren.“ Karin schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ach, Du hast ja recht, Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ich geh nochmal schnell zurück, bin gleich wieder da. Fahrt ja nicht ohne mich ab.“ „Würden wir uns nie getrauen“, rief Mark Ihm hinterher.

Fünf Minuten später stand Thomas mit den zwei grossen Notfallkoffern wieder vor den anderen. „So jetzt kann’s losgehen. Haben wir jetzt wirklich alles oder fehlt sonst noch was?“ „Ich glaube wir haben alles, ist ja auch genug, was da liegt“, meinte Enrico grinsend.

 

Die Gondel setzte sich in Bewegung und die sechs steuerten Ihrem Ziel entgegen. Oben angekommen wartete schon der Bergbauer mit seinem Sohn und den zwei Kutschen auf sie.

Mark begrüsste seinen alten Bekannten und stellte seine Freunde und Kollegen vor. Die Stimmung konnte nicht besser sein. Alle beeilten sich, so schnell wie möglich die ganzen Sachen in den Kutschen zu verstauen. Mit Hilfe der beiden Abholer wurde dies schnell erledigt und die einstündige Fahrt zur entlegenen Hütte von Mark konnte losgehen.

„Oh, ist das herrlich, der viele Schnee“, sagte Karin. „Ich könnte mich direkt darin wälzen.“ „Pass bloss auf, nachher komm ich und mache Deine ‘Androhung‘ wahr und helfe dir dabei“, konterte Thomas und fing an zu lachen. „Siehst du Biggi, hier gönnt man Dir nicht mal ein bisschen Sentimentalität. Wo wird das bloss enden?“ „Ich steh dir jedenfalls bei, wenn unsere Männer meinen uns Frauen unterbuttern zu müssen“, sagte Biggi zu Karin. „Die schaffen wir doch mit links.“

Alle schauten sich an und auf einmal fingen sie an zu lachen. Das Lachen war so befreiend wie schon lange nicht mehr, denn die letzten Wochen waren wirklich hart für alle.

 

Nach einer scheinbar endlosen Fahrt sahen Sie am Waldrand eine Holzhütte auftauchen. Endlich, Sie waren da. Die Kutschen hielten vor der Hütte. Mark schloss auf und alle fingen an das Gepäck abzuladen und reinzubringen.

„Meine Güte, ich wusste gar nicht, dass die Hütte wirklich so schön ist. Hier ist es richtig urig und die Lage ist ja traumhaft“, sagte Peter sichtlich erstaunt. Mark antwortete, „die Hütte gehörte eigentlich meiner verstorbenen Frau. Ich bin seit ihrem Tod nicht mehr hier gewesen. Ich hab es irgendwie nicht übers Herz gebracht seitdem herzukommen. Aber verkaufen wollte ich sie auch nicht. Ich habe immer gehofft, das es Gelegenheiten wie diese hier gibt, so dass ich nicht alleine hier sein muss.“

„Du hast nie davon erzählt“, sagte Karin. „Wie lange ist das denn schon her?“ „Fast zwei Jahre. Ich bin froh, dass sich die Frau meines Bekannten ein bischen um die Hütte ge-kümmert hat und hier ab und zu sauber gemacht hat.“

Daraufhin ging Mark raus, um sich von seinem Bekannten zu verabschieden Er nahm sich die letzten Sachen die noch draussen lagen und ging wieder in die Hütte zurück.

„So jetzt lasst uns aber alles erst einmal auspacken und es uns gemütlich machen“, sagte er.

Die Zimmer waren schnell bezogen. Anschliessend kümmerten sich Karin und Biggi um die Küche und die Lebensmittel, während die Männer den Kamin anfeuerten.

„Mmh, das Holz reicht nicht lange“, meinte Enrico. „Wer geht freiwillig noch Holz hacken?“ „Immer der der fragt“, antwortete Thomas. „Glaubt ja nicht, dass ich das jetzt jeden Tag mache.“ „Hey ihr beiden“, schaltete sich Mark ein, „wir wollen uns doch nicht schon gleich am Anfang streiten. Ich bin dafür, dass jeder einmal alles machen muss, angefangen vom Abwasch übers Essen kochen bis hin zum Holz hacken. Einverstanden?“

Alle nickten zustimmend. An dieser Situation merkte man, dass die Nerven jedes einzelnen ziemlich blank lagen. Sie alle hatten dringend einen Tapetenwechsel nötig und mussten erstmal Ruhe finden.

„Also los dann, je eher wir anfangen, desto schneller sind wir fertig“, sagte Mark. Und an die beiden Frauen gerichtet. „Was gibt’s heute abend eigentlich zu essen?“ Biggi und Karin schauten sich an und antworteten fast gleichzeitig, „wir dachten eigentlich, wir könnten uns von euch Männern heute mal bekochen lassen, so zur Feier des Tages.“ Peter antwortete grinsend, „hoffentlich wird das nicht zur Gewohnheit.“ „Wir könnten ja für jeden eine grosse Portion Spaghetti kochen, das geht schnell und ist unkompliziert“, schaltete sich Thomas ein. „Die schwierigeren Gerichte überlassen wir dann unseren beiden Mädels.“ „Das könnte euch so passen, gaben diese zurück.“

 

Der Nachmittag verging rasend schnell. Die Männer haben gegen 19.00 Uhr die Küche in Beschlag genommen, um wie versprochen Spaghetti mit Tomatensauce zu kochen. Biggi und Karin kamen aus dem Lachen nicht mehr raus. Die vier wetteiferten, einfach herrlich. Zwischendurch hörte man mal ein fluchen, weil das Wasser übergekocht war oder die Tomatensauce spritzte. Aber alles in allem konnte man sagen, dass die vier es einigermassen im Griff hatten. Um halb acht sass man dann um den grossen Esstisch und verdrückte die Spaghetti, die gar nicht mal so schlecht schmeckten, was auch sofort von Biggi und Karin bestätigt wurde. Die beiden wollten die Männer nicht gleich am Anfang verkraulen, in der Hoffnung, dass der Küchendienst noch öfters von diesen übernommen würde.

Nach dem Essen räumten alle zusammen die Küche auf, um anschliessend noch ein bischen den Abend vor dem Kamin geniessen zu können. Man unterhielt sich über die letzten Einsätze, irgendwie kommt man doch nicht los, obwohl es noch so viele andere interessante Themen gäbe. Allen fällt die Umstellung auf die Ferien schwer.

Es dauerte nicht lange bis den ersten die Augen zufielen und sich einer nach dem anderen ins Bett verabschiedete. Der Tag war anstrengend. Niemand wehrte sich allzu fest dagegen.

 

 

Kapitel 2

Am nächsten Morgen dauerte es eine ganze Weile bis die ersten aus den Betten krochen. Keiner hatte so recht Lust aufzustehen. Mittlerweile war es schon neun Uhr.

Biggi war die erste die aufstand. Sie konnte einfach nicht mehr schlafen. Kein Wunder, wenn man am Abend vorher schon um zehn Uhr in den Federn lag. Leise ging Sie in die Küche, um eine Kanne Kaffee zu kochen. Vielleicht würde der Duft des Kaffees die anderen aus dem Bett locken. Kurz darauf erschien Karin in der Küche.

„Guten Morgen Biggi“, sagte Karin. „Ich dachte doch ich hätte was gehört. Bin schon eine ganze Weile wach, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Oh, du machst Kaffee, eine gute Idee.“ „Ist sonst noch niemand aufgestanden“, fragte Biggi? „Nein“, antwortete Karin. „Wir beiden sind die ersten. Da regt sich auch noch gar nichts.“ „ Das sind richtige Schlafmützen. Draussen ist herrliches Wetter. Die Sonne scheint und die Männer liegen noch immer faul in den Federn“, meinte Biggi. „Na, ich denke das können wir ändern, was meinst Du? Ich habe da eine Idee“, sagte Karin. „Lass uns leise anziehen und wir gehen raus ein wenig spazieren, nur kurz. Auf dem Rückweg bewaffnen wir uns mit ein paar Schneebällen und bereiten den Herren der Schöpfung einen schönen Empfang.“ Beide mussten leise anfangen zu kichern.

Innerhalb von zwei Minuten waren Sie angezogen. Sie machten sich auf zu Ihrem kleinen Spaziergang. Nach 20 Minuten kehrten Sie zurück, bewaffnet mit den Schneebällen. Auf Zehenspitzen gingen Sie in die Hütte. Es war noch immer nichts zu hören. Sie verteilten sich. Karin ging zu den Schlafzimmern von Mark und Thomas, Biggi zu denen von Peter und Enrico. Auf  Kommando öffneten Sie leise die Türen und zack die ersten Schneebälle flogen zu Mark und Peter ins Bett. Schnell gingen Sie zu den beiden anderen und dort geschah genau das selbe. Im Hintergrund war nur noch ein entsetztes aufschreien zu hören.

„Scheisse, ist das kalt“, fluchte Thomas „und nass ist es auch“, kommentierte Enrico laut-stark. „Wer macht denn so was“, riefen Peter und Mark fast gleichzeitig?

Karin und Biggi schauten sich an und lachten laut los. Sie mussten sich die Bäuche halten. Fast gleichzeitig erschienen die vier in den Türen ihrer Zimmer. Einer blickte böser als der andere und auf einmal stimmten Sie in das Lachen mit ein.

„Na wartet, das wird euch noch leid tun“, sagte Thomas. „Zweck erfüllt“, meinte Biggi. „Wir wollten euch nur aus den Federn scheuchen.“ „Oder habt Ihr vor, diesen herrlichen, sonnigen Tag zu verschlafen“, ergänzte Karin.

 

Kurze Zeit später sassen alle beim Frühstück zusammen. „Was machen wir heute“, fragte Mark? „Habt ihr Lust eine kleine Wanderung zu machen? Dann kann ich Euch ein wenig die Umgebung zeigen.“ „Das ist eine gute Idee“, meinte Peter. Die anderen stimmten ebenfalls zu. „Unterwegs könnten wir dann noch einen Abstecher zum Hof meines Bekannten machen. Dann lernt Ihr wenigstens auch noch seine Frau kennen. Wir könnten uns mit selbst gebak-kenem Brot, Schinken und Eiern eindecken. Und wie ich Sie kenne, lässt Sie uns nicht ohne Ihr obligatorisches Kaffeekränzchen ziehen. Was meint Ihr“, fragte Mark?

„Hört sich gut an“, sagte Enrico. Die anderen nickten zustimmend.

„Was verstehst du unter einer kleinen Wanderung“, fragte Thomas? „Zum Bauernhof laufen wir ca. 11/2 Stunden hin. Das ist der schnellste Weg. Es gibt auch noch einen längeren, aber den können wir immer nochmal gehen. Ich will euch nicht schon gleich am Anfang zu sehr stressen“, meinte Mark,“ wir sind noch lang genug hier oben.“ „Wie du wieder Rücksicht auf uns nimmst“, schmunzelte Thomas.

 

Sie räumten die Küche auf, zogen ihre dicken Klamotten an und marschierten los.

Der Schnee knirschte unter Ihren Schuhen und die Sonne schien erbarmunglos vom stahl-blauen Himmel. Anfangs gingen Sie relativ ruhig daher. Kaum jemand sprach etwas, jeder genoss die Stille, bis Mark auf einmal das Wort ergriff.

„Mmh, hört mal, nicht das ich euch nicht von meiner Frau erzählen wollte, aber es fiel mir wahnsinnig schwer. Ich habe versucht diesen Teil meines Lebens zu verdrängen.„

„Du musst dich nicht rechtfertigen“, sagte Karin. „Ich denke, wenn du bereit bist darüber zu sprechen, wirst du das schon tun.“

„Mark, keiner wird dir das übelnehmen. Es gibt immer Dinge im Leben, die man am liebsten vergessen möchte“, ergänzte Thomas. „Glaube ja nicht, mir ist es damals anders ergangen, ich spreche aus Erfahrung.“ „Ich weiss“, sagte Mark. „Ich hätte schon längst darüber spre-chen sollen. Im Prinzip habe ich schon viel zu lange damit gewartet.“

„Was war damals passiert“, fragte Biggi?

„Meine Frau war schwer krank, Krebs. Ich habe Sie nicht retten können. Ich hatte immer das Gefühl, es gibt noch etwas was ich hätte tun können, aber da war nichts mehr. Irgendwie  habe ich mir Vorwürfe gemacht ich hätte vielleicht was übersehen“, antwortete er.

„Hast du aus diesem Grund damals Deinen guten Job an der Klinik aufgegeben und bist in den Notdienst gegangen“, fragte Karin? „Ich konnte das nicht ganz begreifen, aber jetzt wird mir das klar.“

„Ja, das ist mit der Hauptgrund gewesen. Ich hatte Angst, Patienten über längere Zeit zu betreuen. Als Notarzt betreust du Patienten nur für kurze Zeit, im Krankenhaus ist das anders.“ „Ich kann dich verstehen“, sagte Peter. „Ich jedenfalls bin froh, dass du bei uns bist.“ Ich danke euch für euer Verständnis und bin froh, dass es nun endlich raus ist“, sagte Mark.

„Aber lasst uns von etwas erfreulicherem reden und nicht in diesen alten Erinnerungen schwelgen.“

„Genau“, sagte Enrico. „Was kocht Ihr zwei Hübschen für uns heute abend?“ „Enrico, Du bist wie ein Elefant im Porzelanladen. Denkst wieder nur ans Essen“, antwortete Biggi entsetzt und  verpasste ihm einen Stupser. „Du könntest ein bisschen mehr Gefühl zeigen.“

„Ist schon gut Biggi“, sagte Mark. „Mich interessiert das auch, was es heute zu Essen gibt.“ Peter und Thomas schmunzelten ebenfalls.

Karin schaute Biggi an und meinte,“ich glaube hier läuft eine Verschwörung gegen uns.“ „Glaube ich auch“, antwortete Biggi. „Mal schaun was der Kühlschrank so her gibt. Am besten Ihr lasst euch überraschen“, sagte Karin. „Aber vielleicht habt Ihr nach dem Kaffee-kränzchen gar keinen Hunger mehr.“

Die Männer schauten sich an und antworteten, „wir haben immer Hunger.“

Sie gingen weiter und nach fast einer weiteren Stunde Fussmarsch erreichten Sie den Bauernhof. Die Bäuerin sah Sie schon von Weitem kommen und begrüsste sie herzlich, als sie den Hof betraten. Als hätte sie schon auf sie gewartet.

„Hallo, grüsst euch“, sagte sie. „Euer Ruf ist euch schon vorausgeeilt.“ „Ich hoffe ihr Mann hat nur Gutes von uns erzählt“, meinte Mark. „Ach ihr Männer seid doch alle gleich. Meint doch immer wir Frauen haben einen Hang zum Klatsch, dabei seid ihr keinen Deut besser. Er hat alles ausgeplaudert was gestern auf der Fahrt zur Hütte so alles passiert ist.“ Dann fing sie an zu lachen. Die anderen stimmten mit ein. „Da hört ihr’s wieder, das ist der Beweis“, sagte Biggi, „wehe es beschwert sich mal wieder jemand bei uns.“

„Aber jetzt kommt erstmal rein in die gemütliche Stube. Es ist kalt hier draussen. Ich habe mir schon fast gedacht, dass Ihr irgendwann hier auftauchen würdet und habe vorsorglich einen Kuchen gebacken. Ihr esst doch ein Stück, nicht wahr“, fragte Sie? „Na klar“, sagte Mark. „Ich habe gehofft, dass Sie so etwas sagen werden.“

Sie gingen ins Haus, wo auch schon der Rest der Familie wartete und Sie herzlich begrüsste.

„Ich konnte es mir nicht verkneifen meiner Frau von euch zu erzählen, wie Ihr gestern in die Hütte eingefallen seid“, sagte der Bauer lachend. „Ich hoffe wir haben das Wild nicht ver-scheucht“, meinte Karin. „Ich glaube so schlimm war es noch nicht, aber man hat euch die Freude deutlich angesehen.“ „Na ja, das ist für uns der erste gemeinsame Urlaub und dazu noch seit langer Zeit mal wieder einer“, sagte Mark. „Ich glaub’s euch, aber jetzt seid ihr ja da. Macht es euch gemütlich. Ich geh mal schaun, ob ich meiner Frau in der Küche helfen kann.“

 

Sie setzten sich an den grossen runden Esstisch. Im Kamin brannte ein Feuer. Nach ca. fünf Minuten kamen die drei mit Kaffee und Kuchen zurück. Jeder dachte vermutlich das selbe. Was ein Glück würden Sie nachher zurücklaufen müssen.

„Ich habe meinen Lieblingskuchen gebacken, Schwarzwälder Kirschtorte“, sagte die Bäuerin. Das Sie gerne Kuchen isst, sah man ihr an.

Die nächsten eineinhalb Stunden verbrachten Sie mit einer angeregten Unterhaltung. Der Kuchen schmeckte ausgezeichnet und Mark, Enrico, Peter und Thomas konnten nicht genug davon bekommen. „Mensch, euch vier können wir später nach Hause rollen“, meinte Karin. „Nein, nein, ich glaube so schlimm ist es noch nicht, aber es schmeckt halt eben so gut“, sagte Peter. „Freut mich, wenn’s euch schmeckt, Ihr müsst dringend was auf die Rippen be-kommen, so schmal wie ihr seid“, sagte die Bäuerin. „Der ganze Stress macht euch nur kaputt. Ihr dürft nicht immer nur an die anderen denken, sondern müsst auch mal an euch denken.“ Man sah ihr an, dass sie das ernst meinte, was sie sagte. Karin erwiderte, „das ist leichter gesagt als getan.“

Die Zeit verging wie im Flug. Sie sassen über zwei Stunden beisammen und unterhielten sich über Gott und die Welt. Mark sagte dann, „wir sollten langsam aufbrechen, wenn wir noch gemütlich nach Hause laufen wollen. Es ist schon ziemlich spät und es wird ja auch früh dunkel.“ Die anderen stimmten zu, zumal sie nach dem üppigen Kuchen sich alle dringend bewegen wollten. Sie verabschiedeten sich, mit dem Versprechen, in jedem Fall nochmal vorbeizuschauen.

Dann marschierten sie los. Sie legten ein recht hohes Tempo vor, so als wollten Sie all das abtrainieren, was Sie sich gerade angefuttert hatten.

Nach einer halben Stunde legte Peter dann Veto ein. „Hey, müssen wir eigentlich so rennen, das macht mich ganz fertig?  Als gäb’s was umsonst“, keuchte er. „Jetzt stell dich nicht so an“, meinte Thomas. „Ich dachte du bist gut durchtrainiert.“ „Dachte ich eigentlich auch, aber irgendwie bin ich durch. Und überhaupt, bin ich in den Ferien hier und nicht um irgend-einen Rekord zu brechen.“ Karin schaltete sich ein, „du hättest weniger Kuchen essen sollen. Hättet Ihr nur mal auf mich gehört. Aber ich finde wir könnten wirklich ein bischen langsamer laufen, mir geht nämlich auch langsam die Puste aus.“

Nach einer guten Stunde waren sie dann wieder zu Hause. Mittlerweile war es schon 16Uhr. Drinnen in der Hütte feuerten sie dann als erstes den Kamin an. Als die Sonne verschwand, wurde es ziemlich kalt draussen. Mark und Thomas gingen raus, um noch Holz zu holen.

Karin und Biggi setzten Wasser für Tee auf und fingen an, sich über’s Abendessen Gedanken zu machen. „Was wollen wir heute abend den Männer denn zu Essen kochen“, fragte Biggi. „Karin meinte, ich glaube in erster Linie kochen wir uns was gutes zu Essen. Mal schaun was für sie übrig bleibt“, schmunzelte sie.

In diesem Moment kam Enrico dazu und fragte, „was gibt’s heute abend eigentlich zu essen?“ „Mmh“, meinte Biggi, „mal schaun was wir euch übriglassen“. Sie fing an zu lachen. „Bei dem vielen Kuchen den ihr gegessen habt, habt ihr da eigentlich noch Hunger?“ „Wir haben immer Hunger, wenn’s was gutes zu Essen gibt“, kommentierte Peter aus dem Hintergrund.

„Also gut, wir wollen ja nicht so sein“, meinte Karin. „Lasst euch am besten überraschen. Ich gehe jedenfalls jetzt erst mal unter die Dusche und danach kümmere ich mich mit Biggi zusammen um’s Essen.“„Ich gehe aber auch noch zuerst duschen“, meinte Biggi.

„Oh je“, meinte Thomas, „hoffentlich haben wir dann nachher noch genügend warmes Wasser.“ „Und hoffentlich gibt es dann heute noch was zu essen“, meinte Peter. „Das wird bestimmt spät.“

„Fair ist das aber nicht, wie ihr mit uns umgeht“, meinte Biggi. „Also gut, beeilt euch aber ein bisschen unter der Dusche und verbraucht nicht so viel warmes Wasser, sonst losen wir demnächst in welcher Reihenfolge wir duschen gehen“, gab Mark noch seine Meinung zu diesem Thema dazu.

„Ist ja schon gut. Wir meinen es ja nur gut mit euch. Wir wollen ja nicht, dass ihr euch noch verkühlt“, lachte Karin. „Ich bin schon fertig“, meinte Biggi. Und daraufhin verschwanden beide Richtung Bad und waren für die nächste Stunde nicht mehr gesehen.

 

Karin und Biggi zauberten ein leckeres Essen. Alle sassen sie um den grossen Esstisch und genossen es. Die Männer schlugen zu, als hätten sie stundenlang nichts bekommen. Danach spielten sie noch mehrere Runden Karten und pichelten etliche Flaschen Wein. Es war ein feuchtfröhlicher Abend. Erst gegen Mitternacht verschwanden sie in den Betten, um sich anderen Beschäftigungen zu widmen…

 

 

Kapitel 3

Am nächsten Morgen, wachte Peter recht früh mit leichten Magenschmerzen auf. Er konnte nicht mehr schlafen. In der Hütte war es noch ruhig. War wohl doch zu viel mit dem Essen gestern, dachte er. Er holte sich aus der Hausapotheke eine Tablette gegen Magenschmerzen und legte sich wieder ins Bett. Dann schlief er wieder ein. Als er eine gute Stunde später wieder aufwachte, waren seine Schmerzen verschwunden. Er machte sich auch keine Gedanken mehr darüber. In der Zwischenzeit waren auch die anderen wach geworden. Einer nach dem anderen ging in die Küche, in der Hoffnung jemand hätte schon Kaffee gemacht und eventuell schon Frühstück vorbereitet.

Guten Morgen tönte es von allen Seiten. „Habt ihr gut geschlafen“, fragte Mark? „Wie ein Murmeltier“, antwortete Karin. „Es ist schön, mal nicht mitten in der Nacht wegen irgendwelcher Notfälle aus den Federn geschmissen zu werden.“ „Das stimmt“, gab Ihr Mark Recht. „Ich schlafe hier auch immer gut.“

Sie packten alle mit an und in wenigen Minuten stand das Frühstück auf dem Tisch.

„Was machen wir heute“, fragte Enrico? „Keine Ahnung“, antwortete Mark. „Wozu habt ihr Lust?“ „Mmh, das Wetter ist heute nicht ganz so schön wie gestern“, meinte Karin. „Es schneit, aber raus an die frische Luft möchte ich trotzdem.“ „Ganz meine Meinung“, sagte Thomas. „Das bisschen Schnee was da runter kommt kann uns doch nicht abschrecken.“

„Wir können ja eine Schneeballschlacht machen“, sagte Biggi und gab Karin einen Stups. „Dann zeigen wir den Männern mal was wir drauf haben.“ „Das ist eine gute Idee“, antwortete Karin. „Was haltet ihr davon?“

„Peter, du bist so ruhig, sag doch auch mal was dazu“, sagte Enrico. „Mir soll’s recht sein. Seid ihr sicher ihr kommt gegen uns an“, fragte Peter? „Ich denke schon“, sagte Biggi.

„Also gut“, sagte Mark „und was machen wir mit dem Rest des Tages?“ „Auf jeden Fall nicht so viel essen wie gestern“, meinte Peter und stocherte weiter in seinem Frühstück rum.

„Geht’s dir nicht gut“, fragte Enrico? „Du siehst ein wenig blass aus.“ „Doch, doch es geht mir gut. Ich glaube ich habe gestern wirklich zu viel gefuttert. Ein bisschen frische Luft wirkt wahrscheinlich Wunder.“ „Habe ich mir’s nicht gedacht“, sagte Karin. „Kein Wunder, früher oder später musste es ja einem von euch schlecht werden.“

„Also los, lasst uns zusammenräumen. Ein bisschen Bewegung tut uns allen gut“, meinte Mark.

 

Eine halbe Stunde später war draußen die schönste Schneeballschlacht im Gange. Eigentlich wollten Mark und Thomas vorher noch ein bisschen Holz hacken, aber dazu kamen Sie gar nicht mehr. Kaum dass Sie draußen waren, flogen schon die ersten Schneebälle auf Sie zu. Da war es klar, dass Sie sich verteidigen mussten. Innert kurzer Zeit war das reinste Chaos ausgebrochen. Es war eine ausgelassene Stimmung.

„Hey“, rief Thomas zu den anderen, „die kommen gefährlich nahe.“ „Die Mädels sind besser als ich gedacht habe.“ „Pass bloß auf“, meinte Biggi, „das ist erst der Anfang.“ Und zack, der nächste Schneeball war unterwegs. Jetzt gaben die Männer Gas. Biggi und Karin wurden fast gleichzeitig getroffen. „Haha, Ausgleich“, rief Enrico. „Peter, du könntest dich auch ein wenig mehr anstrengen“, meinte er. „Ja, ja“, antwortete Peter, „ich bin ja schon dabei“ und warf einen weiteren Schneeball.

So ging das noch eine ganze Zeit lang weiter, bis alle irgendwann mal atemlos auf dem Boden saßen und jemand “Aufhören” rief. Sie alle mussten über sich selbst lachen. Sie benahmen sich wie kleine Kinder, aber sie hatten Ihren Spaß dabei.

Mark und Thomas gingen zum Hackklotz, wo sie schon einiges Holz hingelegt hatten. Thomas nahm die Axt und fing an das Holz in kleine Scheite zu spalten. Mark nahm es und schichtete es fein säuberlich in der angrenzenden trockenen Scheune auf. Enrico plauderte mit Karin und Biggi und von Peter war keine Spur zu sehen.

Thomas sagte zu Mark, „irgendwie benimmt sich Peter heute komisch. Hast du eine Ahnung  was mit ihm los ist?“ „Keine Ahnung, ist mir auch schon aufgefallen. Vielleicht ist ihm ja wirklich das Essen auf den Magen geschlagen. Ich spreche nachher mal mit ihm. Aber Recht hast du, irgendwie gefällt er mir heute nicht“, antwortete Mark.

Zur gleichen Zeit in der Hütte. Während der Schneeballschlacht kam bei Peter wieder dieses komische Ziehen in der Magengegend. Er war direkt froh, dass jemand anderes auch aufhören wollte, so dass dies nicht an ihm hängen blieb. Er verschwand danach direkt in der Hütte, in der Hoffnung, dass es niemandem auffallen würde. Er nahm zwei weitere Tabletten. Hoffentlich hören die Schmerzen bald auf, sonst muss ich doch noch was sagen. Und in den Ferien krank sein, nein das wollte er ganz bestimmt nicht. Gerade als er wieder rausgehen wollte, kam Mark mit einem Stapel Holz herein.

„Ich mache mir ein bisschen Sorgen um dich Peter“, sagte er. „Geht’s dir wirklich gut? Du siehst ein bisschen blass um die Nase aus.“

Soll ich etwas sagen, fragte sich Peter. Nein so schlimm ist es noch nicht, das kann noch warten. Und zu Mark, „ja, ja es geht mir gut. Das Essen war einfach zu viel gestern. Ich trete heute einfach ein bisschen kürzer. Ich bin einfach nicht so gut drauf. Ist nicht mein bester Tag.“ „Soll vorkommen“, meinte Mark. „Aber bitte, komm wirklich zu mir oder Karin, wenn’s dir nicht gut gehen sollte.“ „Mach ich“, versprach Peter und verschwand durch die Tür nach draußen.

Am späten Vormittag gingen alle zusammen noch eine Stunde spazieren. Das Wetter besserte sich langsam wieder und die Sonne drückte durch den Hochnebel. Es waren über Nacht ca. 20cm Neuschnee gefallen. Der Schnee knirschte herrlich unter Ihren Schuhen.

Als sie zurück waren, ging jeder seinen eigenen Weg. Einige machten es sich gemütlich und lasen ein Buch, der Rest legte sich hin, um ein Mittagsschläfchen zu machen und ein bisschen Schlaf aus der vergangenen Nacht nachzuholen. Eine ziemlich faule Gesellschaft. Der Tag plätscherte so dahin. Niemand schien richtig Lust auf irgendetwas zu haben.

„Oh Mann oh Mann, was sind wir doch für eine faule Gesellschaft“, sagte Thomas zu Karin, als sie aus ihrem Schlafzimmer kamen. „Sag nichts“, meinte Karin. “Aber sei ehrlich, nichts tun ist manchmal auch ganz schön.“

Mark blickte von seinem Buch auf als die beiden in den Wohnbereich kamen. „Na, habt ihr gut geschlafen“, fragte er? „ Sehr gut“, antwortete Karin. „Ich weiß nicht, aber in den Ferien werde ich immer so faul.“ „Was ist mit den anderen“, fragte Thomas? „Hat sich sonst schon jemand blicken lassen?“ „Nein, bis jetzt nicht“, antwortete Mark, „die machen alle noch Ihr Mittagsschläfchen. Habt ihr Lust Karten zu spielen?“ „Warum nicht“, sagte Karin. „Aber vorher mache ich uns noch eine Kanne Tee, einverstanden?“ „Gute Idee“, sagte Mark. „Ich komme gerade mit in die Küche und helfe dir. Thomas hol du doch schon mal die Spiel-Karten.“ „Ist gut“, antwortete er.

Karin setzte Wasser für den Tee auf und Mark holte die Tassen aus dem Schrank.

„Du, ist dir irgendwas an Peter aufgefallen“, fragte Mark Karin? „Ich finde er benimmt sich heute so komisch, so als hätte er was und wollte nur nicht damit rausrücken. Das ist gar nicht seine Art.“ „Mir ist auch so was aufgefallen, ich habe nur noch nichts gesagt“, meinte Karin. „Ich bin mir nicht sicher, was wir jetzt machen sollen. Wollen wir es für den Moment auf sich beruhen lassen oder wollen wir ihn darauf ansprechen?“ „Ich habe ihn heute Vormittag schon mal gefragt. Er sagte es ginge ihm gut“, erzählte Mark. „Aber ich hab das Gefühl da steckt mehr dahinter. Ich würde im Moment aber nichts unternehmen. Er ist alt genug, um das selber zu entscheiden. Ich hoffe er kommt, wenn er was hat.“

„Er macht auf mich den Eindruck als hätte er Angst vor irgendetwas“, meinte Karin. „Wer hat Angst vor etwas“, fragte Thomas, der gerade zur Tür herein kam? „Peter“, antwortete Karin, „aber sag bitte nichts.“ „Nein, nein, mach ich nicht, aber um was geht es überhaupt?“

Karin erklärte ihm die Situation und Thomas nickte verständnisvoll.

„Vielleicht machen wir uns nur unnötig Gedanken“, meinte Mark. „Ich glaube du hast recht, aber ich dachte gerade darüber nach, wie gerne Ärzte und Rettungsassistenten krank sind“, sagte Thomas. „Denkst du dabei an jemanden bestimmten“, fragte Karin schmunzelnd,“ nur so aus Interesse meine ich?“ „Nein, eigentlich nicht“, antwortete er und schaute gleichzeitig Mark grinsend an. „Ach das war doch was ganz anderes“, meinte Mark. „Ich erinnere nur an deinen ersten Einsatz in dem Atomkraftwerk“, sagte Thomas. „Du wärst am liebsten sofort wieder aus dem Krankenhaus abgehauen, wenn du gekonnt hättest.“ „War ich so schlimm“, fragte Mark? „Naja, einfach warst du nicht gerade“, schmunzelte Karin.

Als der Tee aufgebrüht war, gingen Sie wieder in den großen Wohnraum. Von den anderen war immer noch nichts zu hören. Na, die würden schon irgendwann auftauchen. Sie setzten sich an den kleinen Tisch und fingen an Karten zu spielen. Mittlerweile war es 16Uhr.

 

Peter hatte sich mittags auch ein wenig hingelegt, in der Hoffnung ihm ging es danach besser. Er konnte erstaunlich gut schlafen und jetzt, als er aufwachte schien es, als würde es ihm wirklich besser gehen. Tatsächlich die Schmerzen waren verschwunden. Er hatte schon Angst gehabt sein Blinddarm würde sich melden. Schlaf bewirkt doch immer wieder Wunder. Er überlegte, ob er noch ein wenig liegen bleiben oder aufstehen sollte. Da hörte er draußen das Lachen der anderen. Mmh, die sind bestimmt schon alle aufgestanden. Ich glaube ich gehe jetzt mal nachschauen, was da so los ist.

Auch Biggi und Enrico waren vom Lachen wach geworden und gesellten sich gleichzeitig mit Peter zu den anderen.

„Hier ist ja richtig was los“, sagte Peter. „Ah, da seid ihr ja. Wir dachten schon ihr würdet den ganzen restlichen Tag verschlafen“, sagte Thomas.

Jetzt, da alle sich ein wenig erholt hatten, wurde die Stimmung zum Abend hin immer besser.

Sie spielten Karten, wobei sie manchmal versuchten sich gegenseitig zu beschummeln. Sie erzählten sich dreckige Witze und mussten lachen bis Sie Bauchweh hatten. Vergessen schien der ansonsten recht trostlose Tag.

Mark ging in den Vorratsraum, um die x-te Flasche Wein zu holen. Als er zurückkam sagte er, „draußen hat es wieder angefangen zu schneien. Hoffentlich sind wir morgen nicht eingeschneit.“ „Und wenn schon“, antwortete Enrico, „das macht dann auch nichts. Hier drinnen ist es warm und gemütlich.“

Sie spielten Karten bis spät am Abend. Auch Peter schien zu seiner alten Form zurück gefunden zu haben. Vergessen waren die Sorgen die sie sich um ihn gemacht haben.

„Uuuh, ich glaube ich muss ins Bett“, sagte Mark. „Ich bin müde.“ „Was jetzt schon“, fragte Thomas? „Schau mal auf die Uhr“, antwortete Mark „und außerdem habt Ihr ein Mittags-

Schläfchen gemacht und ich nicht.“ „Selbst schuld“, mischte sich Enrico mit ein. „Je älter man wird, desto mehr Schlaf braucht man.“ „Pass bloß auf“, schmunzelte Mark. „Ich geh dann auch ins Bett, wenn das stimmt was du sagst“, meine Biggi. „Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.“

„Ich auch“, ergänzte Karin und im Nu hat sich die Gruppe aufgelöst und war in Ihren Zimmern verschwunden.

 

 

Kapitel 4

Der viele Wein hat alle schläfrig gemacht. Peter schlief ebenfalls gut, bis er in den frühen Morgenstunden auf einmal aufwachte. Er brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen warum. Ziehende Bauchschmerzen machten ihm zu schaffen, so als hätte er Blähungen. Er dachte, nicht schon wieder, das konnte nicht sein und langsam bekam er es wirklich mit der Angst zu tun. Anfangs konnte er sich nicht erklären, wo die Schmerzen so plötzlich her- kamen. Dann viel ihm ein, dass er und auch die anderen ziemlich viel Wein getrunken hatten und im Laufe des Tages auch nicht viel gegessen hatten. Das kommt bestimmt daher, versuchte er sich zu beruhigen. Er überlegte, was er jetzt machen sollte. Ignorieren war eine Möglichkeit, Mark oder Karin aufwecken war auch eine, aber sicherlich nicht die beste. Nein, ein Notfall war er nicht, das hat Zeit bis zum Morgen. Also ging er ins Bad und schluckte ein Aspirin und legte sich anschließend wieder ins Bett. Am Morgen, als er aufwachte, war die vergangene Nacht schon fast vergessen. Die Schmerzen waren verschwunden und er machte sich auch keine Gedanken mehr darüber. Ihm kam es auch nicht in den Sinn Mark oder Karin damit zu belästigen. Er hatte trotzdem gute Laune und wollte sich dadurch nicht den Tag verderben lassen.

Als Peter aufstand, sah er, dass es in der Nacht kräftig geschneit hatte. Er duschte, zog sich an und überlegte was er so früh schon machen könnte. In der Hütte war es noch ruhig. Er ging in den Wohnraum und plötzlich stand Mark hinter ihm.

„Was geisterst du denn schon so früh rum“, fragte er? „Ich konnte nicht mehr schlafen“, antwortete Peter. „Ging mir auch so“, meinte Mark. „Ich bin es nicht gewohnt morgens so lange im Bett zu liegen. Ich bin und bleibe ein Frühaufsteher.“

„Es hat heute Nacht ziemlich viel geschneit“, meinte Peter. „Wir werden den Eingang freischaufeln müssen, damit wir rauskommen. Ich glaube ich mache mich mal an die Arbeit.“ „Mach nicht so viel Krach, sonst lynchen dich die anderen, wenn sie davon wach werden“, meinte Mark. „Ich werde in der Zwischenzeit mal den Tisch decken und das Frühstück vorbereiten. Vielleicht kommen die anderen dann aus den Federn gekrochen.“

Peter schnappte sich die Schneeschaufel und öffnete die Tür. Kalt war es draußen und es hat auch nicht gerade wenig Schnee über Nacht gegeben, mindestens ein ½ Meter. Heute werden sie nicht viel unternehmen können. Die Wege sind nicht gespurt. Es wäre viel zu gefährlich und auch zu anstrengend laufen zu gehen. Peter machte sich an die Arbeit. Schaufel für Schaufel bahnte er den Eingang frei. „Puh, das ist ganz schön anstrengend“, stöhnte er. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, meldeten sich seine Bauchschmerzen zurück. Er verzog das Gesicht und krümmte sich leicht zusammen. Scheiße dachte er, dass durfte nicht sein, nicht hier und jetzt. Er wartete ab, bis der schlimmste Schmerz vorüber war. Dann richtete er sich vorsichtig auf. Mark hatte sicher nichts bemerkt, das Küchenfenster lag zur anderen Seite. Er machte weiter, als wäre nichts gewesen und bahnte den Weg rüber zur Scheune. Nach einer halben Stunde war er fertig. Er ging wieder rein, um zu sehen, ob die anderen schon aufgestanden waren. Mark hatte den Frühstückstisch gedeckt und war in der Zwischenzeit auch angezogen. Er schaute Peter an, als dieser zur Tür rein kam, so als könnte er im Gesicht von Peter lesen, dass irgendwas nicht stimmten würde.

„Ich glaube es macht noch keinen Sinn Kaffee zu kochen. Bis der Rest aufsteht ist der bestimmt kalt“, meinte Mark. Peter stimmte zu, während er seine nassen Sachen aufhängte.

Peter überlegte sich, ob er Mark etwas sagen sollte. Wenn er ehrlich ist, musste er sich eingestehen, dass er ziemlich Schiss hatte. Die anderen würden ihn bestimmt auslachen, wenn Sie erfuhren, dass er ein Angsthase war und deshalb nicht mit Mark oder Karin gesprochen hatte. Er zwang sich dazu jetzt mit Mark darüber zu sprechen.

„Du Mark“, begann er, „ich habe da ein kleines Problem.“ Mark wurde ernst und schaute Peter durchdringend an. „Was ist los“, fragte er?

Peter erzählte ihm die ganze Geschichte und Mark hörte aufmerksam zu. „Du hattest recht gestern, als du mich gefragt hast, ob es mir nicht gut ging. Ich hatte vorletzte Nacht Magenschmerzen und habe zwei Tabletten genommen, danach war es dann besser. Als du mich dann gestern Vormittag gefragt hattest, hatte ich wieder Magenschmerzen, aber ich traute mich nicht etwas zu sagen, weil ich…Schiss hatte. Nachdem ich dann am Nachmittag geschlafen hatte, ging es mir wieder gut. Ich habe das alles auf das Essen geschoben. Und gestern Abend haben wir dann ziemlich viel Wein getrunken. Heute Nacht bin ich dann wieder mit Schmerzen aufgewacht und habe ein Aspirin genommen. Danach ging’s mir wieder besser. Vielleicht habe ich mir was vorgemacht. Tja, und gerade eben draußen, habe ich mich vor Schmerzen zusammenkrümmen müssen. Das kam aus heiterem Himmel. Ich muss mich bei dir entschuldigen, dass ich dir so wenig vertraute, aber ich habe einfach Angst.“ „Das es der Blinddarm ist“, vollendete Mark den Satz? Peter nickte.

„Jetzt mache dir mal nicht zuviel Gedanken, das kann alles Mögliche sein. Wir werden das schon hinbekommen. Ich möchte mir das in jedem Fall genauer anschauen“, sagte Mark. „Am besten gleich, die anderen schlafen sowieso noch. Komm, wir gehen in Dein Zimmer, da sind wir ungestört.“ Peter gab kein Widerwort.

„Zieh dein Pullover und das T-Shirt aus und leg dich aufs Bett, sagte Mark.“ Peter folgte der Anweisung. Ihm war ziemlich mulmig zumute. Mark fing an den Bauch von Peter abzutasten, erst vorsichtig dann mit etwas mehr Druck. „Bis jetzt habe ich nichts auffälliges gefunden“, sagte Mark um Peter zu beruhigen. „Der Bauch ist weich.“ Er arbeitete sich weiter vor. Als Mark in der oberen Darmgegend etwas fester drückte, stöhnte Peter kurz auf. „Uuh, das tut weh.“ „Nur dort“, fragte Mark, „im unteren Bauchbereich nicht?“ Mark untersuchte noch mal den Unterbauch. „Nein“, sagte Peter, „nur etwas weiter oben tat es weh.“ Mark zog die Stirn in Falten. „Zieh die Beine mal an den Körper heran und strecke sie wieder aus. Hast du dabei Schmerzen oder ein Ziehen im Bauch“, fragte Mark? „Nein“, antwortete Peter. Mark holte das Fieberthermometer und das Blutdruckmessgerät hervor. „Muss das auch noch sein“, fragte Peter? „Es muss“, antwortete Mark. „Halbe Sachen mache ich nicht und ich möchte sicher gehen. Stell dich nicht so an.“ Widerwillig ließ Peter die Prozedur über sich ergehen. „Fehlt nur noch das du mir Blut abzapfst“, meinte Peter. „Im Normalfall würde ich das auch machen, aber hier kann ich es ja schlecht untersuchen“, gab er zur Antwort. „Aber um dich zu beruhigen, dein Blutdruck ist weitgehend normal und Temperatur hast du auch keine.“ „Bist du sicher, dass es nicht der Blinddarm ist“, fragte Peter? „Ich will es für uns nicht hoffen, aber im Moment sieht es nicht so aus. Ich kann und will es aber auch noch nicht hundertprozentig ausschließen. Wir werden das in jedem Fall im Auge behalten“, sagte Mark. „Was willst du jetzt machen“, fragte Peter? „Ich bin vor allem auf dich angewiesen, du musst mir bitte jede Veränderung mitteilen. Ich denke, dass ich dich heute Abend noch mal kurz untersuchen werde, um sicher zu gehen und ich werde mit Karin darüber sprechen.“ „Muss das sein“, fragte Peter, „ich meine mit Karin zu sprechen? Können wir das nicht für uns behalten? Ich möchte nicht, dass die anderen davon was mitbekommen und ich ihnen die Ferien dadurch verderbe.“ „Peter, du verdirbst niemanden die Ferien dadurch, aber mit Karin sollte ich schon sprechen“, meinte Mark. „Erstens, weil ich mit ihr die Diagnose abstimmen sollte und zweitens möchte ich im Ernstfall auf alles vorbereitet sein. Aber wovor hast du so Angst“, fragte Mark. „Ich weiß nicht“, sagte Peter. „Vielleicht einfach davor krank zu sein.“ „Oder vor einer eventuellen Operation“, beendete Mark den Satz. „Vielleicht“, gab Peter kleinlaut zu. „So kenne ich dich gar nicht“, sagte Mark, „aber jetzt mache dich mal nicht all zu verrückt. Ich verspreche dir, dass ich nur mit Karin darüber sprechen werde. Einverstanden?“ Peter nickte und zog sich wieder an.

„Also komm, lass uns rausgehen. Ich glaube die anderen sind mittlerweile auch schon aufgestanden“, sagte Mark.

„Mark, ich habe noch eine Frage“, sagte Peter. „Was machst du, wenn sich wirklich herausstellt das es der Blinddarm ist? Ich meine, das Krankenhaus ist nicht gerade um die Ecke und… Ach Mist, ich habe eine scheiß Angst.“ „Hey, jetzt beruhige dich“, sagte Mark und packte Peter an der Schulter. „Ich kann verstehen dass du Angst hast, das würde mir wahrscheinlich auch nicht anders gehen. Aber erstens sind hier zwei hervorragende Ärzte die sich um dich kümmern können. Deshalb ist es so wichtig, dass ich mit Karin spreche. Zweitens haben wir eine vollständige Notfallausrüstung dabei, gerade weil wir hier so abgeschieden sind. Dank Karin, haben wir wirklich alles Erdenkliche mitgenommen. Was glaubst du wohl, warum Thomas so gestöhnt hat, als er wegen diesen beiden Koffern zum Auto zurück laufen musste. Und drittens stehen wir das hier alle gemeinsam durch, wenn es so weit kommen sollte. Ich habe mir auch noch keine Gedanken gemacht. Das werden wir entscheiden, wenn es entschieden werden muss.“ Daraufhin drückte Mark Peter noch mal und klopfte ihm auf die Schulter. Dann gingen Sie gemeinsam raus.

„Ah, da steckt ihr ja“, sagte Karin. „Wir haben uns schon gewundert. Der Tisch war gedeckt, aber von euch beiden war nichts zu sehen. Kaffee habt Ihr noch keinen gekocht, oder“, fragte Sie? „Nein“, antwortete Mark, „dafür hat Peter heute Morgen schon Schnee geschaufelt. Mit dem Kaffee wollten wir warten bis ihr da seid, sonst wäre er kalt geworden. „

„Wie lange seid ihr beiden denn schon auf“, fragte Thomas? „Mmh, seit 11/2 Stunden ungefähr“, antwortete Peter. „So lange schon, Mensch ihr seid in den Ferien“, sagte Thomas. „Sind Biggi und Enrico auch schon wach“, fragte Mark? „Wir haben bis jetzt noch nichts gehört, die beiden machen es richtig“, sagte Thomas.

„Ich glaube, ich koche jetzt trotzdem Kaffee. Wir können mit dem Frühstück ja schon mal anfangen. Vielleicht kommen die beiden, wenn ihnen der Kaffeegeruch in die Nase steigt“, meinte Mark.

Auf dem Weg in die Küche, gab er Karin unauffällig ein Zeichen ihm zu folgen. Peter sprach weiter mit Thomas, sodass er in Ruhe mit Karin sprechen konnte.

Karin folgte Mark in die Küche. Sie wunderte sich ein bisschen, zumal Mark auch noch die Küchentür anlehnte. Während er den Kaffee aufsetzte, erzählte er Karin von seinem Gespräch mit Peter und von der Untersuchung. Karin brauchte einige Sekunden um die Informationen zu verdauen. Sie fragte, „bist du sicher dass es nicht der Blinddarm ist?“ Mark antwortete, „so sicher wie ich im Moment nur sein kann. Aber du weißt selbst, dass sich das unter Umständen schnell ändern kann.“ „Ja ich weiß“, sagte Karin. „Ich will ja nicht schwarz malen, aber wir sollten auf alles vorbereitet sein. Sei mir nicht böse, aber ich würde mir Peter gerne selber noch mal anschauen. Nicht das ich Deiner Diagnose nicht vertrauen würde, aber in diesem Fall sehen vier Augen mehr als zwei.“ „Das ist schon in Ordnung“, sagte Mark. „Im Gegenteil, es ist mir sogar recht. Ich habe nur eine Bitte. Peter hat mich ausdrücklich gebeten niemanden etwas davon zu sagen, außer dir.“ „Ich werde es so unauffällig wie möglich machen“, sagte Karin. „Der Kaffee ist auch schon fertig. Lass uns zu den anderen gehen, bevor die Meute ungeduldig wird“, meinte Mark.

Sie frühstückten in aller Gemütlichkeit. Draußen konnten Sie eh nichts unternehmen. Bei dem vielen Neuschnee war das viel zu gefährlich.

 

Im Laufe des Vormittags nahm Karin Peter unauffällig zur Seite und dirigierte ihn zu seinem Zimmer. Die andern spielten irgendein Gesellschaftsspiel oder waren draußen vor der Hütte, um sich ein wenig die Füße zu vertreten. Niemand hat etwas mitbekommen.

Im Zimmer von Peter sagte Karin, „Mark hat es mir erzählt. Ich möchte mir nur mein eigenes Bild von der Sache machen. Ziehst du dich bitte aus und legst dich auf ‘s Bett Peter.“ „Karin muss das sein. Das ist doch erst zwei Stunden her, dass mich Mark untersucht hat“, jammerte  er. „Was soll das?“ „Komm, jetzt stell dich nicht so an. Du bist doch schon ein großes Kind und das ist schließlich nur zu deinem besten. Vier Augen sehen nun mal mehr als zwei“, antwortete Karin bemutternd. Peter verzog das Gesicht. „Ach was soll’s, es hilft ja doch

nichts. Gegen euch Ärzte ist kein Kraut gewachsen.“ „Stimmt, meinte Karin.

Er zog sich aus und legte sich aufs Bett. Karin tastete seinen Bauch behutsam, mit wenig Druck, ab. „Wenn alle Ärzte so sanft mit ihren Patienten umgingen“, sagte Peter. „Du willst doch nicht sagen, dass Mark nicht genauso sanft vorgeht, oder“, fragte Karin? „Tut dir irgendwo etwas weh oder hast du noch Schmerzen?“ „Nein, das nicht, aber es doch etwas anderes von einer Frau als von einem Mann untersucht zu werden, jetzt wo ich den direkten Vergleich habe“, scherzte Peter. „Und das aus deinem Mund Peter“, sagte Karin und verstärkte den Druck. „Aah, das tut jetzt aber weh“, stöhnte er. „Ich glaube ich muss meine Meinung revidieren.“ „Wo tut’s dir weh Peter, dort?“ Sie drückte noch mal an der gleichen Stelle. „Ja“, sagte Peter.

Peter hatte den Eindruck der Schmerz sei gewandert, aber er war sich nicht ganz sicher. Karin nahm sein linkes Bein und drückte es gegen seinen Bauch, anschließend wiederholte Sie das mit dem rechten Bein. „Hast du dabei Schmerzen“, fragte Sie ihn? „Nein“, antwortete er. „Ok, dann messe ich jetzt noch deinen Blutdruck und die Temperatur“, meinte Sie. Als erste nahm Sie aber sein Handgelenk und maß den Puls. Peter kam sich richtig hilflos vor.

Als Sie mit allen Untersuchungen fertig war fragte Peter, „und was hast du herausgefunden?“ „Hey, warum so spitz“, fragte Sie? „Tut mir leid, das wollte ich nicht. Ihr kümmert euch um mich und ich bin auf dem besten Wege euch die Ferien zu vermasseln. Mir geht die ganze Sache nur ziemlich auf die Nerven und ein bisschen mulmig ist mir bei dem Gedanken schon. Ich bin noch nie länger als zwei oder drei Tage im Krankenhaus gewesen und schon gar nicht operiert worden.“ „Kann ich verstehen“, meinte Karin. „Aber Kopf hoch, wir stehen das gemeinsam durch, wir sind schließlich ein Team.“

„Im Prinzip komme ich auf das gleiche Ergebnis wie Mark. Bis jetzt nichts Ungewöhnliches“, erklärte Sie. „Deine Temperatur ist normal, dein Blutdruck leicht erhöht. Aber nichts, um was man sich bis jetzt Sorgen machen müsste.“

„Ich weiß nicht“, sagte Peter. „Da ist irgendwas in deiner Stimme das gefällt mir nicht und das macht mir angst.“ „Peter, jetzt hör mal, du weißt selbst wie das ist. Bis zu einem gewissen Punkt können wir nicht sicher sein, außer wir würden dich an Ort und Stelle aufschneiden.“ „Toller Gedanke“, warf Peter ein. „Wir sind hier auf unsere Hände, unseren Instinkt und auf dich angewiesen“, sagte Karin. „Wenn ich ein Ultraschallgerät hätte, könnte ich es in wenigen Minuten feststellen und wir hätten Sicherheit. Das haben wir nun mal nicht, und so müssen wir auf das vertrauen was wir haben. Ich will dir keine angst machen Peter, aber im Notfall könnten wir dich hier operieren. Bei dem Wetter kämen wir sowieso nicht weit und ein Hubschrauber könnte auch nicht fliegen.“ „Sehr beruhigend“, sagte Peter.

„Wir behalten das im Auge und du sagst was, sobald du auch nur irgendwo ein Ziehen verspürst.“ „Ja, Chefin“, sagte Peter schmunzelnd. „Du kannst dich wieder anziehen“, sagte Sie. „Ich gehe schon mal raus zu den anderen.“

Niemand außer Mark sah, wie Sie aus Peters Zimmer kam. Er nahm sie beiseite und fragte „und was ist deine Meinung?“ „Im Prinzip das gleiche wie bei dir. Ich habe nur ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache, so als würde da was im Verborgenen schlummern.“ „Ich weiß“, sagte Mark, „ging mir genauso. Es wäre nicht das erste Mal, wenn ein Blinddarm oder sogar ein Durchbruch aus heiterem Himmel käme.“ „Wir wollen es ja nicht verschreien“, sagte Sie. „Beobachten wir ihn weiter und hoffen dass es falscher Alarm ist.“

Sie gesellten sich wieder zu den anderen. Keinem schien ihr Wegbleiben aufgefallen zu sein.

Zumindest ließ sich keiner etwas anmerken.

„Schade, dass wir kein Tischfussballgerät hier haben“, sagte Thomas. „Das wäre mal wieder eine Abwechslung.“  „Zum Glück haben wir keins hier“, meinte Biggi, sonst würdet ihr Jungs den ganzen Tag nichts anderes spielen und wir würden dumm aus der Wäsche gucken. Wenn wir wieder auf der Basis sind, habt Ihr genügend Gelegenheiten Eurem Temperament freien Lauf zu lassen.“ Karin musste schmunzeln und Enrico fragte, „sind wir denn so schlimm?“ „Wenn’s um das Ding geht, seid ihr unausstehlich und wehe ihr werdet von eurem Lieblingsspielzeug weggerufen, dann seid ihr ungenießbar“, fügte Karin an.

Sie spielten eine neue Runde Monopoly und unterhielten sich nebenbei noch ein bisschen über dies und das. Als Karin auf die Uhr schaute, stellte Sie erschrocken fest, dass es schon fast zwei Uhr war.

„Hat jemand Hunger? Wie wär’s mit einem verspäteten Mittagessen“, fragte Karin? „Ja“, antworteten fast alle gleichzeitig. „Also gut, dann gehe ich jetzt mal in die Küche und schau mal was der Kühlschrank so alles hergibt. Kommt jemand freiwillig mit, um mir zu helfen“, fragte sie. „Ja ich“, sagte Biggi, „dann können sich die Männer wieder Ihrem Lieblingsthema, dem Fußball widmen, ohne dass sie jemand dabei stört.“

Die beiden verschwanden in der Küche. „Was hast du vor zu kochen“, fragte Biggi?  „Mal sehen, was wir da alles haben“, sagte Karin. „Wie wär’s mit einem deftigen Eintopf mit Kartoffeln und Gemüse, bei diesem Wetter doch genau das richtige, oder?“ Biggi stimmte zu und die beiden fingen an die Kartoffeln und das ganze Gemüse zu rüsten. Der Duft verbreitete sich in der ganzen Hütte. Es dauerte nicht lange bis Thomas’ Kopf in der Tür auftauchte. „Mmh, das riecht aber gut. Wie lange dauert es denn noch?“ „Wir sind in ein paar Minuten fertig“, sagte Karin. „Ihr könnt schon mal den Tisch decken.“ „Wird gemacht“, antwortete er und war wieder verschwunden.

Der Eintopf erfreute sich großer Beliebtheit. Peter war der Einigste, der sich beim Essen etwas zurückhielt. Karin und Mark fiel das direkt auf, zumal Peter sonst ein guter Esser ist.

Was die anderen nicht wissen konnten ist, dass sich die beiden ihre eigenen Gedanken dazu machten.

Nach dem Essen gingen Karin und Mark zu Peter und zogen ihn ein wenig beiseite. „Uns ist aufgefallen, dass du ziemlich in deinem Essen rumgestochert und gar nicht so viel gegessen hast“, sagte Mark. „Ihr zwei seid ja schlimmer wie meine Mutter“, meinte Peter. „Die ist auch immer wie eine Glucke um mich rumgehüpft. Muss das sein“, fragte er leicht gereizt? Und im gleichen Moment bereute er seine Worte wieder. „Tut mir leid“, sagte er. „Ich wollte nicht dass es so rüberkommt. Ihr meint es ja nur gut.“ „Wir haben dich gerade beim Essen ein bisschen beobachtet und es ist uns eben aufgefallen“, sagte Karin. „Ja, ich hatte keinen großen Appetit“, antwortete Peter, „aber sonst geht’s mir verhältnismäßig gut.“ „Bist du sicher“, fragte Mark? „Ich denke schon. Ich bin nur ein bisschen müde und werde heute sicherlich früh schlafen gehen“, meinte Peter. „Aber das kommt wahrscheinlich daher, dass ich letzte Nacht nicht all zu viel geschlafen habe und heute Morgen schon früh auf den Beinen war.“ „Früh zu Bett gehen, kann sicherlich nicht schaden, aber denk dran, du hast vorher noch einen Termin bei mir“, sagte Mark. „Ich weiß, wie könnte ich den vergessen. Aber so spät haben wir es noch nicht.“ „Deinen Humor scheinst du noch nicht verloren zu haben“, meinte Mark.

 

Am späten Nachmittag nahm Peter seine Jacke und ging nach draußen ein wenig frische Luft schnappen. Irgendwie war ihm mulmig. Er hatte Schwierigkeiten es zuzuordnen. Schmerzen hatte er zwar nicht, aber hundertprozentig in Ordnung war er auch nicht. Er wusste nicht was er davon halten sollte.

Plötzlich ging hinter ihm die Tür auf, er drehte sich erschrocken um. Thomas stand hinter ihm. „Ach hier steckst du“, sagte er. „Hast du es drinnen auch nicht mehr ausgehalten? Ich musste unbedingt ein bisschen frische Luft schnappen.“ „Ja, ja“ sagte Peter nur.

Sie gingen schweigend um die Hütte herum. Thomas sagte, „sehr gesprächig bist du heute nicht.“ Peter in Gedanken versunken, hatte die Frage gar nicht mitbekommen. „Was sagtest du“, fragte er noch mal? „Ich sagte, dass du nicht sehr gesprächig seiest.“ „Mmh, ich bin nur ein bisschen müde heute, habe letzte Nacht schlecht geschlafen“, antwortete er. „Ich glaube ich geh wieder rein, hier draußen ist es kalt“, sagte Peter.

Drinnen plauderten sie mit den anderen noch eine Weile, um 21Uhr verabschiedete sich Peter ins Bett. Kurz nach dem Peter gegangen war, stand auch Mark auf und folgte ihm zu seinem Zimmer.

„Alles in Ordnung mit dir“, fragte er Peter. „So weit man das als in Ordnung bezeichnen kann“, gab er zur Antwort. „Was ist los“, fragte Mark? „Hast du wieder Schmerzen?“ „Nein nicht direkt, das ist es halt eben. Mir ist nur etwas mulmig, so ein komisches Gefühl. Und mir ist ein bisschen kalt.“ Mark legte seine Hand auf Peters Stirn. „Fieber hast du aber keins. Was macht der Bauch?“ „Keine großen Veränderungen“, sagte Peter. „Und die kleinen Veränderungen“, hakte Mark nach? „Ich habe manchmal das Gefühl, da ist irgendwas und wenn ich in mich reinhorche, denke ich, dass ich mich geirrt habe“.

Mark drückte auf verschiedene Stellen am Bauch. Peter schien ein wenig druckempfindlich zu sein, aber Schmerzen schien er nicht zu haben und sein Bauch war auch weich.

„Also gut“, sagte Mark. „Pack dich heute Nacht richtig ein und schlafe dich aus. Wenn irgendetwas ist, komm zu mir oder rufe einfach. Ich bin ja im Zimmer direkt nebenan. Du kannst mich jederzeit wecken.“

Er kniff Peter noch mal in die Schulter und verließ das Zimmer.

 

 

Kapitel 5

Peter schlief recht bald ein. Gegen ein Uhr nachts wachte er auf. Er hatte Schmerzen, wie er sie zuvor noch nicht erlebt hatte. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er krümmte sich im Bett zusammen und hoffte sich damit etwas Erleichterung verschaffen zu können, vergebens. Er wartete einige Minuten, die Schmerzen klangen nicht ab, im Gegenteil, sie wurden immer schlimmer. Er versuchte aufzustehen, um zu Mark zu gehen. Er hatte große Schwierigkeiten sich überhaupt im Bett aufzusetzen, geschweige denn aus dem Bett zu kommen. Er rief ein paar Mal nach Mark. Er wusste nicht, ob es laut genug war oder ob seine Stimme auch schon versagt hatte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, aber plötzlich ging die Tür auf und Mark stand verschlafen an seinem Bett. Als dieser Peters schmerzverzerrtes Gesicht sah, war er schlagartig hell wach. 

„Ganz ruhig“, versuchte ihn Mark zu beruhigen. Er tastete automatisch nach dem Puls und legte anschließend seine Hand auf Peters Stirn. Der Puls raste und Peter glühte vor Hitze. Er muss hohes Fieber haben. Hoffentlich bricht der Kreislauf nicht noch zusammen, machte sich  Mark Gedanken. „Versuch mal dich auf den Rücken zu legen“, sagte Mark. Vorsichtig und mit Hilfe von Mark drehte sich Peter auf den Rücken. „So ist gut, ganz langsam“, sagte Mark. Er tastete vorsichtig Peters Bauch ab. Schon bei der ersten Berührung stöhnte Peter auf. Sein Bauch war hart wie ein Brett.

„Peter, du weißt was los ist“, fragte Mark? Peter nickte, „es ist der Blinddarm, stimmt’s?

Ist er schon durchgebrochen?“ „Kann ich nicht mit Gewissheit sagen, aber wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“, antwortete Mark.

„Ich habe Angst Mark.“ „Ich weiß, aber wir werden das schaffen, das verspreche ich dir. Peter nickte zustimmend. „Ich wecke jetzt Karin und Enrico. Bin gleich wieder zurück. Dann werde ich dich auf die OP vorbereiten.“ Mit diesen Worten war Mark auch schon aus dem Zimmer verschwunden.

Mark zog sich schnell noch ein paar bequeme Sachen an und ging dann zum Schlafzimmer von Karin. Er trat leise ein, ging zum Bett und rüttelte sachte an Karins Schulter.

„Karin wach auf“, sagte er leise. „Was ist denn, murmelte sie?“ „Pssst, ich bin´s Mark. Peter, es ist der Blinddarm! Wir müssen schnellstens operieren“, sagte er. Karin war sofort hell wach. Das einigste was ihr in diesem Moment einfiel war, „Scheiße. Ich zieh mich an und komme“, sagte Sie. Mark antwortete, „ich bereite ihn in der Zwischenzeit vor. Wecke auf jeden Fall noch Enrico. Er muss uns assistieren.“ „Was ist mit den anderen“, fragte Karin. „Lass sie schlafen, aber vermutlich werden sie sowieso wach. Beeil dich“, sagte er noch und verschwand.

Mark nahm den einen Notfallkoffer und ging wieder zu Peter. Er lag halb apathisch in seinem Bett. „Peter“, sagte Mark sanft. „Ja Mark.“ „Ich lege dir jetzt einen großvolumigen Zugang und spritze dir ein Schmerzmittel, dann geht’s dir gleich besser. Das Mittel macht dich schon mal ein bisschen schläfrig. Anschließend werde ich dich dann ausziehen. Wenn die anderen da sind, werden wir dich umlagern. Karin wird die Narkose bei dir einleiten und Enrico wird mit mir operieren“, erklärte er Peter. „Ihr habt’s ja ganz schön eilig mich unters Messers zu kriegen“, meinte Peter.

Mark nahm die Braunüle und legte den Zugang am Handrücken. Peter stöhnte kurz auf als Mark die Nadel einstach. „Das brennt“, sagte Peter. „Ist gleich vorbei. Ich spritzte dir jetzt 10mg Valium gegen die Schmerzen und als Sedierung“, erklärte er. Dann fing er an, Peter auszuziehen. In diesem Moment kamen Karin und Enrico ins Zimmer. Enrico stand die böse Überraschung ins Gesicht geschrieben. Er ging direkt zu Peter ans Bett.

„Hey Kumpel“, sagte Peter leicht benommen. „Schöne Bescherung, was?“ „Kann man wohl sagen. Du versuchst wohl immer im Mittelpunkt zu stehen“, antwortete Enrico. „Ich hab’s mir nicht ausgesucht“, sagte Peter. „Psst, du schonst dich jetzt und bist ruhig“, sagte Enrico. Und zu Mark und Karin. „Wo wollt ihr es machen?“ „Ich denke wir werden den großen Esstisch umfunktionieren müssen“, sagte Karin und Mark nickte zustimmend. „Kannst du den Tisch sauber machen und mit sterilen Tüchern abdecken und wir brauchen etwas, um die Infusionen aufzuhängen“, sagte Sie

Enrico verschwand und bereitete alles vor. Karin wandte sich an Peter. „Wir schaffen das schon. Wirken die Medikamente schon?“ „Ja“, antwortete Peter. „Es geht mir schon fast wieder gut“, versuchte er zu scherzen. „Ich glaube ihr könnt die OP abblasen.“ „Das könnte dir so passen du Angsthase“, meinte Mark. „Der `Wurm` kommt jetzt raus, länger mache ich das nicht mehr mit.“ Mark schüttelte den Kopf „und so was nennt sich Rettungsassistent.“

„Sag mal Mark, muss das sein, dass du mich hier ganz ausziehst“ und schaute an sich herunter. „Schließlich habe ich Damenbesuch.“ Mark und Karin konnten sich ein grinsen nicht verkneifen. „Deinen Humor hast du dir bewahrt“, sagte sie. „Glaub ja nicht, dass du der erste nackte Mann bist den ich zu sehen bekomme. Ich schau dir schon nichts ab“, antwortete sie und lachte. „Es muss sein, aber ich verzeih dir die Frage“, sagte Mark. Und während er das sagte, packte er einen Einwegrasierer aus. „Was soll das denn jetzt“, fragte Peter? „Du wirst doch wohl nicht...“ „Doch ich werde“, sagte Mark.

Da kam Enrico wieder rein, diesmal im Schlepptau von Thomas und Biggi, die durch das Durcheinander wach geworden waren. „Was ist denn hier los“, fragte Thomas? „Ist hier so was wie operative Hektik ausgebrochen?“ „So könnte man es nennen“, sagte Mark. „Wartet ihr beide bitte draußen vor der Tür. Ich sage euch gleich was los ist, wenn ich hier fertig bin. „

Nach ein paar Minuten kamen Mark und Karin raus. Enrico blieb bei Peter. „Könnte uns jetzt endlich mal jemand erklären was eigentlich los ist“, fragte Biggi? „Peter hat einen akuten Wurm“, fing Mark an, wurde aber von Thomas unterbrochen, „einen was?“ „Eine Blinddarmentzündung“, sagte Biggi. „Wir müssen Peter sofort operieren.“ „Hier“, fragte Thomas entsetzt? „Könnt ihr nicht bis Tagesanbruch warten und ihn dann mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus fliegen lassen?“ „Ausgeschlossen“, antwortete Karin. „Wir sind seine einzige Chance. Bis ins Krankenhaus schafft er es nicht mehr.“ „Ist es so ernst“, fragte Biggi? „Ja leider, wir befürchten dass der Blinddarm schon angefangen hat durchzubrechen“, sagte Karin. „Weises er wie schlimm es steht“, fragte Thomas?  „Nicht ganz. Ich habe ihm nur gesagt, dass es der Blinddarm ist, was er sich aber schon selbst gedacht hatte. Mehr konnte ich ihm nicht sagen, sonst wäre er völlig zusammen gebrochen“, sagte Mark. „Er hat auch so schon große Angst. Wenn ihr jetzt eh schon wach seid, könnt ihr euch was anziehen und uns helfen“, meinte Karin. Die beiden verschwanden wieder in Peters Zimmer und ließen die beiden verstört zurück.

 

„Alles klar Enrico“, fragte Karin, als sie ins Zimmer kamen? „Ich bin noch unter den Lebenden“, sagte Peter schläfrig. „Du warst nicht gefragt“, sagte Mark „und sei jetzt lieber still. Spar deine Kräfte, du wirst sie noch brauchen. Thomas wird dich gleich rüber tragen, dann können wir anfangen“, sagte Mark zu Peter.

Kurz darauf standen Thomas und Biggi im Zimmer. „Hallo ihr zwei“, sagte Peter. „Nett dass ihr euch jetzt alle bei mir versammelt.“ „Halt jetzt den Mund Peter“, warnte Karin, „sonst verpass ich dir noch die große Spritze.“ Du sahst auch schon mal besser aus altes Haus“, bemerkte Thomas. „Thomas, kannst du bitte Peter rüber tragen?“, fragte Mark. „Dann können wir nämlich endlich anfangen, bevor Peter hier noch mehr dumme Sprüche klopft.“ „Na klar, mache ich“, antwortete Thomas. „Ich will selbst gehen, lallte Peter.“ „Du wirst gar nichts“, sagte Thomas, schob seine Arme unter Peter und hob ihn samt Decke hoch, trug ihn rüber und legte ihn auf dem “OP-Tisch“ ab. Peter stöhnte dabei kurz auf. „Tut mir Leid Junge, ich wollte dir nicht wehtun.“ „Schon gut.“

„Ok, hier der Ablauf für alle“, sagte Mark. „Karin macht die Narkose mit Intubation und die anschließende Beatmung. Thomas assistiert Karin. Biggi reicht die Instrumente an und Enrico assistiert mir bei der OP.“

„Alles klar“, fragte er? Alle nickten. Karin hatte sich in der Zwischenzeit gewaschen und sich ein OP-Hemd angezogen. Sie blieb bei Peter, während sich die anderen sich jetzt auch wuschen.

„Alles klar bei Dir Peter“, fragte Sie? „Ich habe Schiss“, sagte Peter. „Ich weiß, mache dir keine Sorgen. Ich erkläre dir kurz was ich mache. Es sind alles dir bekannte Abläufe, du brauchst also keine Angst haben. Du bekommst von mir das Anästhetikum gespritzt. Sobald du schläfst, werde ich dich intubieren und anschließend an den Sauerstoff hängen.“ „Musst du mich unbedingt intubieren“, fragte Peter? „Mir ist das unangenehm mit so einem Schlauch im Hals.“ „Peter, es muss sein. Du wirst davon nichts mitbekommen. Du bist längst im Land der Träume. Aber wenn wir dich nicht intubieren und beatmen ist das Risiko das du erstickst zu groß. Die OP selbst wird ca. eine Stunde dauern. Die Narkose wird etwas länger anhalten.“ Während sie das erklärte, schloss Sie Peter an den Überwachungsmonitor an.

Die anderen kamen zurück und Karin half Mark, Enrico und Biggi in die sterilen Kittel, zog ihnen die OP-Handschuhe über und band ihnen zum Schluss noch den Mundschutz um. Thomas hatte wie Karin nur ein OP-Hemd übergezogen. „Ihr seht alle richtig süß aus, in Euren grünen Kitteln“, sagte Peter. „Mark pass auf was du wegschneidest“.“ Karin, kannst du die Narkose einleiten, damit Peter endlich die Klappe hält“, meinte Mark schmunzelnd. „Bin schon dabei. Schlaf gut, Peter.“

 

Karin überstreckte Peters Kopf, damit sie ihn gleich besser intubieren und beatmen konnte. Dann spritzte sie Peter das Anästhetikum. „Peter, zähle jetzt bitte von hundert rückwärts“, sagte Sie. Peter sprach langsam „99, 98, 97…“, dann schlief er ein. Karin nahm das Laryngoskop und führte den Tubus ein. Thomas steckte den Ambobeutel auf den Tubus und beatmete einmal. Karin kontrollierte mit dem Stethoskop die Atmung und die Lage des Tubus und schloss Peter anschließend an den Sauerstoff an. Mark und Enrico hatten in der Zwischenzeit das Operationsfeld mit sterilen Tüchern abgegrenzt und desinfiziert. Jetzt warteten sie bis Karin das ok gab. „Ok Jungs, ihr könnt anfangen.“ „Also dann mal los“, sagte Mark. „Uhrzeit? 2.15 Uhr“, sagte Thomas.

Mark machte einen ca. fünf Zentimeter langen Einschnitt in der rechten unteren Bauchhälfte. Er legte die Bauchdecke und das Bauchfell frei bis er den Wurmfortsatz sah oder das was davon noch übrig war. Das dauerte ca. zehn Minuten. „Scheiße“, sagte er, „das sieht nicht gut aus. Bei dem Wurm hätte es mich auch umgeworfen. Karin, es ist ein Durchbruch. Ich kann nur hoffen das die Bauchhöhle noch nicht betroffen ist, sonst haben wir ein Problem.“ Karin streckte sich ein wenig, um auf das Operationsfeld zu schauen. „Oh je, sieht schlimm aus.“ „Karin, wie viel Zeit bleibt mir, dieses Chaos aufzuräumen?“ „Ich würde sagen ca. eine Stunde, dann sollte er langsam wieder in der Aufwachphase sein.“ „Hast du genug Anästhetikum, um ihn länger unter Narkose zu halten.“ „Hab ich schon, aber es ist gefährlich.“ „Ich weiß“, sagte er. „Ich werde mich beeilen.“

Mark arbeitete sich durch das Gewebe. Fein säuberlich löste er den “Wurm“ von dem um- liegenden gesunden Gewebe. Immer wieder verlangte er nach einem Tupfer, einer Schere oder Klemme. Als er den “Wurm“ abgelöst hatte, hob er ihn vorsichtig an und legte ihn in die Nierenschale, die Biggi ihm hinhielt. „Sieht ja eklig aus“, meinte sie. „Nicht nur eklig, dieses Ding ist auch noch gemein gefährlich“, sagte Enrico. „Da steht uns noch ein ganz schönes Stück Arbeit bevor“, sagte Mark. „Karin, der Eiter hat schon angefangen sich in die Bauchhöhle zu ergießen. Ich versuche so weit wie möglich aufzuräumen. Biggi ich brauche mehr Tupfer und mindestens noch ein Bauchtuch und antiseptische Lösung zum Spülen.“ „Ist gut“, gab sie zur Antwort. „Karin wie ist der Kreislauf?“ „Im Moment stabil“, kam als Antwort. „Enrico, Du musst die Wundhaken so weit auseinander ziehen wie möglich, damit ich genug sehen kann.“ „Schon dabei“, antwortete er.

Mark säuberte das Gewebe, schnitt das weg was weg musste. „Scheiße“, sagte er auf einmal. „Was ist los“, fragte Karin? „Komplikationen, hoffentlich erwische ich den ganzen Eiter, der hat sich schon in der halben Bauchhöhle verteilt. Es bleibt mir nichts anderes übrig als den Schnitt zu vergrößern, Karin.“ „Das heißt du wirst länger brauchen“, sagte Sie. „Ja“, antwortete er. „Ich gebe ihm noch mal zehn Einheiten, mehr kann ich nicht riskieren, sonst schmiert er mir ab“, sagte Karin. „Das gibt mir ein Puffer von einer halben Stunde etwa“, sagte Mark. „Biggi, Skalpell bitte.“ Sie reichte ihm ein Skalpell und er vergrößerte den Bauchschnitt auf zehn Zentimeter. Mark arbeitete sich mit Hilfe von Enrico schnell und gründlich vor. Plötzlich fing das EKG an schneller zu piepsen. „Scheiße, Kammerflimmern“ rief Karin, „ich gebe ihm 1mg Adrenalin. Nulllinie, Mark. Vorsicht ich versuche es mit einem Präkordialschlag“, sagte Sie. Noch während sie das aussprach, schlug ihre Faust auf Peters Brustbein. Zwei, drei Sekunden tat sich nichts auf der EKG-Kurve und auf einmal pendelte sich langsam aber stetig  ein Sinus-Rhythmus ein. Karin spritzte Peter noch ein Medikament zur Kreislaufunterstützung. „Puh, das war knapp“, sagte Sie. „Ich sehe zu, dass ich so schnell wie möglich fertig werde, einmal reicht“, sagte Mark.

Mark räumte den Bauchraum so weit wie möglich aus und spülte anschließend mit der antiseptischen Lösung. Dann fing er an von innen heraus alles zu vernähen. Am Schluss blieb ihm nur noch die große Naht des Bauchschnitts. Mark versuchte seine schönste Naht hinzubekommen, so dass die Narbe später Mal nicht so auffallen würde. Er brauchte ca. zehn Stiche dafür.

„Karin, wie sieht’s aus“, fragte er? „Für den Moment ist er stabil. Die Narkose hält sicher noch 15 Minuten an. Ich würde ihn gerne weiterbeatmen bis er aufwacht.“ „Gut, ich bin gleich fertig, muss nur noch die Wunde abkleben. Wie lange haben wir gebraucht“, fragte Mark? „Es ist jetzt 4:15 Uhr“, antwortete Thomas. „Danke. Ich schätze wir müssen ihn maximal noch eine halbe Stunde beatmen.“

Mark schaute Biggi an, „alles in Ordnung mit dir“, fragte Mark? „Ich weiß nicht“, sagte Biggi, „mir wird auf einmal so schlecht. Ich glaube das war alles ein bisschen viel für mich. Das ganze Blut und… „ Biggi brach mitten im Satz ab, rannte zur Toilette und übergab sich. Mark und Thomas zogen schnell ihre Kittel aus. Thomas gab Mark ein Zeichen, dann folgte er Biggi, um zu schauen, ob alles in Ordnung war.

Nach ein paar Minuten kamen die beiden zurück. Biggi stützte sich auf Thomas. Mark sah sie an und fragte, „na geht’s besser?“ „Ja“, antwortete sie. „War wohl alles ein bisschen viel für meinen Kreislauf, der spielt im Moment ein verrückt. „Du hast dich tapfer geschlagen“, sagte er, „und außerdem sind schon ganz andere Personen bei Operationen umgekippt, einschließlich mir selbst während meines Studiums.“ Biggi musste lächeln, damit hatte sie nicht gerechnet. „Thomas, bring Biggi bitte ins Bett, sie soll sich ausschlafen“, sagte Mark. „Du hast genug geholfen, den Rest schaffen wir schon.“ „Ich weiß nicht ob ich im Moment schlafen kann, ich bin noch so aufgedreht“, sagte sie. „Versuchs einfach“, antwortete Mark. „Ich komme in ein paar Minuten und schau noch mal nach Dir.“

Mark blieb noch einen Moment bei Karin und Enrico, die Peters Vitalfunktionen überwachten. Er räumte die OP-Instrumente und die OP-Tücher, die voll mit Peters Blut waren, zusammen. Dann deckte er Peter mit frischen Laken zu.

„Ich schaue mal kurz nach Biggi, kommt ihr kurz alleine zurecht“, fragte er Karin? „Na klar, geh nur“, antwortete sie. Mark nahm die Blutdruckmanschette und sein Stetoskop, einen Einwegspritze und eine Ampulle mit einem Kreislaufmedikament aus dem Koffer und ging zu Biggi.

„Das ist mir noch nie passiert“, begrüßte sie ihn. „Jetzt lass den Kopf nicht hängen, du warst klasse. Geht’s dir denn schon etwas besser“, fragte er? „Du siehst noch ein wenig blass aus.“ „Ein bisschen“, antwortete sie. „Ich messe zur Sicherheit mal deinen Blutdruck und gebe dir, wenn nötig, ein Kreislaufmedikament. Dann schläfst du dich aus. Wir brauchen dich morgen frisch und munter zur Betreuung von unserem Sorgenkind.“ „Mark, ich habe den Blutdruck gerade eben schon gemessen“, sagte Thomas. „Er liegt bei 90 zu 60.“ „Danke“, sagte er. „In dem Fall wirst du um einen kleinen Pikser nicht herum kommen“, sagte Mark. „Der Blutdruck ist mir zu niedrig, da lasse ich nichts anbrennen.“ Biggi verzog das Gesicht, „muss das sein?“ Sie wehrte sich aber nicht allzu fest dagegen. Als Antwort spritzte Mark das Medikament intravenös.

„Thomas, lös doch bitte die beiden draußen ab, ich komme gleich nach“, sagte Mark. „Ich warte bis Biggi eingeschlafen ist.“ Thomas ging raus und Mark folgte ein paar Minuten später. Alle waren erschöpft und ihnen allen stand die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben, aber schlafen konnte keiner von ihnen, nicht bevor Peter aufgewacht war.

Kurz nach dem Mark kam, flatterten Peters Augenlider das erste Mal. Ein Zeichen das er demnächst aufwachen würde. Nach weiteren fünf Minuten war es endlich soweit. Peter schlug die Augen auf und er fing an sich gegen den Beatmungsschlauch zu wehren.

„Ganz ruhig Peter“, sagte Mark. „Du darfst dich nicht dagegen wehren. Wir befreien dich sofort von dem Schlauch.“ Peter nickte leicht mit dem Kopf als Zeichen das er verstand. Karin nahm ein Tuch zur Hand und stöpselte den Beatmungsschlauch ab. Mark sagte zu Peter, „du musst jetzt kräftig ausatmen, dann kann ich dir den Schlauch rausziehen.“ Peter tat was ihm gesagt wurde. Er war froh dieses Ding loszuwerden. „Ist alles gut gegangen“, fragte er heiser? Sein Hals war trocken wie Wüstensand. „Pssst, nicht sprechen“, sagte Mark, „es ist alles in Ordnung.“ „Ich habe Durst“, sagte Peter. „Tut mir leid wir können dir noch nichts geben“, sagte Karin, „erst später.“ Mit einem feuchten Tuch tupfte Mark Peters Lippen ab. Das verschaffte ihm Erleichterung und er schlief auch gleich wieder ein. Alle waren erleichtert, dass die Sache bis jetzt so glimpflich verlief.

„Geht ihr ins Bett“, sagte Mark zu Karin, Thomas und Enrico. „Ich bleibe bei Peter. Ihr könnt mich dann morgen früh ablösen.“ Die drei verschwanden ohne große Gegenwehr. Es war mittlerweile nach fünf Uhr morgens. Mark saß neben Peter und beobachtete ihn. Er schlief ganz friedlich. Es dauerte nicht lange, bis auch Mark der Schlaf einholte und sein Kopf auf den Tisch neben Peters Hand sank. Mark wachte erst auf als jemand sachte seine Schulter berührte. Verschlafen schaute er auf und stellte fest, dass das Peter war.

„Mark“, sagte Peter, „mir ist schlecht. Ich glaube ich muss mich übergeben.“ Im Nu war Mark aufgesprungen und griff zu einer Nierenschale. „Ganz ruhig Peter, das geht gleich wieder vorbei.“ Mark half Peter sich leicht zur Seite zu drehen und stütze ihn im Rücken. Als es Peter wieder besser ging, drehte ihn Mark wieder sanft auf den Rücken und tupfte ihm anschließend mit einem feuchten Tuch das Gesicht ab. „Tut mir leid, wenn ich dir solche Umstände bereite, das ist mir unangenehm“, sagte Peter leise zu Mark. „Mach dir keine Gedanken, das hängt mit der Narkose zusammen“, sagte Mark. „Ich weiß, danke dass du dich so um mich kümmerst. Es geht mir schon wieder besser“, antwortete Peter.

„Hast du noch Schmerzen“, fragte Mark? „Die Operationswunde tut ein bisschen weh und mein Brustbein schmerzt, so als hätte jemand darauf geschlagen. Mark, du machst so ein ernstes Gesicht, ist alles gut verlaufen oder gab es Komplikationen? Und bitte Mark, ich möchte die Wahrheit hören.“ „Tja“, zögerte Mark, „es ist nicht ganz so gut gelaufen, wie ich es mir erhofft hatte. Dein Blinddarm war schon durchgebrochen und der Eiter hatte sich in die halbe Bauchhöhle ergossen. Ich musste daraufhin den Schnitt vergrößern, um an alles ranzukommen. Die Operation hat dadurch auch fast doppelt so lange gedauert. Karin musste die Dosis des Anästhetikums erhöhen. Wir wussten dass das gefährlich sein würde, aber wir hatten keine andere Wahl. Als Folge davon hatte dein Herz einen kurzen Aussetzer. Karin hat dir einen Präkordialschlag verpasst. Das ist auch der Grund, warum dir das Brustbein so weh tut“, erklärte Mark. „Ich hatte einen Herzstillstand“, fragte Peter ungläubig? „Und die Narbe? Du hast mir hoffentlich nicht den ganzen Bauch aufgeschnitten.“ „Peter mache dir bitte keine Sorgen. Es war nur ein kurzer Aussetzer, dein Herz ist von alleine wieder in Gang gekommen. Wir haben dich nicht mal schocken müssen. Und was die Narbe anbetrifft, das ist ein Andenken von mir, die ist ca. zehn Zentimeter lang. Aber das ließ sich nicht vermeiden, sonst würdest du vermutlich jetzt nicht mehr so lebendig hier liegen.“

Peter musste schlucken und Mark schaute ihn skeptisch an. „Naja was sein musste, musste eben sein“, sagte Peter und fragte dann schmunzelnd, „meinst du ich kann noch bei einer Schönheitskonkurrenz mithalten?“ Mark brauchte einen Augenblick, um den Sinn der Worte zu verstehen und musste dann ebenfalls anfangen zu grinsen. „Naja, im Moment vielleicht nicht gerade, später wüsste ich keinen Grund was dagegen spräche. Aber ich denke für den Moment haben wir beide erstmal ein bisschen Ruhe nötig. Ich gebe dir ein leichtes Schmerz-mittel und dann schläfst du noch ein bisschen.“

Als Peter wieder eingeschlafen war, rückte sich Mark einen großen Sessel und einen Hocker in die Nähe und ließ sich darin nieder. Es dauerte nur ein paar Sekunden bis auch er vor Erschöpfung eingeschlafen war.

 

 

Karin wachte gegen neun Uhr auf. Sie schaute auf die Uhr und dachte, immerhin konnte ich für 31/2 Stunden schlafen. Sie stand leise auf und ging ins Wohnzimmer. Peter und Mark schliefen tief und fest. Das beruhigte sie. Sie schaute kurz auf den Überwachungsmonitor an den Peter immer noch angeschlossen war und fühlte kurz seine Stirn. Die Werte waren fast wieder normal. Dann nahm Sie eine Decke und legte diese über Mark. Er bewegte sich kurz und sie dachte schon sie hätte ihn aufgeweckt, aber dem war nicht so. Sie ging in die Küche, um eine Kanne starken Kaffee und eine Kanne Tee zu kochen. Anschließend machte sie es sich auf der Couch im Wohnzimmer gemütlich und las in ihrem Buch weiter.

Sie schaute erst wieder auf, als gegen Mittag fast gleichzeitig Thomas und Enrico aus ihren Zimmern kamen und die Dusche ansteuerten. Beide sahen Karin im Wohnzimmer sitzen und kamen zu ihr, um sich nach Peter zu erkundigen.

„Psst, seid leise“, sagte sie und sah in ihre fragenden Gesichter. „Die beiden schlafen gerade so friedlich. Peter geht es den Umständen entsprechend gut und Mark schläft seit ein paar Stunden.“ „Das hat er sich auch redlich verdient“, antwortete Enrico. „Was er heute Nacht geleistet hat, war klasse.“ Thomas nickte bestätigend.

Einer nach dem anderen gingen sie unter die Dusche, um wach zu werden. Der Kaffee würde dann hoffentlich den Rest erledigen.

Auch Mark schreckte um halb eins auf und sagte, „ich muss wohl eingenickt sein.“ Karin schmunzelte, „guten Tag Herr Doktor, ich hoffe du hast gut geschlafen? Es sah jedenfalls danach aus.“ „Wie spät ist es denn“, fragte er verwundert und massierte sich seine verspannten Nackenmuskeln? „Es ist halb eins“, antwortete sie. „Was schon so spät“, sagte er. „Dann habe ich ja fast fünf Stunden geschlafen. Wie lange seid ihr schon auf?„ Karin antwortete, „ich sitze seit neun Uhr hier, weil ich nicht mehr schlafen konnte und Thomas und Enrico sind vor kurzem aufgestanden. Biggi schläft noch und unser lieber Peter schnarcht auch noch friedlich vor sich her.“ Plötzlich krächzte es vom Tisch herüber, „ich schnarche nicht.“ Die anderen mussten lachen. Peter war wieder unter den Lebenden. „Könnte mir jemand etwas zu trinken bringen, ich habe nämlich Durst.“ „Ich gehe schon“, sagte Karin und verschwand in der Küche.

 

Die anderen versammelten sich um Peter. „Na altes Haus, wie ich sehe hast du alles gut überstanden“, sagte Thomas. „Ja, dank euch allen, geht’s mir hoffentlich bald wieder gut. Es tut mir leid, dass ich euch die Ferien so vermiese. Ich habe mir das auch ein wenig anders vorgestellt.“ „Was soll’s“, meinte Thomas, „Action sind wir schließlich gewohnt, nur hat’s halt eben diesmal dich getroffen. Hauptsache du wirst wieder gesund und denk dran, den Wurm bist du ein für alle mal los.“ „Finde ich auch“, meinte Karin, die gerade mit einer Tasse Tee zurückkam. „Wie fühlst du Dich, Peter?“ „Auf dem Weg der Besserung. Es zwickt zwar noch, aber das werde ich schon überstehen. Ich wäre nur froh, wenn ich wieder in meinem schönen weichen Bett liegen könnte.“ „Ich denke das lässt sich machen“, sagte Mark. „Thomas soll dich gleich wieder rüber tragen. Ich werde noch ein paar Kissen organisieren, damit wir es dir richtig bequem machen können.“ „Klingt gut“, sagte Peter. „Sagt mal, wo steckt eigentlich Biggi, schläft Sie etwa noch?“ „Ich bin hier“, sagte Biggi verschlafen. Alle drehten sich zu Biggi um, die im Nachthemd da stand. „Mir geht’s gut ich brauche nur eine Dusche, dann bin ich wieder voll einsatzbereit.“

„Ok“, sagte Karin, „dann packen wir’s an. Ich kümmere mich darum, dass Peter wieder umziehen kann und ich denke ihr zwei“, und schaute dabei Biggi und Mark an, „wollt euch erst mal hübsch machen. Der Rest kann sich ja in der Zwischenzeit mit Peter beschäftigen oder vielleicht für uns was zu Essen machen, ich habe einen riesen Hunger.“ „Jawohl Frau Doktor wird gemacht“, antworteten alle im Chor. „Bekomme ich auch was zu essen“, fragte Peter? „Ich habe nämlich auch Hunger.“ „Vorläufig noch nicht“, sagte Mark. „Vielleicht heute Abend einen Zwieback. Mehr hält dein Magen noch nicht aus.“ „Na das kann ja heiter werden, erst springe ich dem Tod von der Schippe und dann lasst ihr mich verhungern“, antwortete Peter.

 

 

Kapitel 6

Innerhalb der letzten Stunde hatte jeder seine zugeteilten Aufgaben erledigt. Peter lag mittlerweile wieder in seinem Bett und erholte sich von den Strapazen. Das Wohnzimmer wurde in der Zwischenzeit auch aufgeräumt und wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt.

Nun, nachdem alle ein wenig zur Ruhe gekommen waren, saßen sie gemeinsam beim Essen

und sprachen über die Ereignisse der vergangenen Nacht.

„Sag mal Mark, seit wann wusstest du und Karin eigentlich dass mit Peter etwas nicht in Ordnung war“, fragte Thomas? „Mir ist auch aufgefallen, dass er sich seit zwei Tagen so komisch benahm, als hätte er was geahnt, so kenne ich ihn gar nicht.“ „Seit gestern morgen“, antwortete Mark. „Er kam gestern zu mir und sagte das er schon seit zwei Tagen zwischendurch immer mal wieder Magen- und Bauchschmerzen hätte. Darauf hin habe ich ihn mir mal etwas genauer angeschaut, konnte aber, wie Karin später übrigens auch, nicht viel feststellen. Die Indizien reichten nicht aus. Wir hatten beide ein ungutes Gefühl und eine Vorahnung, aber das hätte genauso gut blinder Alarm sein können.“ „Tja und heute Nacht war’s dann soweit“, ergänzte Karin.

„Warum habt ihr dann nichts gesagt“, fragte Thomas? „Weil Peter es nicht wollte“, antwortete Karin. „Er hatte Angst vor der Wahrheit und vor einer möglichen Operation. Und er wollte euch nicht die Ferien vermiesen.“ „So ein Quatsch“, sagte Thomas. „Wenn einer von uns ein Problem hat, dann haben wir immer versucht das gemeinsam zu lösen und sind immer füreinander da gewesen. Er ist ein richtiger Angsthase.“ „Verzeiht’s ihm“, sagte Karin „und muntert ihn in den nächsten Tagen lieber ein bisschen auf, er hat’s nötig.“ „Wahrscheinlich hast du recht, vermutlich wäre mir in der gleichen Situation auch ziemlich mulmig gewesen“, sagte Thomas, „wenn ich nur schon an Spritzen denke…“

„Aber tut mir bitte einen Gefallen“, sagte Mark, „bleibt für den Rest der Zeit hier gesund. Ich brauche keine Wiederholung. Ein Sorgenkind reicht mir.“

„Wie geht’s jetzt weiter“, fragte Biggi? „Müssen wir ihn nicht in ein Krankenhaus bringen?“ „Nicht unbedingt“, antwortete Karin, „plus ich bin mir ziemlich sicher, dass er es keine Sekunde im Krankenhaus aushalten würde.“ „Ich bin der gleichen Meinung“, ergänzte Mark. „Wenn wir uns alle um ihn ein bisschen kümmern, kann er sich hier genauso gut erholen wie in der Klinik. Ein Transport in den nächsten ein, zwei Tagen wäre sowieso ausgeschlossen.“ „Ich denke, wenn wir das gut durchorganisieren, wird das kein Problem sein“, schaltete sich Enrico ein. Alle anderen nickten zustimmend.

Mark und Karin standen auf. „Wir werden mal nach Peter schauen, könnt ihr die Küche aufräumen“, fragte Karin? „Na klar, machen wir“, sagte Biggi.

Mark öffnete leise die Tür zu Peters Zimmer und trat ein. Karin folgte ihm. Peter schlief ganz ruhig. Karin sah, dass die Infusionsflasche fast leer war und wechselte diese. Mark fühlte währenddessen Peter’s Puls. Durch die leichte Berührung wachte Peter auf.

„Entschuldigung“, sagte Mark, „wir wollten dich nicht aufwecken, sondern nur mal kurz nach dir sehen.“ „Ist schon gut“, sagte Peter. „Ich habe eh nicht fest geschlafen.“ „Wie fühlst du dich“, fragte Karin? „Soweit ganz gut. Jedenfalls besser als heute Nacht. Ich bin zwar noch ziemlich kaputt und die Wunde zwickt, aber ich denke das ist normal und wird schon wieder werden.“

Mark tätschelte ihm die Schulter und sagte, „ich denke auch. Du ruhst dich jetzt weiter aus und versuchst wieder zu schlafen, das ist die beste Medizin. Wir schauen später noch mal nach dir. Und wenn irgendetwas ist, bitte rufe. Alles klar“, fragte er Peter? „Alles klar! Nur noch eins“, sagte Peter. „Danke für alles, was ihr beide für mich getan habt. Ohne euch wäre ich verloren gewesen und es tut mir leid, dass ich nicht früher Vertrauen zu euch gehabt habe.“ Mark und Karin zwinkerten ihm zu und verließen das Zimmer.

„Und wie geht’s ihm“, fragte Biggi, als sie wieder bei den anderen waren? „Ihm geht’s den Umständen entsprechend gut“, antwortete Mark. „Ich bin erstaunt, wie gut er die letzte Nacht verkraftet hat.“ „Aber wir wollen den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagte Karin. „Wenn er die kommende Nacht ohne Komplikationen übersteht, dann ist er bald wieder der Alte.“

„Was könnten denn für Komplikationen auftreten“, fragte Thomas?  „Eine Thrombose oder Embolie beispielsweise. Aber das Risiko ist relativ gering, da wir ihm ab heute Abend zweimal täglich Blut verdünnenden Mittel spritzen werden“, erklärte Karin. „Die Operations-wunde könnte sich entzünden oder was schlimmer wäre, und da ist das Risiko leider am größten, ich hätte nicht den ganzen Eiter erwischt und das Bauchfell würde sich von neuem entzünden“, ergänzte Mark. „Aber auch hier beugen wir vor, indem wir ihm Antibiotika geben.“ „Das klingt aber gar nicht gut“, sagte Biggi. „Was macht ihr denn, wenn der Fall wirklich eintreten würde? Ich meine, bei dem Wetter da draußen, ist mit Hubschrauber-Unterstützung nicht unbedingt zu rechnen. Wir wären völlig auf uns alleine gestellt.“

„Entschuldigung, ich wollte nicht schwarz malen“, sagte Mark. „Das Risiko ist zwar gegeben, aber doch verhältnismäßig gering. Wir haben getan und wir werden alles tun was in unserer Macht steht, um zu verhindern, dass auch nur eine dieser Möglichkeiten eintritt. Ihr ward klasse heute Nacht und ihr seid ein tolles Team“, ergänzte Mark noch.

 

Der Rest des Nachmittags verging wie im Flug. Sie entwickelten einen Schlachtplan für die nächsten zwei Tage, so dass immer jemand bei Peter sein würde. Auch eine Nachtwache, insbesondere für die erste Nacht, wurde eingeteilt. Thomas erklärte sich bereit diese zu übernehmen, damit die anderen für den Fall fit sein würden.

Gegen halb sieben, rief Peter nach Mark. Dieser eilte, gefolgt vom Rest, sofort zu ihm. Peter war sichtlich erstaunt und erfreut zugleich vom großen Andrang in seinem Zimmer.

„Hallo alle zusammen“, sagte er. „Hmh, er wirkte sichtlich verlegen, wären wenigstens die Damen so nett mein Zimmer zu verlassen.“ Mark fing schon an zu schmunzeln, er ahnte was jetzt kommen würde. Biggi runzelte die Stirn. Karin nahm sie und zog sie aus dem Zimmer. „Ich glaube Peter muss mal für kleine Jungs“, sagte sie. „Ich glaube nicht, dass er schon aufstehen kann, dann muss es halt eben die Urinflasche tun.“ „Und da Jungs in der Sache ja meistens sehr eigen sind und sich schämen, will er keinen Damenbesuch haben“, ergänzte Biggi. „Jungs halt eben.“ Sie mussten grinsen

Im Zimmer von Peter. „Ich würde ja gerne mal aufstehen und wohin gehen, aber ich befürchte das ich das noch nicht schaffe, zumindest nicht alleine“, sagte Peter. „Ich fürchte du wirst nirgendwo hingehen“, antwortete Mark. „Du hältst vorerst strenge Bettruhe. Du bist noch zu schwach, um aufstehen zu können.“ Mark holte aus dem großen Notfallkoffer die Urinflasche hervor und gab sie Peter, der diese argwöhnisch betrachtete. „Muss das sein“, fragte er? „Ich komme mir so lächerlich vor, wenn ich in das “Ding“ machen muss.“ Mark räusperte sich und Thomas sagte, „jetzt hab dich nicht so, Peter, es gibt schlimmeres.“ „Ich sehe schon, mir bleibt eh nichts anderes übrig“, antwortete er. „Ich denke du weißt wie es funktioniert oder soll ich dir helfen“, fragte Mark schmunzelnd? „Ich denke das schaffe ich noch alleine. Es wäre nur nett, wenn ihr jetzt kurz rausgehen könntet, damit ich ungestört…“ „Schon klar“, sagte Mark und schob die anderen durch die Tür nach draußen. „Sag bescheid, wenn ich wieder reinkommen darf.“

Draußen fragte Karin Mark, „alles klar mit Peter?“ „Ja, ja, er musste nur mal für kleine Jungs. Ich habe ihm die Flasche gegeben, von der er gar nicht begeistert war. Dann hat er uns alle rausgeschmissen.“ Karin grinste, „kann ich ihm nicht verübeln. Aber damit wird er noch mindestens einen oder zwei Tage leben müssen. Eine andere Sache“, sagte sie, „ich finde, dass  Peter ein Kleinigkeit essen sollte. Ich habe eine heiße Bouillon gemacht und gebe ihm ein paar Zwiebäcke. Das belastet seinen Magen nicht zu sehr.“ Ist gut, ich hätte dich jetzt eh darauf angesprochen“, sagte Mark. „Wenn er gegessen hat, werde ich ihm noch seinen Medikamentencocktail für heute Nacht verpassen und ich hoffe, dass er ruhig und selig durchschlafen wird.“ „Das hoffe ich auch, ich muss dringend Schlaf nachholen“, sagte Karin.

Mark ging nach ein paar Minuten zu Peter zurück. „Ist alles klar bei dir“, fragte er? „Ja, ja alles in Ordnung“, antwortete Peter. „Das mache ich aber nur einmal, ab morgen geh ich wieder aufs Klo und wenn ihr mich hintragen müsst.“ „Na, das werden wir noch sehen“, gab Mark zurück. „Übrigens, gute Nachrichten, Karin bringt dir gleich was zu essen.“ „Super“, sagte Peter, „ich dachte schon ihr würdet mich verhungern lassen.“ „Was denkst du, dass würde uns nie in den Sinn kommen“, schmunzelte Mark. „Aber ich bin froh, wenn du Hunger hast, dann bist du auf dem Weg der Besserung.“

Peter versuchte sich im Bett aufzusetzen, hatte aber Schwierigkeiten damit, weil er noch etwas schwach war und ihm die Wunde dabei auch Schmerzen bereitete. „Warte, ich helfe dir beim aufsetzen“, sagte Mark. In diesem Moment kam Karin mit einem Tablett zu Tür herein. „Es gibt Essen“, sagte sie fröhlich. „Super, ich bin fast am verhungern“, sagte Peter. Karin stellte das Tablett auf den Tisch, „wartet ich helfe euch, dann geht’s einfacher“, sagte sie. Gemeinsam griffen sie Peter unter die Arme und zogen ihn vorsichtig hoch. „Autsch, das tut weh“, stöhnte Peter. „Ich weiß Peter“, sagte sie. Karin legte ihm zwei große Kissen zur Stütze hinter den Rücken. „Lehn dich zurück und atme tief durch, dann wird’s gleich besser werden.“ Peter befolgte diesen Rat. Die Schmerzen ließen tatsächlich nach. Mark legte die Hand auf Peters Schulter. „Geht’s wieder?“ Peter nickte. „Du wirst sicherlich noch ein paar Tage Schmerzen haben. Dein Bauch ist durch die Operation extrem empfindlich. Wenn es zu schlimm werden sollte, musst du was sagen, dann geben wir Dir was dagegen.“ „Ich denke für heute Nacht werde ich das Angebot sicherlich annehmen“, sagte Peter.

„Aber jetzt möchte ich gerne etwas essen. Ich habe einen riesen Hunger.“ Karin nahm das Tablett und stellte es auf Peters Schoss. Peter schaute erst auf das Tablett an und dann in die Gesichter von Mark und Karin. „Ist das alles“, fragte er? „Wenn ich euren Blick sehe ja“, gab er sich selbst die Antwort. „Naja, der Hunger treibts rein, mehr kann ich im Moment wohl nicht erwarten.“ Karin und Mark nickten. Karin sagte, „wir schauen mal wie dir das Essen bekommt. Die nächsten ein, zwei Tage gibt es sicherlich noch Schonkost.“ Peter verzog das Gesicht und fing an die Suppe und den Zwieback zu essen.

Auch die anderen kamen jetzt nach und nach, um ihm noch ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Aber Peter wurde, nachdem er gegessen hatte, relativ schnell müde und ihm fielen fast die Augen zu. Gegen acht Uhr löste Mark dann die Versammlung mit den Worten auf, „der Patient müsse jetzt schlafen und schmiss alle aus dem Zimmer.“

Nur Karin und Enrico blieben noch. „Komm Karin“, sagte Enrico, „geh doch auch ins Bett, du warst den ganzen Tag auf den Beinen und siehst aus, als würdest du gleich im Stehen einschlafen. Ich werde Mark helfen.“ „Danke Enrico“, sagte sie. „Ich bin wirklich hundemüde. Gute Nacht alle zusammen.“ „Gute Nacht, Karin.“

Enrico und Mark machten es Peter bequem. Mark mixte die Medikamente für Peter zusammen und spritzte sie ihm. „Was hast du mir jetzt alles gegeben“, fragte Peter? „Antibiotika und ein leichtes Schmerzmittel“, sagte Mark. Er holte eine weitere Spritze hervor. „Und für was ist die“, fragte Peter misstrauisch? „Das ist Heparin, ein Mittel gegen Thrombose“, sagte Mark und schlug Peters Bettdecke auf. „Und wo willst du die Spritze reinjagen, Mark?“ „In den Oberschenkel“, antwortete er und desinfizierte die Stelle mit einem Alkoholtupfer. „Warte mal Mark“, Peter verzog das Gesicht. „Soll Enrico dir die Spritze geben“, frage er schmunzelnd und reichte sie weiter? Enrico nahm sie entgegen und sagte, „na dann wollen wir mal. Schön locker bleiben, Peter, dann tut’s auch nicht weh und stach zu.“ „Aua, gehst du immer so mit deinen Patienten um“, fragte Peter? „Nur wenn sie aufsässig sind und nicht hören wollen.“ „Ich werde das Gefühl nicht los, ihr weidet euch an mir. Es scheint euch richtig Spass zu machen mich zu quälen“, sagte Peter. „Wie kommst du da drauf“, sagte Mark lachend. „Sei froh, dass du nicht im Krankenhaus liegst. Hier hast du wenigstens nettes Pflegepersonal. Ich hatte mal eine Oberschwester auf meiner Station, ein richtiger Giftzwerg, bei der hatte keiner mehr was zu lachen. Die hätte dich gerupft wie ein Hühnchen.“ „Naja, dann darf ich mich wohl nicht beschweren“, sagte Peter.

„So, genug für heute“, sagte Mark, „du schläfst jetzt, das ist eine ärztliche Anweisung. Thomas schaut heute Nacht ab und zu nach dir. Schlaf gut!“ „Ja, Herr Doktor“, antwortete Peter. Sie gingen raus. Peter war innerhalb weniger Minuten eingeschlafen.

 

„Unser Patient ist versorgt“, sagte Mark als die ins Wohnzimmer kamen. „Ich glaube ich gehe jetzt auch ins Bett, der Schlaf holt mich langsam ein. Thomas, mir wäre es am liebsten, wenn du dich heute Nacht in Peters Zimmer setzen könntest, damit du ihn ein wenig im Blick hast.“ Mark gab ihm noch ein paar Anweisungen für die Nacht. „Wenn irgendetwas nicht stimmt, dann wecke mich, lass Karin schlafen.“ „Ist gut Mark“, antwortete Thomas.

Sie gingen alle ins Bett, da sie ausnahmslos müde waren. Thomas holte sich eine Decke und setzte sich in den Sessel, der in Peters Zimmer stand.

 

 

Kapitel 7

Die Nacht verlief ruhig. Thomas hatte es sich in dem Sessel bequem gemacht. Peter schlief tief und fest. Er beobachtete ihn eine Weile konnte aber nichts Auffälliges feststellen. Irgend-wann übermannte auch ihn die Müdigkeit und er nickte ein.

Als Mark am nächsten Morgen gegen acht Uhr aufwachte war es noch ruhig. Seine rasenden Kopfschmerzen, die er schon seit gestern abend hatte, waren auch nicht besser geworden. Er stand leise auf, schlafen konnte er jetzt eh nicht mehr, und ging nach Peter schauen. Als er in das Zimmer kam, sass Thomas zusammengekrümmt im Sessel. Mark musste schmunzeln, Thomas schlief wie ein Murmeltier. Er ging leise zu Peters Bett. Als er an das Bett trat, sah er das Peter auch schon wach war.

„Guten Morgen, Mark. Hast du gut geschlafen?“ „Das gleiche wollte ich dich gerade fragen“, antwortete er leise. „Ich habe wie ein Murmeltier geschlafen“, antwortete Peter. „Ich bin auch erst vor ein paar Minuten wach geworden.“ „Wie fühlst du dich? Hast du noch Schmerzen“, fragte Mark? „Ich fühle mich gut“, antwortete Peter „und Schmerzen habe ich auch keine. Nur dieses komische grosse Pflaster, das du mir auf die Naht geklebt hast, juckt an allen Ecken und Enden. Ich war nahe dran es abzumachen.“ „Ich wollte mir den Schnitt nachher sowieso ansehen“, sagte Mark. „Lass ja die Finger davon.“

Thomas räkelte sich in seinem Sessel. „Ist was passiert Mark“, fragte er schlaftrunken? „Ich muss eingeschlafen sein.“ „Du hast geschlafen wie ein Murmeltier Thomas und nein es ist nichts passiert.“ „Wie spät ist es denn“, fragte er? „Es ist fast halb neun“, sagte Mark. „Halb neun morgens“, fragte Thomas ungläubig? „Ja“, sagte er. „Mann oh Mann, dann muss ich ja fest geschlafen haben.“ „Das kann man wohl sagen“, antwortete Mark.

Mark wandte sich wieder an Peter. „Was hälst du von ein bisschen Morgentoilette?“ „Eine geniale Idee, Mark. Aber du lässt mich garantiert nicht aufstehen, oder?“ „Wenn es dir weiterhin so gut geht, dann darfst du morgen das erste Mal aufstehen“, antwortete er. „Ich werde jetzt unter die Dusche gehen und anschliessend kümmere ich mich um dich, das volle Programm,  Waschen, Zähneputzen, etc.“ „Bekomme ich auch Frühstück“, fragte Peter? „Ja, du bekommst auch Frühstück, von mir höchstpersönlich ans Bett gebracht“, sagte Mark. „Gewöhne dich aber nicht zu sehr daran“, warf Thomas ein. „Das macht er nur, weil du krank bist.“

Mark verschwand aus dem Zimmer. Nachdem er geduscht und sich angezogen hatte, ging er in die Küche, um für Peter Frühstück zu machen. Auch der Rest hatte sich in der Zwischen-zeit aus dem Bett gequält und wartete darauf ins Bad zu können. Mark brachte Peter das Frühstück an Bett.

„Das ist ein Service“, sagte Peter, „frühstücken im Bett. Wie in alten Zeiten.“ „Gewöhne dich nicht zu sehr daran“, sagte Mark. „Wie ich sehe, hast du es alleine geschafft dich aufzu-setzten. Ich lege dir noch ein paar Kissen hinter den Rücken, dann ist es bequemer.“ „Danke Mark. Es ging leichter als ich gedacht habe.“ „Es wird jeden Tag einen Fortschritt geben, da bin ich ganz sicher“, sagte Mark. „Du hast auch schon wieder ein wenig Farbe im Gesicht und bist nicht mehr ganz so blass wie gestern. Aber jetzt frühstücke erst mal. Ich werde mal sehen wie weit die anderen sind. Bin gleich wieder zurück.“

Vor dem Bad stand Enrico und wartete darauf endlich duschen zu können. „Wie weit seid Ihr“, fragte Mark? „Im Moment sind die Mädels im Bad, das kann sich nur noch um Stunden handeln“, stöhnte er „und Thomas macht gerade Frühstück für uns.“ Mark lachte, „tja so sind sie halt eben. Peter ist auch gerade am frühstücken. Ich möchte ihn nachher untersuchen und den Verband wechseln. Ausserdem möchte sich Peter gerne frischmachen und was anderes anziehen. Könntest du mir dann dabei helfen?“ „Mache ich“, sagte Enrico.

Mark ging zurück zu Peter. „Alles klar bei dir“; fragte er? „Ja, alles in Ordnung“, antwortete Peter. „Könntest du mir mein Buch bitte geben, Mark. Es liegt auf dem Tisch. Dann kann ich mir bis später noch ein wenig die Zeit vertreiben. Ich nehme an, dass ihr auch erst einmal frühstücken wollt, bevor ich an der Reihe bin.“ Mark gab Peter sein Buch. „Es wäre mir lieb, wenn wir es so machen könnten.“ „Ja, kein Problem. Lasst euch nur Zeit. Ich bin auch noch nicht soweit.“

 

Später am Morgen gingen Mark und Enrico zu Peter, der im Bett sass und las. Enrico trug eine Schüssel mit warmem Wasser und ein Handtuch.

„Hallo Peter, Schwester Enrico ist zur Stelle“, witzelte er. „Sehr witzig Enrico. Darf ich mich alleine waschen oder machst du das“, fragte Peter? „Ich denke das schaffst du schon alleine“, sagte Enrico. „Ich assistiere dir lediglich.“ 

Während Peter sich mit Enricos Hilfe frischmachte, bereitete Mark alles für die bevor-stehende Untersuchung vor.

„Oh je, ist das umständlich“, sagte Peter. „Da muss ich ja aufpassen, dass ich hinterher nicht in einem nassen Bett liege.“ „Ich verspreche dir, wenn’s dir morgen soweit gut geht, lasse ich dich aufstehen“, sagte Mark. „Ein bisschen Bewegung tut dir bestimmt gut.“ „Hoffentlich geht die Zeit schnell um, am liebsten wär’s mir, wenn es schon morgen wäre“, sagte Peter. „Ich bin es nicht gewohnt so lange unbeweglich rumzuliegen. Das geht mir wirklich auf die Nerven.“

„Na, na, jetzt mach mal halblang“, sagte Mark. „Ich weiss das Du Hummeln unterm Hintern hast, aber dein Körper braucht noch diese Ruhepause. Du klappst mir sonst nur zusammen. Wenn du morgen aufstehst, wirst du an meine Worte denken.“

Nach ein paar Minuten war Peter fast wie neu. „Jetzt fühle ich mich schon wesentlich besser“, sagte er. „Enrico, gebe mir doch bitte noch ein frisches T-Shirt aus dem Schrank.“ „Du kannst das T-Shirt später anziehen“, sagte Mark. „Jetzt kommt erst mal die Unter-suchung an die Reihe.“

Mark half Peter sich flach auf den Rücken zu legen. Er entfernte vorsichtig das grosse Wund-pflaster und begutachtete die Naht. Er tastete die Wundränder ab. Peter hielt kurz die Luft an und liess sie zischend wieder entweichen. Er war noch ziemlich druckempfindlich, kein Wunder. „Sieht gut aus“, meinte Mark. „Ich bin zufrieden mit meiner Arbeit.“ „Ich finde sie ist ganz schön lang“, sagte Peter. „Ich glaube nicht, dass ich damit noch einen Schönheits-wettbewerb gewinne.“ Peter grinste über beide Ohren. „Als wenn es darauf ankäme“, meinte Mark.

„Ok, Enrico, kannst du die Wundnaht bitte desinfizieren und neu verbinden.“ Enrico machte sich gleich an die Arbeit, während Mark die Medikamente vorbereitete, die er Peter gleich verabreichen wollte. Peter fragte misstrauisch, er sah Mark eine Spritze in der Hand halten, „auch wieder Heparin?“ „Ja“, antwortete Mark. „So lange du noch das Bett hühten musst, muss ich dir was zur Thrombosevorbeugung geben, leider. Dieses Mal gebe ich sie dir oder willst du es selbst machen?“ „Ich“, sagte Peter erstaunt, „nein das kann ich nicht, mach du das.“ Mark stach die Spritze in den Oberschenkel. Peter sagte nur, „autsch, du bist auch nicht viel sanfter als Enrico gestern.“ „Ein Wort noch“, sagte Mark „und du machst es heute abend wirklch selbst.“ „Oder ich frage Karin“, sagte Peter. Mark lachte, spritzte noch die anderen Medikamente und wechselte die Infusionsflasche. „Ich werde noch Fieber und Blutdruck messen und dann bist du erlöst.“

„Du bist wirklich kein einfacher Patient, Peter.“ „Das kommt vom Richtigen“, konterte Peter. „Mich willst du partout ans Bett fesseln, aber damals, als du nach deinem Einsatz im AKW fast den Löffel abgegeben hättest, wenn ich nicht gewesen wäre, wolltest nach ein paar Stunden schon wieder aus dem Krankenhaus abhauen, obwohl es dir ziemlich dreckig ging. Aber Gott sei Dank ist dir das, dank des Giftzwerges von Oberschwester, nicht gelungen.“

„Hey ihr beiden“, vertragt euch, mischte sich Enrico ein. „Wir vertragen uns schon“, sagte Mark. „Peter ist nur ein wenig am sticheln. Aber ich muss sagen er hat nicht ganz unrecht. Ich hasse Krankenhäuser, insbesondere wenn ich der Patient bin.“ „Wusste ich’s doch“, bemerkte Peter. „Aber ich glaube das geht uns allen so, oder“, fragte Mark? „Deine Werte sehen übrigens ganz gut aus. Der Blutdruck ist normal und Fieber hast du auch keines mehr, nur leicht erhöhte Temperatur. Aber das liegt im Rahmen.“ „Hört sich gut an“, sagte Peter.

Peter hatte etwas Mühe sich im Bett aufzusetzen, schaffte es dennoch alleine. Enrico gab ihm noch ein frisches T-Shirt zum Anziehen.

„Was habt ihr heute vor“, fragte Peter? „Es wäre schön, wenn ihr euch ein bisschen zu mir setzen könntet, Kartenspielen oder sowas. Es ist ziemlich langweilig sonst“, sagte Peter. „Ich denke das lässt sich machen“, antwortete Mark. „Wir haben heute eh nichts spezielles geplant. Vielleicht gehen ein paar von uns ein wenig laufen, das Wetter ist heute ausnahms-weise mal wieder schön. Ich werde mal die Lage peilen und schauen was der Rest der Meute so treibt. Ich sage dir gleich bescheid.“

 

Mark ging aus dem Zimmer, Enrico blieb noch einen Augenblick bei Peter.

„Ich kann mir denken, dass es dir langweilig ist und dir dieses untätige rumliegen auf die Nerven geht“, sagte Enrico. „Aber Mark hat sicher recht, wenn er sagt, dass du noch liegen bleiben musst. Versuche ihn zu verstehen, warum er so hart bleibt, Peter. Du hast eine schwere Operation, unter nicht alltäglichen Bedingungen, hinter dir. Er macht sich Sorgen  und will sicher gehen, dass nichts mehr passiert. Ich glaube sogar, dass er sich ein wenig Vorwürfe macht, dass er die Blinddarmentzündung nicht frühzeitiger erkannt hat“, erzählte Enrico.

„So ein Quatsch, er muss sich doch keine Vorwürfe machen“, sagte Peter. „In erster Linie muss ich die Schuld bei mir selbst suchen. Weil ich ein Angsthase war und Schiss vor der Wahrheit hatte, bin ich nicht früher zu Mark oder Karin gegangen. Und ausserdem hat Karin ja auch nichts festgestellt, als sie mich untersucht hat. Aber du musst ihn bei mir nicht recht-fertigen. Ich verstehe das und würde wahrscheinlich genauso reagieren, wenn ich an seiner Stelle wäre.“

„Hat Mark mit dir über die Operation gesprochen“, fragte Enrico? „Nichts genaues. Er hat nur gesagt, dass der Blinddarm bereits durchgebrochen war und es dadurch ein paar Kompli-kationen gab. Mehr nicht“, sagte Peter.

„Ein paar Komplikationen ist gut. Weisst du eigentlich, dass du mehr Glück als Verstand hattest“, fragte Enrico? „Ja ich denke das weiss ich“, sagte Peter. „Mir wird ganz schlecht, wenn ich daran denke, dass mein Herz kurz ausgesetzt hat. Wenn die zwei nicht gewesen wären, würde ich jetzt nicht hier liegen und mich mit dir unterhalten.“

„Mark und Karin sind hervorragende Ärzte und Mark ein genialer Chirurg. Was die beiden vorletzte Nacht geleistet haben, war unglaublich, vor allem unter diesen Bedingungen. Da heisst es immer, Blinddarmoperationen seien Routine. Das mag ja stimmen, wenn man im Krankenhaus ist“, meinte Enrico. „Als ich Mark während der OP assistiert habe und den Wurm, oder das was davon noch übrig war, gesehen habe, Peter, ich sage dir, das sah gar nicht gut aus, die halbe Bauchhöhle war voller Eiter. Mark hatte Mühe alles zu erwischen.“

„Enrico, ich bin mir nicht sicher, ob ich alles so genau wissen möchte“, sagte Peter. „Wenn ich das so höre, mache ich mir schon Vorwürfe genug, das ich nicht früher was gesagt habe, dann hätte vielleicht das schlimmste verhindert werden können und es wäre erst gar nicht so weit gekommen. Aber hinterher ist man immer schlauer.“

In diesem Moment kam Karin zur Tür herein. Sie hatte die letzten Sätze der beiden zufällig mit angehört. Auf einmal war es total still im Zimmer, als hätte man die beiden bei etwas Unanständigen erwischt.

„Was muss ich da hören Peter“, fragte Karin? „Wenn du nicht sofort aufhörst, dir Gedanken und Vorwürfe darüber zu machen, warum und wieso das alles so gekommen ist, dann werde ich böse. Niemand kann etwas dazu und insbesondere möchte ich nicht, dass du dir deinen Kopf über das zerbrichst, was passiert ist. Konzentriere dich darauf gesund zu werden, das ist viel wichtiger. Wir brauchen dich und zwar voll einsatzfähig. Du wirst zwar ein paar Wochen brauchen bis du deine nächsten Einsätze fliegen kannst, umsomehr solltest Du die Zeit nutzen, um dich zu erholen“, schimpfte Karin. „Und du Enrico, musst Peter nicht sämtliche Details der Operation erzählen. Ich glaube nicht, dass das unbedingt zu seiner Genesung beiträgt.“ 

Enrico und Peter schauten ganz schuldbewusst drein. Mit dieser Reaktion von Karin hatten Sie nicht gerechnet.

„Aber ich…,  ein paar Wochen…“, versuchte Peter das Wort zu ergreifen. „Nichts aber“, sagte Karin. „Ich denke ich habe mich klar ausgedrückt, oder gibt es noch irgendwelche Fragen?“  „Nein! Eh ja Karin“, sagte Peter, „so kenne ich dich gar nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass du jemals so mit uns geschimpft hast. Ich komme mir vor wie ein kleiner Schuljunge, der etwas ausgefressen hat.“ „Wenn du ehrlich bist, benimmst du dich manchmal auch wie einer“, sagte Karin.

„Jetzt höre sich das einer an“, sagte Peter schmunzelnd zu Enrico. „Unsere liebe Frau Doktor meint es glaube ich ernst.“ Peter kicherte und zog sich die Bettdecke schützend bis über die Nasenspitze, kassierte aber trotzdem einen Klaps von Karin ein. „Werde bloss nicht frech“, sagte Karin lachend, „sonst lernst du mich kennen. Aber wenn du schon wieder dumme Sprüche klopfen kannst, bist du definitiv auf dem Weg der Besserung.“

Die drei mussten über sich selbst lachen. Biggi, Thomas und Mark wurden auf das Gekicher in Peters Zimmer aufmerksam und gingen nachsehen, um Ihre Neugier zu befriedigen.

„Was ist denn hier los“, fragte Biggi? Enrico startete den Versuch einer Erklärung, brachte vor Lachen aber kein Wort heraus. Die anderen schüttelten nur den Kopf. Peter war der erste, der sich wieder halbwegs fing. „Autsch, das ist gemein so viel zu lachen. Ich kann noch nicht mithalten, da tut mir der Bauch weh.“

„Dürfen wir mitlachen“, fragte Thomas „oder war das ein Insiderwitz?“ „Wir haben soeben eine neue Seite an unserer lieben Karin entdeckt“, erklärte Peter kichernd. Karin schickte einen warnenden Blick zu Peter. Thomas entging dies nicht. Er schaute erst Karin und dann Peter fragend an und sagte, „dass musst du mir näher erklären.“

„Frau Doktor greift neuerdings durch“, antwortete Peter. „Ich hab’s am eigenen Leib gespürt und komme mir vor wie ein kleiner Schuljunge, der etwas ausgefressen hat. Ich glaube ich muss mich in Zukunft vorsehen, sonst beziehe ich demnächst noch Schläge.“ „Naja, Sie wird schon Ihren Grund gehabt haben, aber auf andere hören, war noch nie so deine Stärke“, nahm Thomas ihn hoch. „Jetzt fang du nicht auch noch an. Immer auf den kleinen Sani, ihr seid richtig gemein. Ihr habt euch gegen mich verschworen“, schmollte Peter. Als er nur in grinsende Gesichter schaute und merkte, dass die anderen ihn hochnahmen, fing er auch an zu lachen. „Lass dich nicht ins Boxhorn jagen“, meinte Mark. „Gönn ihnen den Spass, du bist halt im Moment ein ideales Opfer.“

„Aber zu deiner Frage von vorhin, was wir mit dir heute unternehmen“, sagte Mark, „habe ich mir folgendes überlegt und auch mit Karin gesprochen, ob wir es vertreten können.“ „Jetzt spann mich nicht so lange auf die Folter“, sagte Peter. „Ich weiss, Geduld ist nicht eine deiner Stärken“, sagte Mark. „Aber wenn du ganz brav bist, heute ein Mittagsschläfchen machst und vorausgesetzt dass es dir gut geht, dann darfst du heute nachmittag das erste Mal kurz aufstehen und zu uns in Wohnzimmer kommen. Wir werden es dir dort bequem machen und dann ist es auch nicht mehr so langweilig für dich. Und ausserdem haben wir da mehr Platz.“ „Habe ich mich gerade verhört oder war das vielleicht ein Scherz“, fragte Peter?

Mark schüttelte den Kopf, „weder das eine noch das andere.“ „Ihr lasst mich heute wirklich aufstehen, ich glaub’s nicht. Womit habe ich das verdient“, fragte Peter? „Ich verspreche dir, ich werde alles machen, was ihr mir sagt, solange ich nur aus diesem Bett herauskomme.“

„Stell lieber nicht so dumme Fragen, sonst überlege ich es mir vielleicht wieder anders“, warnte Mark. „Das hast du hauptsächlich Karin zu verdanken. Ich hätte dich frühestens morgen aufstehen lassen, aber Karin meinte, wir sollten es heute schon mal versuchen.“

„Wir fangen heute ganz langsam an“, schaltete sich Karin ein. „Ich möchte nicht, dass du dich überanstrengst. Dein Kreislauf muss erst wieder auf Touren kommen.“

„Ok, dann wäre das geklärt“, sagte Mark. „Hhm Peter, wir wollen über die Mittagszeit mal für eine Stunde raus an die frische Luft und die Sonne geniessen. Ich möchte dich nicht so gerne alleine lassen, so fit bist du noch nicht. Deshalb werde ich bei dir bleiben, während die anderen unterwegs sind.“

„Kommt nicht in Frage Mark“, sagte Enrico. „Du hast genug getan und hast dir eine Pause verdient. Ich bleibe bei Peter und passe auf, dass er auch wirklich macht, was du ihm gesagt hast.“ „Nein Enrico, dass musst du nicht tun“, antwortete Mark. „Mark, ich dulde kein Widerwort“, sagte Enrico. „Die letzten Tage waren für dich am anstrengensten, das sieht man dir auch an. Oder hast du dich heute morgen bei mir nicht über Kopfschmerzen beklagt? Dann tut es dir erst recht gut, raus an die frische Luft zu kommen.“ „Naja, ich…“, versuchte Mark etwas zu sagen, Karin fiel ihm aber ins Wort. „Ich finde Enrico hat recht“, sagte Karin. „Ich habe keine Lust mich hinterher auch noch um dich kümmern zu müssen. Du kommst mit uns und Enrico bleibt hier. Das ist eine ärztliche Anordnung Mark.“ Als Mark Karins Blick sah, wagte er nicht mehr widersprechen.

„Ich weiss jetzt was du vorhin gemeint hast Peter, von wegen Karin und durchgreifen“, sagte Mark. „Ich sage jetzt glaube ich nichts mehr.“ Die anderen amüsierten sich köstlich über diesen Wortwechsel.

 

Biggi, Karin, Thomas und Mark machten sich auf den Weg, während Enrico bei Peter blieb. Mark musste sich eingestehen, dass die letzten zwei Tage nicht spurlos an ihm vorüber ge-gangen waren. Er konnte nicht richtig schlafen, weil er jederzeit damit rechnete mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen zu werden. Das machte sich jetzt natürlich bemerkbar, auch mit Kopfschmerzen, die ihn schon seit gestern abend plagten. Karin mit ihrer guten Beobach-tungsgabe hatte ihn durchschaut, zumal ihn Enrico vorhin auch noch verpfiff. Eigentlich hatten die beiden ja recht, die frische Luft tat ihm wirklich gut. Er konnte es sich jetzt nicht auch noch leisten flach zu liegen und Karin mit den Problemen alleine zu lassen. Klar, er und die anderen hatten sich ihre Ferien etwas anders vorgestellt, aber schliesslich konnte Peter nichts dafür, dass er krank geworden war. Mark lief ein paar Schritte hinter den anderen her. Er war so in seine Gedanken vertieft, dass er nicht mitbekam, dass Karin sich zu ihm hat zurückfallen lassen und ihn ansprach.

„Mark“, fragte Karin, „ist alles in Ordnung mit dir?“ „Eh ja, Entschuldigung ich war in Gedanken. Mir geht’s gut“, sagte er.

Sie blieben ein paar Schritte zurück, um sich ungestört unterhalten zu können.

„Du siehst ziemlich müde und kaputt aus. Warum sagst du mir nicht, dass du Kopfschmerzen hast, ich hätte Peter heute morgen versorgen können, dann hättest du noch etwas länger schlafen können“, sagte sie. „Ich wollte dir eine Ruhepause gönnen, weil du gestern schon so lange auf den Beinen warst“, antwortete er. „Ich schaffe das schon, Karin.“ „Bist du sicher? Hast du schon eine Tablette gegen deine Kopfschmerzen genommen? Sind sie jetzt wenigstens besser geworden“, fragte sie? „Nein, keine wesentliche Besserung, und ich habe auch keine Tablette genommen, es muss auch ohne gehen. Die frische Luft tut mir gut und wenn die Anspannung nachlässt werden die Kopfschmerzen schon irgendwann wieder vergehen“, antwortete er. „Deinen Optimismus möchte ich haben. Warum nimmst du keine Tablette oder hast du lieber Schmerzen“, fragte sie?

Sie gingen langsam weiter. Biggi und Thomas bemerkten, dass die beiden ganz in Ihr Ge-spräch vertieft waren und vermuteten, dass sie nicht gestört werden wollten.

„Ich an deiner Stelle, hätte schon längst was eingenommen, aber du scheinst hart im Nehmen zu sein. Weisst du, dass du manchmal ein richtiger Sturkopf sein kannst, genauso wie Peter. Ihr zwei passt gut zusammen“, meinte sie. „Ich ein Sturkopf, ich weiss nicht. Aber zu deiner Beruhigung, ich werde mich nachher für eine Stunde oder so auf’s Ohr legen“, sagte Mark.

„Das hoffe ich. Du hast die Pause dringend nötig, Mark. Aber du bist meiner Frage ausge-wichen, warum du keine Tablette genommen hast?“ „Ich versuche möglichst ohne Medi-kamente auszukommen und ich habe auch Probleme die Dinger runterzuschlucken“, erklärte er. „Es gibt auch sowas wie Spritzen“, sagte Karin. „Das ist ja noch viel schlimmer, die mag ich schon gar nicht“, sagte er. „Und sowas nennt sich Arzt“, schüttelte Karin den Kopf und musste über diese neugewonnene Erkenntnis schmunzeln.

„Weswegen lachst du jetzt“, fragte Mark. „Gebe ich im Moment ein so lustiges Bild ab?“ „Nein, eigentlich nicht, aber je mehr du erzählst, desto mehr ähnelst du Peter. Ihr zwei müsstet euch mal hören.“    

Karin und Mark schlossen wieder zu Biggi und Thomas auf. Die beiden haben sich in der Zwischenzeit auch prächtig unterhalten. Aber irgendwann ging auch ihnen der Gesprächs-stoff aus und sie liefen eine ganze Weile nur schweigend nebeneinander her. Nach fast zwei Stunden waren sie wieder zurück.

Enrico empfing sie, „na ihr habt’s ja ganz schön lange ausgehalten.“ „Ja kann man so sehen“, meinte Thomas. „Die frische Luft hat richtig gut getan. Wenn du nachher auch nochmal raus möchtest, dann komme ich mit dir.“ „Das ist eine gute Idee“, sagte Enrico. „Ich würde gerne noch gehen.“

„Aber jetzt habe ich erstmal einen Bärenhunger“, sagte Thomas. „Du hast nicht zufällig schon Mittagessen gemacht?“ „Ganz zufällig habe ich Essen gekocht. Peter hat auch schon gefragt, wann es was zu essen gäbe und ich habe auch langsam Hunger bekommen“, sagte Enrico. „Ihr könnt euch direkt an den gedeckten Tisch setzen.“

„Das nenne ich Service“, sagte Biggi. „Was hast du für Peter zu essen gemacht“, fragte Karin? „Ich habe für uns alle das gleiche gemacht, Eintopf und für uns gibt’s noch ein paar Würstchen dazu“, antwortete er. „Das passt“, sagte sie und setzte sich an den Tisch.

„Enrico“, fragte Mark, „wie ging’s mit Peter?“ „Alles in Ordnung. Er hat schon gegessen und sollte jetzt hoffentlich im Land der Träume sein und sein Mittagsschläfchen machen, wie du es angeordnet hast“, antwortete er. „Dann ist gut“, sagte Mark. Und zu allen, „seid mir nicht böse, wenn ich nicht mit euch esse, aber ich werde mich jetzt auch auf’s Ohr hauen, vielleicht sind ja anschliessend meine Kopfschmerzen weg.“ Dann verschwand er.

Enrico schaute Karin fragend an, „sind seine Kopfschmerzen immer noch nicht besser ge-worden?“ „Nein anscheinend nicht. Er will auch nicht auf mich hören und eine Tablette nehmen“, antwortete Karin. „Dann muss er eben leiden. Er ist alt genug, um das selbst zu entscheiden.“ „Aber nicht, dass er dann später rumjammert“, meinte Enrico. „Keine Sorge“, sagte Karin, „ich knüpfe ihn mir schon vor, wenn er es auf die Spitze treiben sollte. Er ist keine Maschine, die ohne Unterbrechung funktioniert.“  

Sie assen in aller Gemütlichkeit zu Mittag und räumten anschliessend noch die Küche auf.

 

„Enrico“, fragte Karin, „seit wann schläft Peter ungefähr?“ Enrico schaute auf die Uhr, „ich schätze seit ungefähr 11/2 Stunden. Warum fragst du?“ „Ich wollte es einfach nur wissen. Ich werde mal kurz nach den beiden schauen, ob sie auch wirklich schlafen“, sagte sie.

Karin ging erst  zum Zimmer von Mark, öffnete leise die Tür und streckte den Kopf rein. Mark lag im Bett. Als er die Tür hörte, hob er den Kopf.

„Entschuldigung“, sagte Karin, „ich hoffe ich habe dich nicht geweckt, ich wollte nur mal nach dir schauen.“ „Du hast mich nicht geweckt“, sagte Mark. „Ich habe bis jetzt kein Auge zugemacht, weil da oben jemand mit einem Hammer in meinem Kopf sitzt.“

„Verdammt Mark, warum sagst du mir nichts. Jetzt werde ich aber langsam wirklich sauer“, schimpfte Karin. Sie ging zum Bett, um sich Mark näher anzusehen. „Wo liegt der Kopf-schmerz“, fragte sie? „Die Schläfen und hinter der Stirn“, antwortete er. Sie legte die Hand auf Mark’s Stirn. „Fieber hast du aber keines. Ich bin gleich wieder da, das schaue ich mir nicht mehr länger mit an.“ „Warte Karin“, sagte er, aber sie war schon raus.

Mark hörte Karin mit Enrico reden, kurz darauf war sie wieder mit einem der beiden Notfallkoffer zurück.

„Karin, es sieht schlimmer aus als es ist“, versuchte er sie zu beschwichtigen. „Mark ich glaube dir kein Wort. Du liegst hier wie ein Häufchen Elend, aber es ist zu offentsichtlich dass es dir nicht gut geht“, sagte sie. „Du hattest in letzter Zeit einfach zuviel Stress und damit meine ich nicht die letzten zwei Tage sondern die letzten Wochen. Wann hast du das letzte Mal durchgeschlafen?“ „Ich glaube das ist schon eine Weile her“, antwortete er.

Karin fühlte nach dem Puls und mass den Blutdruck. Mark liess es über sich ergehen, er konnte sich nicht dagegen wehren. Und ausserdem war sie im Recht. „Dein Bludruck war auch schon mal besser.“ „Wie hoch ist er“, fragte Mark? „160 zu 100“, antwortete Karin. Sie nahm eine kleine Lampe und untersuchte noch die Augen.

„Hattest du in letzter Zeit schonmal so Kopfschmerzen.wie jetzt?“ „Nein!“ „Ist dir schlecht, Appetitlosigkeit oder sonst irgend etwas?“ „Nein, schlecht ist mir nicht, Essen könnte ich im Moment aber auch nichts“, sagte er. „Mark du gefällst mir im Moment gar nicht“, warf Karin ein. „Danke für das Kompliment“, meinte Mark. „Ich meine es ernst“, sagte sie. „Entschul-digung, ich weiss du meinst es nur gut, aber du weisst dass ich kein guter Patient bin. Es sind wirklich nur Kopfschmerzen, hervorgerufen von zu wenig Schlaf.“

„Soll ich dir nicht doch ein Analgetikum geben? Ich finde es wäre jetzt an der Zeit zu härteren Mitteln zu greifen, so quälst du dich doch nur rum. Und wenn du nicht bald schlafen kannst, wird es auch nicht besser werden“, meinte Karin. „Also gut“, sagte Mark, „ich gebe mich geschlagen. Ich sehe schon, du setzt deinen hübschen Kopf durch, Frau Doktor.“ „Bei aufsässigen Kollegen mache ich das immer und insbesondere bei solchen die nicht auf mich hören wollen“, sagte Karin.

Sie suchte im Koffer nach dem richtigen Medikament, „was hast du mir vorhin gesagt, Tabletten kannst du nicht schlucken und Spritzen kannst du nicht ausstehen. Da bleibt nicht viel übrig, Tropfen oder Zäpfchen.“ „Karin ich weiss ja nicht was du im Schilde führst, aber irgendwie gefällt mir dein grinsen nicht“, meinte Mark. „Ich suche nur nach Alternativen Mark“ und förderte eine Schachtel mit Diazepam-Zäpfchen zu Tage. „Tropfen haben wir leider nicht“, sagte sie. „Du meinst doch jetzt nicht im Ernst, dass du mir ein Zäpfchen (er wagte das Wort nicht auszusprechen) da unten reinschieben kannst, oder Karin? Das kannst du mir nicht antun.“ Er schaute etwas geschockt aus. „Ich bin im Moment nicht zu Scherzen aufgelegt“, meinte Mark. „Ich im Prinzip auch nicht“, sagte sie. „Wenn du mir wirklich das Zäpfchen gibst, wirst du mir das büssen. Aber vielleicht können wir uns doch auf die Spritze einigen, wenn ich jetzt ganz brav bin“, jammerte er.

Karin zog die Stirn in Falten. „Eigentlich sollte ich jetzt hart bleiben. Aber ich befürchte, dass du mir dann auf immer und ewig böse sein wirst.“ „Ganz recht“, meinte Mark.

Zu Marks Erleichterung packte Karin die Packung mit den Zäpfchen weg und holte dafür eine Einwegspritze und eine Ampulle hervor. „Was ist das“, fragte Mark? „Fentanyl. Ich möchte versuchen das so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen.“

Karin spritze das Medikament intravenös. Wie zu erwarten war, zuckte Mark beim Einstich der Nadel zusammen. „Halt still Mark, ich bin gleich fertig. Du bist doch kein kleines Kind mehr, das Angst vor einer Spritze hat.“ Sie zog die Nadel raus, „siehst du, war doch gar nicht so schlimm, oder?“ „Ich mag die Dinger einfach nicht und wehe du machst dich über mich lustig“, antwortete er. „Irgendwie schon ein bisschen“, sagte Karin grinsend und schüttelte nur den Kopf. „Mach nur weiter so“, sagte Mark, „dann bist du bald mindestens genauso schlimm, wie der Giftzwerg von Oberschwester, die mal bei mir auf der Station gearbeitet hat. Und sowas nennt sich liebe Kollegin!“ „War das ein Kompliment“, fragte Karin?

„Raus jetzt aus meinem Zimmer, dann kann ich jetzt vielleicht endlich versuchen zu schlafen“, schimpfte Mark. „Ich bin schon weg“, sagte sie und ging lachend raus.

 

Karin ging lachend zu den anderen und war nicht gerade erstaunt Peter vorzufinden.

„Du hast es aber auch eilig gehabt aus dem Bett zu kommen“, bemerkte Karin. „Mich hätten keine zehn Pferde abhalten können heute nachmittag aufzustehen. Während du bei Mark warst, hat mir Enrico geholfen mich anzuziehen und hier rüber zu kommen.“

„Und wie geht’s dir so“, fragte sie? „Ziemlich gut. Ich habe zwar einen Augenblick ge-braucht bis mein Kreislauf auf Touren kam und bis ich wieder auf eigenen Füssen stand, aber danach ging’s dann einigermassen“, meinte Peter. „Tu mir einen Gefallen“, sagte Karin, „sei vorsichtig und mache einen Schritt nach dem anderen, versprochen?“ „Versprochen, mache ich“, antwortete Peter.

„Warum hast du eigentlich gerade so gelacht, als du aus Mark’s Zimmer gekommen bist“, fragte Thomas? „Das würde mich auch interessieren“, sagte Peter. „Ich möchte auch mal wieder an Neuigkeiten teilhaben.“ „Ich glaube das erzählt euch Mark irgendwann am besten selbst. Ich habe mich bei unserem lieben Herrn Doktor eh schon unbeliebt gemacht.“ „Das ist gemein, jetzt spann uns nicht länger auf die Folter und erzähl schon“, sagte Biggi. „Ich sage nur soviel“, meinte Karin, „als das Mark mich auf die Palme gebracht hat und ich ihm die Leviten gelesen habe, weil er so unvernünftig ist. Und manchmal ist die Wahrheit schon hart.“ „Was ist eigentlich los mit Mark“, fragte Peter? „Ist er jetzt auch noch krank oder warum benimmt er sich so komisch?“ „Nein“, antwortete Karin, „aber wenn er so weiter-macht, wird es irgendwann so enden.“

„Was Karin damit sagen will ist, dass Mark keine Maschine ist, die ohne Unterbrechung funktionieren kann“, erklärte Enrico. „Mark hat seit gestern starke Kopfschmerzen, unter-nimmt aber nichts dagegen, nicht mal eine Tablette. Er denkt mit ein bisschen Schlaf würden sie verschwinden. Dem ist aber nicht so, weil er nämlich auch nicht richtig schlafen kann. Und Karin ist vorhin der Kragen geplatzt und sie hat ihn jetzt ruhiggestellt.“

Karin erzählte weiter. „Ich hatte eine solche Wut im Bauch, dass ich ihm zur Strafe fast ein Diazepam-Zäpfchen verpasst hätte, weil er weder Tabletten noch Spritzen ausstehen kann.“ „Moment mal, lenkte“ Thomas ein und fing schon an zu kichern. „Du meinst so richtig ein Zäpfchen, so wie bei kleinen Kindern. Die Aussicht darauf, hat ihm bestimmt nicht gefallen.“ „Hat ihm auch nicht gefallen, aber genau die meine ich“, sagte Karin. „Er hat sich mit Erfolg geweigert. Deshalb habe ich ihm eine Spritze verpasst und ihn hoffentlich für die nächsten Stunden ins Land der Träume geschickt.“

„Sag mal Karin“, fragte Peter, „hängt das alles eventuell mit mir zusammen, weil ich ihm respektive euch so viel Unannehmlichkeiten bereitet habe?“ „Nein Peter, mache dir bitte keine Vorwürfe. Die Ursache liegt nicht nur in den letzten zwei Tagen, sondern hat sich über die vergangenen Wochen aufgestaut“, sagte Karin. „Wenn du nicht gewesen wärst, wäre sicherlich etwas anderes gekommen.“ „Finde ich auch“, meinte Enrico. „Nimm das jetzt bitte nicht zu ernst, Peter.“

„Ok, ich finde wir sollten jetzt das Thema wechseln“, meinte Karin. „Ich habe nämlich Lust eine Runde Monopoly oder irgendetwas anderes zu spielen. Wie sieht’s mit euch aus?“

„Ich würde gerne, solange die Sonne noch scheint, für eine halbe Stunde raus“, sagte Enrico.  „Kommst du mit, Thomas?“ „Na klar komme ich mit.“

„Gut dann seid ihr zwei erstmal versorgt“, sagte Karin. „Wie sieht’s mit euch aus“ und schaute Biggi und Peter an? „Ich bin dabei“, sagte Peter, „kann ja sowieso nichts anderes machen.“ „Ich auch“, sagte Biggi.

 

Der Nachmittag wurde, trotz allen Hindernissen, doch noch ganz interessant und lustig. Nachdem Enrico und Thomas von Ihrem Spaziergang zurückgekehrt waren, schlossen sie sich dem heiteren Spielenachmittag an. Karin schaute zwischenzeitlich mal nach Mark, aber dieser schlummerte wie ein Murmeltier in seinem Bett und gab keinen Mucks von sich, zur allgemeinen Erleichterung.

„Peter“, sagte Karin, „ich finde für dich ist es jetzt auch an der Zeit wieder ins Bett zu gehen. Du warst für heute lange genug auf. Morgen ist auch noch ein Tag und du solltest es langsam angehen lassen und dich nicht überanstrengen.“ „Muss das sein“, fragte Peter? „Es ist erst sieben Uhr und ich bin doch kein kleines Kind, dass schon so früh ins Bett muss.“ „Nein das nicht, aber du bist krank und solltest dich schonen“, antwortete Karin. Bevor Peter irgend-einen Einwand vorbringen konnte, sagte sie noch schnell, „ich dulde kein Widerwort.“

Mit einem Murren stand Peter, mit Enricos Hilfe, aus dem Sessel auf. Peter musste sich ein-gestehen, dass er noch etwas wackelig auf den Beinen war. „Enrico wird dir helfen“, sagte Karin. „Ich komme dann gleich noch und gebe dir deine Medikamente.“

Biggi und Thomas mussten schmunzeln. „Du hast deine Pappenheimer ja ganz gut im Griff“, meinte Thomas. „Das muss ich auch, damit sie mir nicht auf der Nase herumtanzen. Was würdest du an meiner Stelle tun Thomas“, fragte Karin? „Vermutlich genau das gleiche wie du“, antwortete er. „Im Moment scheint eine starke Hand bei den beiden notwenig zu sein.“

 

Enrico kam nach einer Viertelstunde und meinte, „Karin, Peter liegt jetzt im Bett und wartet auf dich.“ „Na dann werde ich mal gehen, bin gleich wieder da“, sagte sie.

Sie ging in Peters Zimmer und fragte, „bist du böse dass ich dich schon so früh ins Bett schicke?“ „Ein bisschen schon, aber im Prinzip auch wieder nicht“, sagte er. „Ich weiss ich sollte mich noch schonen, aber morgen ist ja auch wieder ein Tag.“

Sie tätschelte ihm die Schulter und sagte, „ich denke das Heparin brauche ich dir nur noch heute zu spritzen, länger ist es nicht notwendig und einen neuen Infusionsbeutel hänge ich nicht mehr dran. Den Zugang lasse ich aber vorerst noch und das Antibiotikum werden wir auch noch eine Zeit lang spritzen müssen.“ „Ich denke damit kann ich leben“, sagte Peter. „Ich bin nur schon froh, dass ich heute das letzte mal dieses Thrombosezeugs bekomme.

Diese Spritzen konnte ich nicht ausstehen.“ „Na komm, ein letztes mal und du hast es hinter dir“, sagte Karin und stach die Spritze in den Oberschenkel. „Warum hast du das nicht schon früher machen können, bei dir tut das gar nicht weh“, sagte Peter? „So weh hat es bei Mark oder Enrico sicher auch nicht getan, oder“, sagte Karin? „Ich gebe dir noch das Antibiotikum dann bist du erlöst.“

Als sie fertig war, fragte sie, „brauchst du noch irgendetwas?“ „Nein danke. Ich lese noch ein bisschen und mache dann auch bald das Licht aus“, antwortete Peter. „Ok, dann wünsche ich dir eine gute Nacht“, sagte Karin und ging raus.

Auf dem Rückweg warf sie noch einen kurzen Blick in das Zimmer von Mark. Er schlief immer noch tief und fest. Sie dachte nur, da kann man mal sehen wie erschöpft er war. Karin schloss leise die Tür und ging wieder zu den anderen.

Sie sassen noch eine Zeit lang zusammen, bis auch sie gegen zehn Uhr ins Bett gingen und den Abend noch auf andere Art und Weise genossen.

 

 

Fortsetzung folgt……

 

 

Kapitel 8

 

Am nächsten Morgen, es war wieder ein herrlicher Tag, waren ausnahmsweise mal Biggi und Enrico die ersten, die aus dem Bett krochen. In der Hütte war es ansonsten noch total still. Die Beiden beschlossen sich anzuziehen und den Tag mit einem Spaziergang zu beginnen.

Als sie nach fast einer Stunde zurückkamen, war die ganze Hütte zum Leben erwacht. Selbst Mark war wieder unter den Lebenden und machte einen halbwegs ausgeschlafenen Eindruck.

 

„Na altes Haus, wie geht’s dir“, begrüsste ihn Enrico? „Altes Haus, vielen Dank“, sagte Mark. „Nein im Ernst, mir geht es viel besser. Die Kopfschmerzen sind weg, ich fühle mich fit und habe einen Bärenhunger.“ „Kein Wunder nach fast 18 Stunden Schlaf, jetzt weisst du was dir gefehlt hat“, meinte Karin. „Es soll dir eine Lehre sein Mark“. „Ich weiss, es wird nicht wieder vorkommen, ich verspreche es.“

„Hat eigentlich schon jemand Peter geweckt“, fragte Mark? „Nein, ich dachte ich lasse ihn schlafen, bis er von alleine aufwacht“, sagte Karin. „Na dann gehe ich mal nach ihm schauen, vielleicht ist er ja schon wach.“

Mark ging zu Peters Zimmer und streckte den Kopf rein. Es genügte ihm ein Blick, um die Gefahr zu erkennen in der sich Peter befand. Peter lag auf dem Rücken, schwer atmend und stöhnend. Seine Haare waren schweissnass, er hatte hohes Fieber und stand kurz vorm Delirium.

„Karin“, rief Mark drängend. „Ich brauche deine Hilfe, schnell“. Karin stürtzte in Peters Zimmer. Die anderen folgten, auch sie ahnten die Gefahr. Karin sah Peter und wusste sofort Bescheid. „Wahrscheinlich eine Peritonitis“, sagte sie. „Vermute ich auch“, sagte Mark und schlug die Bettdecke zurück, um Peters Bauch zu untersuchen. Die anderen standen um das Bett herum und warteten angespannt auf die Diagnose. Karin entfernte vorsichtig das grosse Pflaster und Mark fing an Peters Bauch abzutasten. Bei der ersten leichten Berührung stöhnte Peter laut auf. „Ist gut Peter, ganz ruhig, ich höre schon auf“, beruhigte ihn Mark. „Bauchfell-entzündung“ stelle Karin fest und Mark nickte nur bestätigend.

„Und was machen wir jetzt“, fragte Biggi?

„Karin, wie sieht’s mit unseren Medikamenten aus“, fragte Mark und liess Biggi’s Frage unbeantwortet? „Wir haben nur noch zwei Infusionsbeutel, Analgetika und Sedative haben wir zwar noch, aber nicht mehr viel. Ausserdem haben wir noch mehrere Ampullen Lokal-anästethikum“, antwortet sie. „Verdammt damit kommen wir nicht weit. Er muss schnellstens ins Krankenhaus, hier können wir nicht allzuviel für ihn tun“, sagte Mark.

Karin hatte Peter in der Zwischenzeit wieder eine Infusion angehängt und spritzte ihm gerade ein Schmerzmittel.

Thomas fragte, „soll ich in der Rettungsleitstelle anrufen, dass sie uns einen Heli schicken?“ „Ja und zwar schnell“, sagte Mark. „Hier geht es um jede Minute“. Thomas verschwand, holte sein Handy und rief die Leitstelle an. Nach ein paar Minuten kam er wieder. In seinem Gesicht konnte man die Antwort lesen. „Und“, fragte Biggi, „ist der Hubschrauber unter-wegs?“ „Nein, es gibt keinen Heli“, sagte Thomas. „Was! Verdammt, wieso“, fluchte Mark. „Unser Heli hatte einen Kurzschluss in der Elektronik und muss erst repariert werden und der Heli von Rosenheim ist zur Zeit bei einem Grosseinsatz und dort im Moment nicht abkömmlich“, erzählte Thomas, der sich schwer zusammenreissen musste, dass ihm keine Tränen in die Augen schossen. „Die Leitstelle hat mir versprochen, sofort Bescheid zu geben, wenn sie eine Alternative haben. Sie haben unsere Basis verständigt, dass der Heli dringend benötigt würde und dass sie ihn schnellstens wieder fit bekommen mussten. Der erste Heli der zur Verfügung steht, fliegt zu uns. Aber sie haben mir wenig Hoffnung gemacht, dass das in den nächsten zwei Stunden der Fall sein wird“, erzählte er weiter.

„Scheisse, was machen wir jetzt“, sagte Mark und schaute Karin an, deren Stirn sich in Falten zog. „So lange können wir nicht warten“, meinte sie, „sonst….“ Sie wagte es nicht das Wort in den Mund zu nehmen, aber jeder wusste was sie meinte. „Karin, Mark, ich habe Angst, helft mit bitte und lasst mich nicht sterben“, schluchzte Peter leise. Er hatte Tränen in den Augen. Karin strich Peter durchs Haar und versuchte ihn zu beruhigen. „Wir lassen dich nicht im Stich, uns fällt schon was ein“, sagte sie.

Karin gab Mark ein Zeichen ihr zu folgen. Sie gingen kurz vor die Tür.  „Mark, wir müssen was unternehmen, er stirbt uns sonst unter den Händen weg.“ „Ich bin deiner Meinung, es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis die ersten Organe versagen. Aber wir haben nur noch zwei Infusionen, die reichen sowieso nicht, und nur begrenzt Medikamente, sagte er“. „Aber wir haben noch antiseptische Lösung und noch das kleine chirurgische Besteck“, ergänzte Karin.“ „Ich verstehe auf was du hinaus willst. Du hast recht, das ist unsere einzigste Chance. Aber wir müssen es mit Lokalanästhesie machen, die Anästhetika reichen nicht mehr und ausserdem wird der Sauerstoff für die Vollnarkose knapp und sie belastet auch seinen Kreis-lauf zu sehr“, meinte Mark. „Die Operation wird sicherlich nicht angenehm für ihn. Er wird Schmerzen haben und einiges mitbekommen, aber wir haben keine andere Wahl“, sagte Karin. „Wir müssen versuchen ihn so gut wie möglich zu stabilisieren. Weisst du noch welche Blutgruppe Peter hat“, fragte sie noch? „Ja, A-positiv, warum“, fragte er? „Das ist gut, Biggi nämlich auch, dann werde ich ihr jetzt noch einen halben Liter Blut abzapfen für eine Bluttransfusion, die werden wir sicherlich brauchen“, erklärte sie.“ „Dann zapfe mir zuerst Blut ab, ich habe auch A-positiv. Wenn wir Glück haben, kommen wir dann damit über die Runden, bis der Heli da ist“, meinte Mark. „Bis du sicher, das du auch Blut spenden willst, Mark? Du musst noch operieren.“ „Ja, ich bin sicher. Er hat sonst keine Chance. Es wird schon alle gutgehen“, beruhigte er Karin.

Die beiden gingen wieder rein zu den anderen. Peter ging es zusehens schlechter. Sie mussten sich beeilen. Sie erklärten den anderen ihren riskanten Plan. Peter schossen auch Gedanken durch den Kopf. Er hatte grosse Angst, dass er das nicht überleben würde, aber er war froh, dass er jetzt wenigstens seine besten Freunde um sich hatte, die ihm in diesem Augenblick beistanden.

Karin und Mark schickten Thomas raus, um den grossen Tisch für die OP vorzubereiten. Enrico blieb bei Peter, um ihm beizustehen und ihn ein weiteres Mal für die OP bereitzu-machen. Karin ging mit Biggi und Mark ins Zimmer von Mark, wo sie sich auf das Doppel-bett legen konnten, damit sie ihnen das Blut für die OP abnehmen konnte.

 

„Gott sei Dank waren im Notfallkoffer drei Blutspendebeutel drin“, sagte sie zu Mark. „Was ein Glück, sonst hätten wir uns was anderes einfallen lassen müssen“, meinte er. „Biggi, alles klar bei dir“, fragte Karin? „Ja, du kannst loslegen“, antwortete sie. „Ok, Karin, ich bin auch bereit. Du musst nur noch die Staubinde zumachen und kannst dir dann eine Vene suchen.“

Karin zog die Staubinde fest, desinfizierte die Einstichstelle und entfernte den Schutz der Kanüle. Mark wurde etwas mulmig, als er die dicke Kanüle sah und wusste warum er Nadeln und Spritzen hasste. Karin klopfte mit dem Handrücken auf die Armbeuge, fand eine Vene und führte die Kanüle ein. „Mmh, ich hasse das“, sagte Mark. Karin ging um’s Bett herum und wiederholte den Vorgang bei Biggi. „So ihr zwei, stellt nichts an und bleibt schön liegen. Ich bin gleich wieder da. Ich schaue mal wie weit die Vorbereitungen sind“, sagte Karin.

„Keine Sorge wir laufen nicht weg“, rief Biggi Karin hinterher, die aber schon draussen war.

„Mark“, fragte Biggi, „wie stehen Peters Chancen, sei ehrlich? Wird er es schaffen?“ „Biggi, wenn ich das wüsste, wäre mir wohler. Er ist jung und stark, aber er ist auch geschwächt von der ersten OP, ganz zu schweigen von seinem momentanen körperlichen Zustand. Im Krankenhaus hätte er sicherlich bessere Chancen, aber was sollen wir machen. Wir versuchen ihn soweit wie möglich zu stabilisieren, und können nur hoffen, dass der Heli so schnell wie möglich kommt. Aber ich will ehrlich sein, die Chance, bei diesen Bedingungen, sind min-destens bei 50% das er es nicht schafft. Tut mir leid.“ „Oh mein Gott“, sagte Biggi. „Glaubst du das er es ahnt?“ „Ich denke schon. Durch seine medizinische Ausbildung weiss er genau was passiert ist und welche Folgen das hat“, sagte Mark. „Aber er ist ein Kämpfer Biggi.“

In diesem Moment kam Enrico zur Tür rein. „Na ihr Turteltauben, alles klar bei euch? Ich wollte mal sehen wie weit ihr seid. Die Beutel müssten bald voll sein.“ „Ja, meiner ist fertig, bei Biggi dauert es noch zwei Minuten“, meinte Mark.“ „Gut dann hänge ich erst dich ab und dann Biggi.“ Enrico machte sich an die Arbeit und war schnell fertig. „Ich hoffe das reicht.“ Enrico nahm die zwei Beutel mit Blut und wollte rausgehen als Mark auch direkt aufstehen wollte, um Karin bei den Vorbereitungen zu helfen. „Nein, Mark. Ihr bleibt noch mindestens fünf Minuten liegen“, sagte er zu Mark und drückte ihn wieder auf das Bett zurück. „Anweisung von Karin.“ Mark gehorchte widerwillig, legte sich aber wieder hin.  

Für die OP war alles vorbereitet. Karin bat Thomas und Enrico Peter auf den improvisierten OP-Tisch zu legen und Enrico schloss Peter an das EKG-Gerät an. Peter stöhnte vor Schmerzen, „Karin, ich halte es nicht mehr aus. Bitte gebe mir irgendwas gegen die Schmerzen.“ Karin schaute auf den EKG-Monitor, sie hatten nicht mehr viel Zeit. Peters Werte waren alles andere als gut. „Ich gebe dir Valium, dann geht’s dir gleich besser“, beruhigte sie ihn. „Versuche ruhig zu bleiben.“ Karin desinfizierte das Operationsfeld und deckte Peter ab. Dann bereitete sie mehrere Spritzen mit Lidocain vor. „Peter ich spritzte dir jetzt das Anästhetikum. Du wirst gleich mehrere Einstiche im Bauch spüren. Das ist viel-leicht etwas unangenehm. Bitte versuche dich zu entspannen.“ „Ich versuch’s Karin, aber das ist gar nicht so leicht“, sagte Peter.

„Wie weit seid ihr und was ist mit Mark“, fragte Karin? „Ich bin hier“, sagte Mark. Er stand fertig gewaschen und im OP-Hemd hinter ihr. „Ok, ich wasche mich auch noch schnell und dann können wir anfangen“, sagte sie. Mark zog sich sterile Handschuhe über und legte sich die Instrumente zurecht. „Thomas und Biggi ihr haltet euch bitte bereit, für alle Fälle und falls ihr den Heli hört. Enrico du überwachst Peter“, wies Mark sie an. „Karin operiert mit mir.“ Mark warf einen kritischen Blick auf das EKG und dachte sich, hoffentlich geht das gut. „Peter lassen die Schmerzen nach?“ „Im Moment bin ich schmerzfrei, ich spüre gar nichts“, antwortete Peter. „Ok Peter, das ist gut. Wir haben vorhin erklärt wie wir es machen werden. Du musst keine Angst haben. Während der OP wirst du immer spüren, dass etwas passiert. Wahrscheinlich hast du im späteren Verlauf Schmerzen, dann spritzen wir nochmal Lidocain nach, aber ich kann nicht garantieren, dass du dann völlig schmerzfrei sein wirst“.  In dem Moment kam Karin zurück, ebenfalls im OP-Hemd. Sie streifte sich auch die sterilen Handschuhe über. Enrico nahm Peters Kopf und überstreckte diesen nach hinten, damit die Zunge nicht zurückfiel und die Atmung blockierte.

Mark zwickte Peter in den Bauch, „spürst du das?“ „Nein Mark. Fang endlich an, ich will es hinter mich bringen.“ „Ok, wir fangen an. Karin das Skalpell bitte“, sagte Mark und schnitt die Naht der vorherigen OP auf. Enrico beobachtete Peter, redete mit ihm und versuchte ihn von der Operation abzulenken.

Mark arbeitete sich durch die einzelnen Gewebeschichten, bis er auf den Abszess in der Bauchhöhle stiess. „Karin, siehst du das“, fragte er? „Ist ganz schön gross“, sagte sie. „Ich entferne den Abszess und lege eine Drainage. Peter, kannst du die Schmerzen noch aus-halten“, fragte Mark? „Im Moment geht es.“ Mark fing an den Abszess zu entfernen, was gar nicht so einfach war, da dieser recht gross war. Plötzlich fing Peter an zu stöhnen und sich zu winden. „Aufhören, Mark“, schluchste er. „Festhalten schnell“, rief Mark. Thomas griff nach Peters Füssen und hielt ihn fest, Enrico hielt Peter an den Schultern. „Ruhig Peter, es ist gleich vorbei, halte durch“, beruhigte ihn Enrico. „Es tut so weh“, stöhnte Peter. „Ich weiss, du hast es bald geschafft“, sagte Karin. „Ich spritze dir nochmal Lidocain, dann wird es gleich besser werden, aber die Schmerzen werden vermutlich nicht ganz weggehen.“ „Danke Karin“, schluchste Peter der Tränen in den Augen hatte. „Peter, ich weiss, es ist unangenehm, aber ich muss den Abszess entfernen und eine Drainage legen, dass die Flüssigkeit abfliessen kann“, erklärte Mark. „Dann mache ich zu und der Rest wird später im Krankenhaus gemacht.“

Mark und Karin arbeiteten schnell und gründlich. Peter war im Moment relativ ruhig. Enrico versuchte ihn so gut es ging abzulenken. Er hängte gerade den zweiten Blutbeutel dran, als Peter wieder anfing zu stöhnen. Biggi hielt ihn sofort fest. Dann fing das EKG-Gerät heftig an zu pipsen. „Er ist tachykard Mark“, sagte Enrico. Im gleichen Moment verdrehte Peter die Augen und sein Kopf fiel zur Seite. „Mark er ist bewusstlos“. „10mg Xylocain Enrico und häng noch den letzten Infusionsbeutel dran.“ Nach einer bangen Minute sagte Enrico „der Kreislauf stabilisiert sich wieder.“ „Gott sei Dank“, sagte Karin. „Wir sollten sehen das wir fertig werden. Thomas kannst du nochmal bei der Leitstelle anrufen und nach dem Heli fragen. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn er nicht schnellstens in die Klinik kommt, stirbt er uns unter den Händen weg.“ „Ich bin schon unterwegs, Karin“, sagte er.

Kurze Zeit später kam Thomas zurück. „Sie sagen es dauert noch ca eine halbe Stunde. Als Max hörte, dass Peter derjenige ist der Hilfe braucht, hat er den Tourbo eingeschaltet. Unser Heli ist in ein paar Minuten flugbereit. Die Klinik in Murnau ist schon informiert und bereitet alles vor“, erzählte Thomas. „Wenigstens einmal gute Nachrichten“, meinte Karin.

Karin und Mark waren mit der Not-OP so gut wie fertig. Sie fixierten noch die Drainage und Mark machte die letzten Stiche der Naht. Die OP war zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht mehr als ein Provisorium. „So fertig für’s erste, jetzt können wir nur noch warten“, meinte Mark.

„Mark, irgendwie gefallen mir Peters Werte nicht.“ „Du hast recht, die sind alles andere als gut.“ „Er atmet zwar noch selbstständig, aber ich habe ein ungutes Gefühl“, sagte Karin. „Ich werde ihn intubieren und wir müssen ihn beatmen bis der Heli kommt.“ Kaum dass sie die Worte ausgesprochen hatte, sackte Peters Kreislauf in den Keller und sein Herz fing an zu flimmern. Mark rief, „Enrico mache den Defi fertig, 200 Joule und gebe ihm 1mg Adrenalin.“ Karin intubierte Peter in der Zwischenzeit und beatmete ihn bis der Defi sich aufgeladen hatte. Enrico verabreichte Peter das Adrenalin in die Kanüle. Mark schockte mit 200 Joule, dann mit 250 Joule, aber nichts passierte. Karin beatmete ihn zwischendurch und Enrico machte die Herzdruckmassage zwischen den einzelnen Elektroschocks. „Bitte nicht Peter, du musst jetzt kämpfen. Das kann es nicht gewesen sein. Lass uns nach der ganzen Arbeit nicht in Stich“, flehte Mark, dessen Anspannung jetzt deutlich zu spüren war. Thomas und Biggi, die das ganze entsetzt und hilflos beobachteten, lagen sich in den Armen. Ihnen liefen die Tränen über die Wangen.

 

Karin und Mark versuchten Peter jetzt schon 20 Minuten wiederzubeleben, bis jetzt ohne Erfolg. Es schien, als hätte sein geschwächter Körper einfach aufgehört zu kämpfen. Sie waren sich alle bewusst, wenn jetzt nicht bald etwas geschah, dann hätten sie Peter verloren.

„Enrico, wieviel Adrenalin haben wir noch“, fragte Karin? „Eine Ampulle“, kam die Antwort prompt. „Mist, wenn der Heli nicht bald da ist…“, den Rest sprach sie nicht aus. „Enrico, ich  spritze die letzte Ampulle direkt ins Herz. Das ist unsere letzte Chance.“ Karin nahm von Enrico die Spritze mit der Kardionadel entgegen und stach sie direkt durch den Brustkasten in Peters Herz. Mark machte die Herzdruckmassage weiter. Plötzlich gab das EKG-Gerät einen Pipser von sich und zwei Sekunden später noch einen. „Ich glaube wir haben ihn wieder. Wurde ja auch Zeit“, sagte Mark. Der Sinus-Rythmus pendelte sich langsam ein. Er war zwar noch etwas arrythmisch, aber immerhin. „Ich habe auch wieder einen schwachen Puls“, sagte Karin. „Gott sei Dank“, sagte Mark.

Plötzlich fragte Thomas, „Biggi hörst du das auch? Das ist doch eine BK“ „Ja ich höre es. Ich glaube du hast recht“, sagte sie. Die Beiden sprinteten nach draussen und tatsächlich, da flog ihr Baby. Sie winkten, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Pilot hatte sie auch sofort bemerkt und brachte den Heli in den Schwebeflug. Die hintere Tür wurde geöffnet und der Notarzt Dr Martin Christberg, der Karin und Mark vertrat, liess sich an der Winde zu ihnen runter. Sie rannten in die Hütte. Mark erklärte Martin kurz die Situation. In der Zwischenzeit kam auch die Sanitäterin Katja Heinemann mit dem Bergesack zur Tür herein. Gemeinsam lagerten sie Peter um.

„Ich fliege mit euch“, sagte Mark und zog sich eilig seine Schuhe und die Jacke an. „Bist du sicher, dass du nicht hierbleiben willst“, fragte Martin. „Ja! Ich komme ja wieder zurück, aber ich habe Peter versprochen, dass ich ihn im Krankenhaus abliefere und bis nach der OP bei ihm bleibe.“ „Ok, dann komm. Du gehst am besten mit Katja zuerst hoch. Ich komme mit Peter hinterher.“ Sie trugen Peter gemeinsam raus. Mark schaute nochmal in die gezeichneten Gesichter seiner Freunde. „Wir werden es schaffen. Wir brauchen ihn doch noch“, sagte Mark sichtlich gerührt. „Viel Glück“, wünschten sie ihm. Dann liess er sich mit Katja hoch-ziehen und Martin folgte mit Peter. Als sie alle oben waren, drehte der Heli ab und flog mit voller Geschwindigkeit in Richtung Murnau.

Karin, Biggi, Thomas und Enrico blieben vor der Hütte stehen und blickten dem Heli nach, bis er am Horizont verschwunden war. Sie konnten jetzt nur noch warten, bis hoffentlich irgendwann mal der erlösende Anruf von Mark aus dem Krankenhaus kommen würde. Das würde ein langer Tag werden.

Peter war zur Zeit einigermassen stabil. Die Flugzeit in die Klinik betrug ca 15 Minuten. Sie waren angemeldet und der OP bereits vorbereitet. Martin fragte Mark nochmal nach den genauen Geschehnissen und wie es überhaupt hat so weit kommen können. Mark erklärte ihm in aller Ausführlichkeit den Verlauf und das ihnen vor zwei Tagen, aufgrund des schlechten Wetters und weil es mitten in der Nacht war, nichts anderes übrig blieb als zu operieren

„Was ein Glück hattet ihr die komplette Notfallausrüstung dabei“, sagte Martin. „Das kannst du laut sagen. Karin hatte darauf bestanden“, sagte Mark. „Wir landen in zwei Minuten an der Klinik“, unterbrach sie der Pilot.

Als sie landeten wartete schon ein Empfangskomitee auf sie. Sie luden Peter aus und rannten mit der Rolliege durch die Notaufnahme und fuhren mit dem Aufzug direkt in das Stockwerk mit den OP’s. Mark erklärte unterwegs, was passiert war und welche Medikamente sie verab-reicht hatten. Er bat ausserdem den zuständigen Oberarzt bei der Operation assistieren zu dürfen, da dies der Wunsch des Patienten sei.

„Schönen Urlaub den sie da hatten, Dr. Harland“, sagte der Oberarzt, der Mark und Peter von anderen Einsätzen her kannte. „Die Schwester wird ihnen zeigen, wo sie sich umziehen können.“ Mark verabschiedete sich von Martin und dankte ihm und Max für die schnelle Hilfe.

 

Mark und der diensthabende Oberarzt operierten Peter ein weiteres Mal. Diesmal aber wenig-stens unter regulären Bedingungen. Die Operation dauerte nochmal 1 ½ Stunden, da sie äussertst sorgfältig vorgingen und jeden Quadratzentimeter Bauchraum genau unter die Lupe nahmen und mit antiseptischer Lösung ausspülten, damit keine neuen Entzündungen ent-stehen konnten. Peters Kreislauf war zwar nicht der beste, aber immerhin stabil. Nach der OP brachten sie Peter auf die Intensivstation. Er wirkte schwach und zerbrechlich zwischen all den Schläuchen und Monitoren, die an seinen Körper angeschlossen waren. Er war noch nicht über den Berg und musste ständig beobachtet werden. Mark und der Oberarzt ent-schlossen sich Peter in ein künstliches Koma zu versetzen. Sie hofften damit die Heilung zu beschleunigen.

Erst nachdem das alles vorbei war, wurde Mark bewusst, dass er seit mehr als 24 Stunden nichts mehr gegessen hatte. Er ging in die Cafeteria, um etwas zu essen und die anderen an-zurufen und ihnen zu berichten wie es Peter ging. Er rief auf Thomas‘ Handy an und sprach dann mit Karin, damit sie es den anderen dann in verständlichen Worten und nicht im Medizinerlatein erzählen konnte.

„Karin, es ist heute sowieso zu spät zurückzufahren. Ich werde heute Nacht hier bleiben und morgen dann mit meinem Auto kommen.“ „Ist gut Mark. Ich werde die anderen grüssen. Wir sehen uns dann morgen. Mach’s gut!“ Dann legte sie auf.

Mark ging zurück zur Intensivstation und blieb noch eine Weile an Peter’s Bett sitzen. Es gab keine Veränderung und aufwachen würde er in nächster Zeit auch nicht. Man konnte jetzt nur noch warten und hoffen, dass sich sein Zustand besserte. Mark hinterliess bei der Schwester seine Telefonnummer und bat, bei sämtlichen Veränderungen verständigt zu werden.

Dann nahm er sich ein Taxi nach Hause.

 

 

Kapitel 9

 

Am nächsten Morgen stand Mark gegen sieben Uhr auf. Er wollte, bevor er sich auf den Weg machte, noch kurz im Krankenhaus bei Peter vorbeischauen. Gegen halb neun war Mark in der Klinik. Er ging direkt zur chirurgischen Intensivstation, wo er an Peters Bett auch auf den behandelnden Oberarzt traf

„Es tut mir leid, aber bis jetzt hat sich der Zustand von Herrn Berger noch nicht gebessert, aber er hat sich auch nicht verschlechtert. Er hat immer noch leichtes Fieber, aber angesichts der schweren Infektion ist das auch kein Wunder“, berichtete der Arzt. Mark nickte das er verstand. „Ich nehme an, sie werden ihn in den nächsten Tagen noch im künstlichen Koma lassen, bis sein Zustand sich gebessert hat“, sagte Mark. „Ja werden wir. Fahren sie zurück zu ihren Kollegen. Sie können im Moment eh nichts tun. Sagen sie mir nur, wie wir sie in den nächsten Tagen erreichen können, Dr. Harland.“ „Die diensthabende Schwester hat meine Nummer. Ich fahre jetzt wieder zurück, aber ich nehme an, dass wir unseren Urlaub ab-brechen werden und morgen wieder hier sein werden. Ich glaube, dass keiner von uns seinen Urlaub geniessen kann, wenn ein Kollege von uns in Lebensgefahr schwebt“, meinte Mark. „Kann ich verstehen. Ich halte sie auf dem Laufenden Dr. Harland. Aber seien sie gewiss, Herr Berger ist bei uns gut aufgehoben. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, dass er wieder gesund wird.“ „Davon bin ich überzeugt. Vielen Dank“, sagte Mark.

 

Mark setzte sich in sein Auto und fuhr ca zwei Stunden, bis er zu dem Parkplatz der Seilbahn kam. Er parkte sein Auto direkt neben Thomas‘ Minivan. Ausser einem Rucksack hatte er nichts dabei. Mark nahm die nächste Gondel nach oben. Er hatte niemandem Bescheid gesagt wann er kommen würde, absichtlich. Mark wollte den ganzen Weg zur Hütte laufen. Das waren ca 2 ½ Stunden. Er wollte alleine sein, um über alles nachzudenken, was in den letzten Tagen passiert war.

Die frische Luft tat ihm gut. Er genoss es, alleine durch die verschneite, ruhige Landschaft zu laufen und seine Seele baumeln zu lassen. Ihm schoss so mancher Gedanke durch den Kopf, ob sie nicht doch etwas falsch gemacht hatten. Wenn sie vielleicht früher reagiert hätten, wäre es wahrscheinlich gar nicht so weit gekommen. Was wäre wenn? Niemand konnte sagen, ob es anders gekommen wäre. Es war müssig, sich jetzt Gedanken darüber zu machen. Sie mussten jetzt ihre ganze Kraft darauf verwenden, dass Peter wieder gesund wurde.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

Mark wollte nachher mit den anderen sprechen, ob sie ihren Urlaub nicht lieber abbrechen  und die restlichen Tage abwechselnd bei Peter im Krankenhaus verbringen sollten. Vielleicht würde das Peter ja bei der Genesung helfen. Er war sich sicher, dass Peter merkt, auch wenn er im Koma liegt, dass jemand bei ihm ist.

 

Ziemlich genau nach 2 ½ Stunden war Mark an der Hütte angekommen. Er ging rein und begrüsste seine Freunde. „Hallo, da bin ich wieder“, sagte Mark und umarmte Karin und Biggi. „Hallo Mark“, sagte Thomas. „Wie bist du denn jetzt hierher gekommen, mit dir haben wir noch gar nicht gerechnet?“ „Ich bin mit meinem Auto gekommen. Das steht unten auf dem Parkplatz neben deinem. Von der Bergstation bin ich dann in 2 ½ Stunden hierher gelaufen. Glaub mir das hat gut getan“, sagte Mark. „Das glaube ich. Erzähl mal, wie geht’s Peter“, fragte Karin? Auch die anderen waren schon ganz gespannt.

Mark fing an zu erzählen. „Wie ihr wisst ist die Operation soweit ganz gut verlaufen. Sein Kreislauf ist noch etwas schwach, aber einigermassen stabil. Er hatte heute morgen, als ich nochmal kurz im Krankenhaus war, immer noch leichtes Fieber, aber die Infektion war so schwer, dass das weiter nicht verwunderlich ist. Wir haben ihn in ein künstliches Koma versetzt, in der Hoffnung, dass das die Heilung beschleunigt. Bis jetzt ist er aber noch nicht über den Berg.“ „Mark, meinst du er schafft es“, fragte Biggi? „Er ist uns ein so guter Freund geworden, wir wollen ihn nicht verlieren.“ „Biggi, wenn ich das wüsste wäre mir wohler. Ich habe auch Angst um ihn, aber ich weiss es nicht. Er ist ein Kämpfer, von daher denke ich positiv. Die nächsten Tage werden ganz entscheidend sein. Wir müssen Peter so gut es geht unterstützen.“ „Aber wie soll das gehen“, fragte Thomas, „er liegt doch im Koma?“ „Es ist erwiesen, dass Patienten die im Koma liegen einiges von ihrer Umgebung mitbekommen“, erklärte Karin. „Wir müssen mit ihm sprechen, ihm etwas erzählen und das Gefühl geben, dass er nicht alleine ist.“

„Wo wir gerade davon sprechen“, sagte Mark, „ich habe mir unterwegs hierher auch schon meine Gedanken gemacht. Ich weiss, nicht wie ihr denkt, aber ohne Peter ist der Urlaub nicht mehr das Gleiche, plus mir ist irgendwie die Lust vergangen. Ich denke, wir haben jetzt eh keine ruhige Minute mehr, bis wir wissen, dass Peter ausser Gefahr ist.“ „Ganz meine Meinung“, bestätigte Enrico, „mir geht’s genauso. Wir sollten unseren Urlaub abbrechen und nach Hause fahren. Peter braucht uns jetzt viel dringender.“ Die anderen bestätigten die Meinung. Sie waren sich einig. „Ok dann ist das geklärt“, sagte Mark. Ich hatte schon fast ein schlechtes Gewissen.“

„Dann werde ich jetzt mal unser Taxi für morgen organisieren“, sagte Mark. „Brauchst du nicht“, sagte Karin, das haben wir heute vormittag schon gemacht. Wir sind heute hinge-laufen und haben deinem Bekannten die Situation erklärt. Er holt uns morgen früh ab.“ „Aber…,“ sagte Mark. „Wir hatten die gleichen Gedanken Mark“, sagte sie.

 

Sie sassen den ganzen Nachmittag zusammen und redeten über die letzten und die noch kommenden Tage. Sie wollten nicht gleich wieder anfangen zu arbeiten, sondern die ver-bleibenden Urlaubstage nutzen, Peter abwechselnd im Krankenhaus zu besuchen. Gegen Abend machten sie zuerst was zu essen und fingen anschliessend an die ganzen Lebensmittel und ihre eigenen Sachen zusammenzupacken. Mark packte noch die Tasche von Peter. Während er dies tat, schossen ihm immer wieder Gedanken an Peter durch den Kopf. Er setzte sich auf Peters Bett und stützte den Kopf in die Hände. Er hatte einen Kloss im Hals und Mühe die Tränen zu unterdrücken und konnte nicht verhindern, dass ihm ein, zwei Tränen die Wangen runterliefen. Er bemerkte nicht einmal wie Karin ins Zimmer kam und sich neben ihn auf das Bett setzte. Sie legte ihren Arm um seine Schulter und zog ihn zu sich heran, um ihn in die Arme zu schliessen. Erst da wurde ihm richtig bewusst, dass sie da war. Er erwiderte die Umarmung und fing an zu weinen. Auch Karin konnte sich jetzt nicht mehr zurückhalten. Ihr liefen ebenfalls Tränen an den Wangen runter. Es tat ihnen beiden gut. Nach einer Weile löste Mark sich aus der Umarmung. „Es tut mir leid. Es ist mir peinlich, wenn du mich so siehst  Ich hätte nicht gedacht, dass mir die Sache so nahe geht“, sagte Mark und wischte sich die Tränen mit einem Taschentuch ab. „Das muss es nicht“, antwortete Karin, „mir geht es genauso.“ Sie strich ihm nochmal über die Schulter, bevor sie aufstand. „Soll ich dir beim Packen helfen“, fragte sie? „Nein, dass ist schon in Ordnung. Ich bin eh gleich fertig. Geh wieder zu den anderen, ich komme gleich nach.“

An diesem Abend sassen sie nicht mehr allzu lange zusammen. Es wollte verständlicher Weise keine Stimmung aufkommen. Und da sie am nächsten morgen früh aufbrechen wollten, hatte auch keiner Einwände dagegen, früh zu Bett zu gehen.

 

Am nächsten Morgen standen sie um acht Uhr fertig bepackt in der Hütte und warteten auf die Kutschen, die auch ziemlich gleich kamen. Sie verstauten das ganze Gepäck, machten nochmal einen Kontrollgang in der Hütte und machten sich auf den Weg. Auf dem ganzen Weg zur Bergstation wurde kaum ein Wort gesprochen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Nach einer Stunde Fahrt waren sie da. Sie luden alles in die Gondel, verabschiedeten sich von Marks Bekannten und fuhren runter ins Tal. Da Mark sein Auto ja auch auf dem Parkplatz stehen hatte, konnten sie sich auf der Rückfahrt aufteilen und hatten es dadurch etwas bequemer. Sie fuhren gemeinsam los, zuerst nach Murnau in die Klinik, um nach Peter zu sehen.

In der Klinik angekommen, gingen sie direkt zur Intensivstation. Die Oberschwester bekam schon einen Schrecken als die Sechs auf die Station kamen und alle gleichzeitig zu einem Patienten wollten. Sie war gerade dabei Einwände vorzubringen, wurde aber von dem dazu-kommenden Oberarzt unterbrochen.

„Ist schon gut, Schwester Lisa, das sind alles Kollegen von Herrn Berger, dem Sanitäter von Medicopter 117. Sie können sie zu ihm führen“, sagte der Arzt. „Ist gut Doktor“, sagte sie. Und zu den anderen, „bitte ziehen sie sich diese Kittel an und folgen mir.“ „Danke“, sagte Mark. „Dr. Schneider, wie geht es Herrn Berger heute“, fragte Mark noch? „Bis jetzt leider unverändert. Sein Zustand hat sich zu gestern leider nicht wie erhofft verbessert. Er hat immer noch Fieber, einzig sein Kreislauf wird langsam stabiler. Er ist noch nicht über den Berg. Wenn sie jetzt zu ihm gehen, spürt er vielleicht ihre Anwesenheit und sein Zustand bessert sich. Bleiben sie so lange wie sie möchen.“ „Danke“, sagte Karin.

Als sie Peters Zimmer betraten, waren sie ganz still. Biggi und Thomas erschraken als sie Peter blass, zwischen den vielen Schläuchen, in dem Bett liegen sahen. „Oh Gott“, sagte Biggi, „die vielen Schläuche. So schlimm hätte ich es mir nicht vorgestellt.“

Sie standen links und rechts vom Bett. Mark und Karin warfen zuerst einen kritischen Blick auf die Monitore, Biggi strich Peter eine Haarsträne aus der Stirn und Thomas nahm Peters Hand in seine und meinte, „du darfst nicht sterben Kumpel, Mensch wir brauchen dich doch noch.“ Enrico legte seine Hand auf Peters Schulter und sagte, „wenn du wieder aufwachst, stelle ich dir meine Schwester Stella vor. Ich glaube ihr beide würdet noch gut zusammen-passen. Was meinst du?“

Sie sassen jetzt schon relativ lange bei Peter, anfangs sagte keiner ein Wort, später unter-hielten sie sich hauptsächlich über alte Einsätze mit Peter. Sie sprachen ihn immer wieder an, aber er zeigte keinerlei Reaktionen. Karin, meinte, „wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht merkt er das wir da sind, sprecht mit ihm und drückt zum Beispiel seine Hand.“ „Wie lange kann dieser Zustand andauern, ich meine, wacht er irgendwann wieder auf“, fragte Thomas? „Wie lange das dauern kann weiss niemand. Er liegt im künstlichen Koma, dass heisst es ist ein durch Medikamente herbeigeführtes Koma“, erklärte Mark. „Dr. Schneider sagte mir vorhin noch, dass sie diese Medikamente heute morgen abgesetzt haben, er schläft jetzt. So blöd es klingt, aber irgendwann wird ihm hoffentlich sein Körper sagen, Peter du kannst jetzt aufwachen und dann erst ist er über den Berg.“

Nach einer Weile sagte Karin, „ich glaube wir sollten jetzt gehen. Wir können heute eh nichts mehr ausrichten. Ich möchte auch gerne nach Hause und meine Sachen auspacken Lasst uns lieber morgen früh wieder herkommen, vielleicht sieht es dann schon besser aus.“ „Ich glaube du hast recht“, sagte Enrico, „ich bin irgendwie auch erledigt.“

Sie verabschiedeten sich von Peter als sei er wach und machten sich auf den Weg. Bevor sie sich für den Rest des Tages trennten, machten sie noch aus, sich morgen vormittag bei Peter im Krankenhaus zu treffen. Dann fuhren Karin und Thomas nach Hause, Mark nahm Biggi und Enrico mit und bracht sie zur Basis, wo sie ihr Auto stehen hatten.

 

Am nächsten Morgen. Karin und Thomas sassen am Frühstückstisch. Sie hatten sich überlegt Thomas‘ Töchter heute noch bei seiner Mutter abzuholen, sich aber dann doch dagegen ent-schieden. Lisa und Laura waren gern bei der Oma, vor allem weil sie dort Sachen machen konnten, die Thomas ihnen nicht erlaubt hätte. Ausserdem wollten er und Karin soviel Zeit wie möglich bei Peter verbringen. Die ganze Mannschaft hatte noch vier freie Tage, bis sie wieder anfangen musste zu arbeiten. Hoffentlich würde sich Peters Zustand bis dahin ver-bessern.

Bei Biggi und Enrico ging es am Morgen ebenfalls gemütlich los. Sie hatten lange geschlafen und gar keine grosse Lust aufzustehen, wenn da nicht Peter gewesen wäre. Enrico stand gegen neun Uhr auf und wollte Biggi mit einem Frühstück im Bett überraschen. Die Über-raschung gelang ihm. Biggi freute sich riesig darüber. Sie kuschelten noch eine Zeit lang im Bett, bevor auch sie sich fertig machten und ins Krankenhaus fuhren.

Bei Mark fing der Tag weniger erfreulich an. Er hatte niemanden mit dem er seine Gedanken austauschen konnte. Seit zwei Tagen zermarterte er sich das Gehirn was er hätte anders machen können. Er würde wahrscheinlich erst wieder zur Ruhe kommen, wenn Peter ausser Gefahr ist. Die letzten Tage brachten auch wieder die Gedanken an seine verstorbene Frau hoch. Damals war es ähnlich, nur die Krankheit war eine andere. Er liebte seine Frau noch immer, aber so konnte es nicht weitergehen. Irgendwann musste er die Gedanken an sie los-lassen. Er nahm sich vor mal mit Thomas darüber zu sprechen, der seine Frau bei einem Unfall verloren hatte. Er würde ihn wahrscheinlich am ehesten verstehen.

 

Im Laufe des Vormittags trafen sie einer nach dem anderen im Krankenhaus ein. Als Mark kam waren schon Karin und Thomas da, Biggi und Enrico folgten eine halbe Stunde später.

Gegen Mittag kam der behandelnde Arzt, um nach Peter zu sehen. Er war überrascht und erfreut alle Kollegen von Peter zu sehen.

„Guten Tag“, begrüsste er alle, als er das Zimmer betrat. „Guten Tag Dr. Schneider“, sagte Mark. „Können sie uns irgendetwas positives berichten? Ich habe den Eindruck, dass seine Kreislaufwerte etwas besser sind als gestern.“ „Ja in der Tat. Die Werte haben sich verbessert und auch sein Fieber ist zurückgegangen.“ „Das ist ein gutes Zeichen. Wollen wir das beste hoffen“, sagte Karin. Der Arzt untersuchte Peter kurz und eine Schwester wechselte den Ver-band und tauschte eine Infusionsflasche aus, dann gingen beide wieder hinaus.

„Karin, Mark, was bedeutet das jetzt für Peter“, fragte Thomas? „Das bedeutet, dass er auf dem Weg der Besserung ist und wenn wir optimistisch sind hoffentlich bald aufwachen wird“, sagte Karin.

Sie blieben die ganze Zeit an Peters Bett sitzen. Die Hoffnung keimte in ihnen auf, als der Arzt sagte sein Zustand hätte sich gebessert. Zum Essen wechselten sie sich ab. Sie wollten ihn keine Minute alleine lassen, für den Fall das er aufwachen würde.

Es war schon fast acht Uhr abends. Sie befürchteten schon die Nachtschwester würde bald kommen und sie im hohen Bogen rausschmeissen.   

Biggi sass auf Peters Bett und hatte seine Hand in ihrer liegen. Sie streichelte mit der anderen über seinen Handrücken. Einen Moment hatte sie den Eindruck, seine Finger würden sich bewegen, verwarf es aber sofort wieder. Kurze Zeit später wieder. „Mark“, sagte sie, „ich glaube Peter hat gerade die Finger bewegt.“ „Bist du sicher“, fragte er, „oder war es nur ein Reflex?“ „Ich weiss nicht.“ Mark und Karin gingen zum Bett, um sich Peter genauer anzu-schauen. In diesem Moment flatterten Peters Augen. „Ich glaube er wacht tatsächlich auf“, sagte Karin. „Peter kannst du mich hören? Wenn du mich hören kannst, dann drücke meine Hand.“ Ganz langsam schloss sich Peters Hand um die von Karin. Im gleichen Moment öffnete er die Augen. Sie fingen alle an zu lachen und ihnen liefen vor Freude die Tränen übers Gesicht. Peter wollte etwas sagen, konnte aber nicht, da er noch intubiert war. „Ganz ruhig weiteratmen Peter“, sagte Mark, „wir befreien dich gleich von dem Tubus. Thomas, kannst du bitte die Schwester und den behandelnden Arzt holen. Wir müssen Peter extubieren.“ „Bin schon unterwegs.“

Zwei Minuten später kam Thomas mit dem Arzt herein. „Hallo Herr Berger, schön das sie wach sind. Ich werde sie jetzt erstmal von dem Beatmungsschlauch befreien.“ Als der Arzt den Tubus entfernt hatte, fing Peter erst einmal an zu husten. „Kann ich einen Schluck Tee haben bitte“, fragte Peter? „Ich werde der Schwester Bescheid geben, dass sie ihnen etwas bringen soll“, antwortete der Arzt. „Danke.“ Peter schaute sich um. „Ihr seid ja alle da, wo auch immer das ist.“ „Du bist in der Klinik in Murnau. Schön das du wieder unter den Lebenden bist, wir haben uns ernstlich Sorgen um dich gemacht“, sagte Mark. „Aber jetzt bist du über den Berg. Wie fühlst du dich?“ „Mir ging’s sicherlich schon mal besser, aber im Moment bin ich erstmal froh euch zu sehen“, anwortete Peter. „Was ist eigentlich passiert und wie bin ich hier her gekommen? Ich kann mich an kaum was erinnern.“ In dem Moment kam eine Krankenschwester rein und brachte einen Becher Tee für Peter. „Trink erst mal was und rede nicht so viel“, sagte Karin. „Du darfst dich nicht anstrengen. Lass es langsam an-gehen, wir erzählen dir später alles.“ Karin hielt ihm den Becher zum Trinken hin und stützte ihn im Nacken während er trank. „Danke Karin“, sagte Peter müde. „Ich glaube wir unter-halten uns lieber morgen weiter“, sagte Mark. „Du bist so erschöpft, dass du eh bald ein-schläfst. Ruh dich aus, morgen ist auch noch ein Tag.“ „Ich glaube ihr habt recht“, sagte Peter.

Enrico, Thomas und Mark verabschiedeten sich. Thomas meinte noch „bis morgen und halt die Ohren steif“ und Enrico sagte „ärgere die Schwestern nicht, die können sonst ziemlich gemein werden.“ Sie mussten lachen. „Ich werde versuchen mich daran zu halten. Und haut jetzt endlich ab, damit ich schlafen kann.“ „Lass dich von denen nicht ärgern“, sagte Biggi und küsste ihn auf die Stirn. Karin tat es Biggi gleich. Dann gingen sie aus dem Zimmer, um einiges besser gelaunt als heute morgen. Kaum das sie draussen waren, schlief Peter er-schöpft, aber auf dem Weg der Besserung, ein. Die letzte halbe Stunde hatte ihn viel Kraft gekostet.

 

„Puh, bin ich erleichtert“, sagte Karin. „Was glaubst du ich erst“, antwortete Mark. „Ich könnte Luftsprünge machen.“ „Eigentlich müssten wir das heute abend ja begiessen“, meinte Enrico. „Was haltet ihr davon?“ „Keine schlechte Idee, ich bin dabei“, sagte Thomas. „Also ich bin auch dabei“, sagte Mark. „Ich habe eh keine Lust zu Hause alleine rumzusitzen.“ „Wo gehen wir hin“, fragte Karin? „Wir können zu uns gehen“, schlug Biggi vor und schaute dabei Enrico an. „Ich habe den Kühlschrank erst frisch aufgefüllt.“ „Hört sich gut an. Also in einer halben Stunde bei euch“, meinte Karin.

 

Sie trafen sich alle bei Biggi und Enrico. Es würde ein ausgelassener Abend werden. Sie waren alle merklich erleichtert. Irgendwie schade, dass Peter jetzt nicht dabei war, er fehlte ihnen bei diesen spontanen Verabredungen, zumal er immer etwas witziges beizutragen hatte. Sie hofften, dass Peter bald wieder mit ihnen feiern konnte.

„Apropos feiern“, meinte Enrico, „Peter muss sicher noch einige Zeit im Krankenhaus bleiben. Aber wir könnten für den Tag seiner Entlassung ein kleines Willkommensfest organisieren.“ „Das ist eine gute Idee. Ich werde das mal in die Hand nehmen“, sagte Biggi. „Karin hilft mir sicherlich dabei.“ „Klar mache ich das.“

Der Abend war noch lange nicht vorbei. Sie begossen die guten Neuigkeiten mit Wein, Sekt und Antialkoholischem, wobei sich Karin und Mark ein bisschen zurückhielten, da sie noch nach Hause fahren mussten. Irgendwann ging Mark mal raus auf den Balkon, um den Kopf frei zu bekommen und die kalte und sternenklare Nacht zu geniessen. Kurze Zeit später kam zufällig auch Thomas auf den Balkon.

„Geniesst du auch die klare Nacht“, fragte Thomas? „Ja, ich dachte ich muss, nachdem ich den ganzen Tag im Krankenhaus gesessen bin, mal etwas frische Luft tanken. Ich bin froh, dass ich nicht mehr in der Klinik arbeite. Den ganzen Tag den Geruch von Desinfektions-mittel in der Nase zu haben, bin ich nicht mehr gewöhnt“, antwortete Mark. Mark machte einen nachdenklichen Eindruck. „Hast du was Mark“, fragte Thomas? „Du machst so einen nachdenklichen Eindruck.“ Mark gab erst keine Antwort, so als würde er mit sich ringen. Thomas hatte schon so eine Ahnung was ihn beschäftigte, aber er wollte nicht das Wort ergreifen. Mark musste von sich aus kommen. „Ich sehe dir doch an, dass du was auf dem Herzen hast. Jetzt spuck’s schon aus.“ „Denkst du oft an deine verstorbene Frau“, fragte Mark plötzlich? „Jeden Tag, auch der Kinder wegen. Ich stelle mir oft vor, was wäre, wenn sie noch leben würde und nicht durch diesen blöden Unfall ums Leben gekommen wäre. Aber ich bin froh, dass ich Karin habe. Sie ist den Kindern eine gute Ersatzmutter und die Beiden mögen sie sehr. Das war für mich eine riesen Erleichterung“, antwortete Thomas. Mark nickte, „weisst du, durch die Sache mit Peter ist bei mir die ganze Erinnerung an meine Frau wieder hochgekommen, wie sie damals im Sterben lag und wir nichts haben machen können. Ich kann von den Gedanken einfach nicht loslassen, ich liebe sie noch immer.“ „Mark, es ist  schön und gut an früher zurückzudenken, aber du musst akzeptieren, dass es nie mehr so sein wird wie es einmal war. Behalte deine Frau in Erinnerung wie sie war. Ich liebe Vera auch noch, aber ich habe gelernt in die Zukunft zu blicken. Das andere macht dich nur verrückt.“ „Wahrscheinlich hast du Recht Thomas, aber das ist leichter gesagt als getan. Ich denke manchmal ich habe Bindungsangst. Wenn ich das jetzt mit Peter sehe, ein guter Freund und Kollege, ich weiss nicht, ob ich es ertragen hätte, wenn er nicht überlebt hätte. Ich will das einfach kein weiteres Mal durchmachen müssen, die Kraft habe ich nicht.“ „Ich weiss Mark, es ist nicht leicht. Ich hatte am Anfang den gleichen Gedanken, bevor ich mit Karin zusammen gekommen bin. Mittlerweile kann ich sie aus meinem Leben nicht mehr wegdenken. Wie lange ist deine Frau jetzt tot“, fragte Thomas noch? „Fast zwei Jahre. Es kommt mir vor, als wäre es erst vor ein paar Tagen gewesen. Aber das hat jetzt sicherlich mit Peter zu tun“, antwortete Mark. „Das ist noch nicht lange her. Lass dir Zeit, überstürze nichts und gebe dir eine Chance. Auch du wirst darüber hinwegkommen.“

Sie standen noch einen Augenblick schweigsam auf dem Balkon und schauten in den Nacht-Himmel. „Danke das du zugehört hast“, sagte Mark. Ich wollte dich nicht mit meinen Problemen belästigen, aber ich habe noch mit niemandem so darüber sprechen können.“ „Hey, wozu sind Freunde da. Ich weiss was du durchgemacht hast. Du kannst jederzeit zu mir kommen.“ „Danke.“ „Komm, lass uns wieder reingehen. Es ist kalt und die anderen wundern sich sicherlich, wo wir bleiben.“

Sie sassen noch lange zusammen. Es war nach Mitternacht, als sie die Versammlung auf-lösten und Karin, Thomas und Mark nach Hause fuhren. Sie würden sich eh am nächsten Tag wieder bei Peter im Krankenhaus treffen.

 

 

Kapitel 10

 

Ausschlafen hieß die Devise für alle an diesem Morgen. Die ersten die bei Peter auftauchten, waren Karin und Thomas. Kurz darauf folgten Mark, Biggi und Enrico.

„Na endlich. Ich habe schon eine Ewigkeit auf euch gewartet“, sagte Peter, als auch der Rest eingetroffen war. „Ich dachte schon ihr hättet mich vergessen, weil ihr so spät kommt.“ „Ganz sicher nicht“, sagte Mark, aber wir wollten mal ausschlafen. Und außerdem haben wir gestern ein bisschen auf deine Auferstehung und die baldige Genesung angestoßen.“ „Ach so ist das. Na dann erzählt mal, was so in den letzten Tagen los war.“

„Hört sich dass einer an“, sagte Thomas. „Dafür, dass er dem Tod gerade von der Schippe gesprungen ist, reißt er die Klappe schon wieder ganz schön weit auf.“ „Ohne Worte“, meinte Mark. „Bevor wir dir erzählen, was alles passiert ist, möchten wir erst wissen, wie es dir geht.“ „Mir geht’s heute schon wesentlich besser. Ich habe so gut wie keine Schmerzen mehr und das Fieber ist auch weg“, sagte Peter fröhlich. „Dr. Schneider hat heute Morgen bei der Visite gesagt, dass er mich eventuell heute Abend oder morgen früh auf die normale Station verlegen wird. Es gäbe keinen Grund mehr, mich noch länger auf der Intensivstation zu behalten.“ „Na das sind doch mal gute Nachrichten“, meinte Enrico. „Du siehst auch viel besser aus und hast sogar schon wieder Farbe im Gesicht.“ „Hat der Arzt schon gesagt wie lange du im Krankenhaus bleiben musst?“, fragte Biggi „Nein, hat er nicht.“ „Ich denke, du wirst mindestens noch zehn Tage hier bleiben müssen“, antwortete Karin. „Vielleicht können Mark und ich später mal in dein Krankenblatt schauen und mit dem Arzt sprechen, wenn du einverstanden bist.“ „Ja, gerne“, sagte Peter.

Peter wurde nachdenklich. „Mmh, ich weiß nicht genau wo ich anfangen soll“, meinte Peter, „aber was mir Dr. Schneider heute morgen erzählt hat, war meine Einlieferung ins Krankenhaus wohl äußerst knapp. Er sagte nur, dass ich euch Beiden“ und schaute Karin und Mark an, „mein Leben zu verdanken habe. Was war eigentlich genau passiert? Ich kann mich an kaum was erinnern.“

Karin und Mark schauten sich an und sie gab ihm ein Zeichen, zu erzählen.

„Kannst du dich noch an den Morgen erinnern, wo wir dich das zweite Mal operiert haben“, fragte Mark? „Nur vage“, sagte Peter. „Ich weiß nur noch, dass ich wahnsinnige Schmerzen hatte und wohl so halb im Delirium lag. Das meiste lief dann bei mir nur noch wie ein Film ab.“ „Du hattest über 40 Grad Fieber und eine lebensgefährliche Peritonitis. Wir mussten sofort handeln“, erzählte Mark weiter. „Wir haben versucht einen Heli zu bekommen, aber unser Heli hatte eine Kurzschluss und musste repariert werden und der von Rosenheim war im Grosseinsatz.“ „Ich habe noch mitbekommen, dass ihr Probleme hattet, weil euch die Medikamente und die Instrumente ausgingen und ihr deshalb nicht unbedingt operieren wolltet“, sagte Peter. „Das ist richtig“, berichtete Karin weiter. „Aber wir hatten dann doch keine andere Wahl, weil die Helis nicht zur Verfügung standen und dir ein Multiorganversagen drohte durch die Entzündung. Du kannst dich dann später übrigens bei Max bedanken. Er hat es geschafft unseren Heli in einer guten Stunde zu reparieren, als er hörte das du der Patient bist. Er muss mal wieder gezaubert haben.“ „Max überrascht einen immer wieder“, Peter schüttelte nur den Kopf. „Biggi und Mark haben dir dann noch etwas von ihrem Lebenssaft gespendet, damit wir bei der OP wenigstens einigermassen über die Runden kamen“, erzählte sie weiter. „Mark ich weiss das zu würdigen, dass insbesondere du dich für mich hast anzapfen lassen, wo du doch Spritzen und Nadeln so gerne magst und du natürlich auch Biggi.“ „Peter, da kannst du mal sehen, was wir alles für dich tun“, sagte Mark und schaute Biggi an die bestätigend nickte und grinste. „Tja und dann die OP“, erzählte Karin. „Die ihr mit Lokalanästhesie gemacht habt“, sagte Peter. „Du musst dabei grosse Schmerzen gehabt haben“, sagte sie. „Wir hatten ein sehr schlechtes Gewissen dir noch zusätzliche Schmerzen zufügen zu müssen, aber wir wussten uns nicht anders zu helfen.“ „Ist schon gut Karin“, sagte er. „Am Anfang war es weniger ein Problem. Das Lidocain hat ziemlich gut gewirkt. Erst als du und Mark angefangen habt den Abszess zu entfernen, die Schmerzen waren unbeschreiblich. Ich habe gedacht, ich würde bei lebendigem Leib auseinander gerissen. Das möchte ich kein weiteres Mal erleben. Dann haben die Schmerzen plötzlich aufgehört. Ich habe keine Ahnung was dann passierte, bis ich hier gestern aufwachte.“ Mark erzählte weiter, „wir haben dir noch mal Lidocain verabreicht. Du warst dann auch relativ ruhig. Nach kurzer Zeit bist du in einen Schockzustand gefallen und anschließend bewusstlos geworden, wahrscheinlich durch die starken Schmerzen. Wir haben fertig operiert und die Drainage fixiert, alles nur provisorisch. Plötzlich fing dein Herz an zu flimmern und hat dann ganz auf gehört zu schlagen. Wir haben eine halbe Stunde gebraucht dich wieder zu beleben und das ist uns erst mit der….“, er stockte, „Was Mark“, fragte Peter? „mit der letzten Ampulle Adrenalin die wir hatten, gelungen und auch nur, weil wir sie direkt in dein Herz gespritzt haben. Hättest du darauf nicht reagiert, wäre es vermutlich dein Todesurteil gewesen“, erzählte er weiter. Peter wurde ganz blass. „Geht’s dir gut“, fragte Karin? „Ja mir geht’s gut. Ich muss das nur gerade mal verdauen. 30 Minuten Wiederbelebung, jetzt weiß ich auch warum mir der Brustkorb so weh tut. Aber mir scheint, dass ich da ja noch mal Schwein gehabt habe.“ „Das kannst du laut sagen“, meinte Mark, „denn kurz nach dem wir dich wieder hatten, kam unser Hubschrauber und wir, unsere Ersatzmannschaft und ich, haben dich hier nach Murnau in die Klinik geflogen, wo Dr. Schneider und ich dich zum dritten Mal operiert haben. Du lagst anschließend über drei Tage im Koma, bis gestern Abend.“

„Oh Mann, ich darf gar nicht daran denken“, sagte Peter und schüttelte den Kopf. „Herz-Stillstand, drei Operationen, Koma. Das reicht für den Rest des Lebens. Ich weiß gar nicht wie ich euch danken soll.“ „Tue uns ein Gefallen“, sagte Karin, „werde und bleibe gesund. Noch mal so eine Aktion ist mir einfach zu viel.“ „Ich gebe euch mein Wort, ich brauche auch keine Wiederholung“, sagte Peter. „Aber wisst ihr, was komisch ist. Ich träumte zwischendurch mal kurz ich sei in einem langen Tunnel und am anderen Ende war Licht. Vielleicht war ich bei der Wiederbelebung wirklich schon ganz weg und ihr habt mich wieder geholt.“ „Du wärst nicht der erste, der so etwas berichten würde“, sagte Mark. „Ich kann dir die Frage nicht beantworten, obwohl du mich auch schon mal wieder belebt hast. Aber bei mir war die Zeitspanne kürzer. Aber vergessen wir das Ganze jetzt. Du bist auf dem Weg der Besserung, das ist die Hauptsache.“ „Eine Frage habe ich noch“, sagte Karin. „Hast du irgendetwas mitbekommen als du im Koma lagst, Gespräche oder sonst irgendwas?“ „Nein, nicht bewusst zumindest. Ich habe nur einmal gespürt, wie anscheinend eine Schwester den Verband gewechselt hat. Sie hat das Pflaster ziemlich schnell von der Haut entfernt und das hat ziemlich geschmerzt. Ansonsten kann ich mich an nichts erinnern.“ „Warum fragst du Karin?“ „Weil Patienten die im Koma liegen, oft hinterher sagen können, was um sie herum passiert oder gesprochen wurde. Aber du hast recht, eine Schwester hat gestern Nachmittag deinen Verband gewechselt und das hast du bestimmt nicht nur geträumt.“        

 

Sie unterhielten sich noch eine halbe Ewigkeit. Peter wurde im Verlauf des Nachmittags aber schnell müde und schlief fast mit offenen Augen ein. Auch die Strapazen der letzten Tage waren ihm deutlich anzusehen. Das war dann auch der Punkt, wo Karin und Mark einsahen, dass sie jetzt besser gehen sollten, damit Peter seine Ruhe bekam, die er noch dringend nötig hatte.

„Peter du schläfst ja bald ein. Dir fallen schon die Augen zu“, meinte Mark. „Ja ich bin ziemlich müde und würde gerne ein wenig schlafen“, antwortete Peter. „Seid mir bitte nicht böse, wenn ich euch jetzt rausschmeiße.“ „Kein Problem, es sei dir gegönnt. Ich glaube wir sollten jetzt gehen, damit Peter schlafen kann“, sagte Karin. „Morgen ist auch noch ein Tag.“ „Danke, lieb von euch dass ihr gekommen seid. Aber der Tag war ganz schön anstrengend für mich“, sagte Peter. „In ein paar Tagen haben wir sicherlich mehr voneinander. Grüsst Max bitte von mir.“ „Machen wir“, sagte Thomas.

 

Sie verabschiedeten sich und gingen aus dem Zimmer. Peter fiel sofort in einen tiefen, erholsamen Schlaf. Er merkte nicht einmal, wie eine Schwester sein Zimmer betrat und eine Infusionsflasche wechselte. Als er wieder aufwachte, war es schon dunkel draußen. Er hatte keine Ahnung wie viel Uhr es war. Er klingelte nach einer Schwester, weil er Durst hatte.

„Hallo Herr Berger“, sagte sie als sie zur Tür reinkam, „sie sind ja wieder wach. Ich habe vorhin mal eine Infusionsflasche gewechselt, da haben sie tief und fest geschlafen,“ „Hallo, Schwester Lisa“, sagte Peter, „schön das sie kommen und nicht dieser Giftzwerg.“ Sie musste lachen, „na, na Herr Berger, ihnen scheint es wieder besser zu gehen, dann können wir sie bald auf die normale Station verlegen.“ „Hoffentlich, denn diese Gepiepse von den Monitoren geht mir auf die Nerven. Dr. Schneider hat auch schon so was angetönt, mit der Verlegung“, meinte Peter. „Ich werde mal nachfragen. Aber sie haben geklingelt, was kann ich denn sonst für sie tun“, fragte sie? „Können sie mir was zu trinken bringen und mir sagen wieviel Uhr es ist, bitte?“ „Es ist jetzt sechs Uhr. Ich schaue, ob ich Dr. Schneider noch erwische und bringe ihnen gleich einen Becher Tee.“ „Danke, das ist nett.“ 

Nach ein paar Minuten kam die Schwester, mit einem Becher Tee in der Hand, wieder. Sie stützte ihm den Rücken, damit er besser trinken konnte. „Ich habe mit Dr. Schneider ge-sprochen. Er kommt morgen früh vorbei, um sie zu untersuchen und dann entscheidet er ent-gültig, ob sie morgen noch auf die normale Station kommen. Er möchte sie heute Nacht noch zur Sicherheit auf der Intensiv behalten.“ „Schade, ich hatte gehofft heute noch verlegt zu werden“, sagte Peter. „Nein tut mir leid, dass ist nicht möglich. Aber bis morgen werden sie es bei uns schon noch aushalten, oder“, fragte die Schwester? „Ich denke schon, bei einer so charmanten Betreuung“, flirtete Peter. „Na dann ist ja in Ordnung. Kann ich sonst noch was für sie tun?“ „Nein danke“, antwortete Peter. „Dann ruhen sie sich jetzt aus, damit sie bald wieder gesund sind“, sagte die Schwester und ging aus dem Zimmer.

 

Die anderen gingen, nachdem sie Peter im Krankenhaus besucht hatten, getrennte Wege für den Rest des Tages. Karin und Thomas machten es sich zu Hause gemütlich, Biggi und Enrico besuchten seine Schwester Stella und Mark fuhr zur Basis, um dort nach dem Rechten zu schauen und Max einen Gruß von Peter auszurichten. Max freute sich wie ein kleines Kind, dass es Peter wieder besser ging und er außer Gefahr war. Er wollte ihn ebenfalls morgen im Krankenhaus besuchen.

Da ihr Dienst übermorgen wieder anfangen würde, klärte Mark mit der Zentrale noch ab, ob die Sanitäterin die zur Zeit zur Vertretung da war, ihnen noch weiter aushelfen konnte, bis Peter wieder voll einsatzfähig war. Dies war Gott sei Dank kein Problem. Mark fuhr anschließend auch nach Hause, um sich einen gemütlichen und ruhigen Abend zu machen.

 

Am nächsten Morgen im Krankenhaus. Peter hatte die ganze Nacht ruhig durchgeschlafen und fühlte sich ausgeruht als er am Morgen aufwachte. Gegen acht Uhr war Visite und Dr. Schneider und einige Assistenzärzte und Schwestern kamen zu ihm ins Zimmer.

„Guten Morgen Herr Berger, wie geht es ihnen heute“, fragte er? „Danke, schon wieder recht gut“, antwortete Peter. „Ich habe schon gehört, dass sie lieber gestern als heute auf die normale Station möchten. Na dann werden wir mal schauen, ob wir sie heute verlegen können.“ Eine Schwester reichte Dr. Schneider Peters Krankenblatt, der es kurz studierte. „Na, das sieht doch sehr erfreulich aus. Sie haben kein Fieber mehr und ihr Kreislauf ist auch in Ordnung.“ Eine Schwester entfernte den Verband und der Arzt begutachtete die Wundnaht. Er tastete Peters Bauch ab, „tut ihnen das weh?“ „Nein, es ist nur ein bisschen empfind-lich“, antwortete Peter. „Das ist normal. Ansonsten ist auch alles in Ordnung. Ich denke dann können sie nachher umziehen. Schwester, würden sie sich bitte darum kümmern, dass Herr Berger verlegt wird.“ „Mache ich Doktor.“ „Gut Herr Berger, dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Tag und ruhen sie sich aus.“ „Danke Dr. Schneider.“        

Peter freute sich, dass er auf die normale Station kam. Etwa eine Stunde nach der Visite war es soweit. Eine Schwester und ein Hilfspfleger entfernten die ganzen Kabel zu den diversen Monitoren und schoben sein Bett quer durch die Station zu seinem neuen Zimmer. Er wurde in einem Zweibettzimmer untergebracht, dass er aber zur Zeit alleine belegte. Wenigstens hatte er jetzt einen Fernseher, so dass er sich ein wenig die Zeit vertreiben konnte. Er rechnete damit, dass seine Kollegen ihn in den nächsten Tagen nicht mehr so häufig besuchen  würden, da sie ab morgen wieder arbeiten mussten.

Kaum dass er in seinem neuen Zimmer war, klopfte es an der Tür. „Herein“, sagte Peter. „Hallo Peter“, sagte Max. Max stand mit einem Blumenstrauss und ein paar Zeitschriften vor ihm. „Mensch Max, mit dir habe ich jetzt überhaupt nicht gerrechnet.“ „Um so grösser ist die Überraschung“, sagte er. „Wie geht’s dir denn?“ „Ich freue mich, dass du gekommen bist, genau im richtigen Moment. Ich bin erst vor ein paar Minuten von der Intensivstation hierher verlegt worden.“ „Na dann habe ich ja Glück gehabt“, sagte Max. „Ich habe dir was zum Lesen mitgebracht und die Blumen hier.“ „Vielen Dank, das ist nett. Ich rufe mal nach der Schwester und frage nach einer Vase“, sagte Peter. „Aber jetzt sag mal, wie geht’s dir?“ „Mir geht’s schon wieder viel besser. Meine Werte nähern sich langsam wieder dem Normalen. Ich hoffe, dass ich heute nachmittag oder morgen zum ersten Mal aufstehen darf und wenn es nur kurz ist.“ „Überstürze bloss nichts, lass dir Zeit. Wir haben da nämlich mal eine nette und zugleich sehr hübsche Vertretung für dich“, sagte Max. „Ach daher weht der Wind. Na dann muss ich mich mit dem Gesundwerden wohl doch beeilen, damit ich sie auch noch kennen-lerne. Aber nicht das ihr mir auf die Idee kommt, sie gegen mich eintauschen zu wollen.“ „Nein die Idee käme uns nie“, meinte Max und grinste spitzbübisch.

Eine Schwester kam zwischenzeitlich ins Zimmer und holte die Blumen, um sie in eine Vase zu stellen.

Peter wurde ernst. „Max ich muss mich bei dir bedanken, dass du den Heli so schnell fit bekommen hast. Du hast mal wieder eine Meisterleistung vollbracht.“ „ Ach das ist doch nicht der Rede wert. Es war für einen guten Zweck“, meinte Max und schmunzelte. „Was würden wir ohne dich tun, Max? Ich kann noch immer nicht ganz fassen, was passiert ist. Nie im Traum hätte ich gedacht, dass mir so etwas zustoßen würde“, sagte Peter. „Ich glaube, ich habe den anderen die Ferien gehörig versaut.“ „Mache dir nicht zu viele Gedanken darüber. Ich glaube sie sind hauptsächlich froh, dass du jetzt wieder auf dem Weg der Besserung bist“, sagte Max. „Ich hoffe es. Wie läuft es auf der Basis“, fragte Peter? „Soweit ganz gut. Aber ich freue mich schon, wenn ihr ab morgen wieder das Zepter übernehmt. Es ist doch etwas ganz anderes. Die anderen sind zwar sehr nett, aber mit euch ist es viel besser und macht auch mehr Spass“, erzählte Max. „Ich freue mich auch schon wieder auf die Arbeit, aber ich denke das wird noch eine Weile dauern, bis ich wieder anfangen darf“, sagte Peter. „Was glaubst du wie lange du ausfällst?“ „Ich habe keine Ahnung. Aber ich schätze mindestens noch vier Wochen.“ „So lange noch“, sagte Max erstaunt. „Das ist ganz schön lange.“ „Ja“, sagte Peter, „aber das hat seinen Grund. Erstens muss die Naht richtig verheilen und dann darf ich eine Zeit lang nicht schwer arbeiten und vor allem nicht schwer tragen, damit das ganze Gewebe sich regenerieren kann.“ „Das ist hart. Wie lange musst du noch im Kranken-haus bleiben?“ „Mindestens noch eine Woche bis zehn Tage. Mal sehen, wann sie mich hier rausschmeissen.“

„Ärgere die Schwestern nicht, die können ganz schön gemein werden und dich richtig quälen, wenn sie wollen.“ „Komisch, den Spruch habe ich gestern schon mal gehört“, sagte Peter. Sie mussten lachen.

„Du sei mir nicht böse, wenn ich jetzt langsam gehe, aber mein Dienst fängt in einer halben Stunde an“, sagte Max. „Kein Problem. Ich habe mich gefreut, dass du gekommen bist“, sagte Peter  „Habe ich gerne gemacht. Ich komme in den nächsten Tagen wieder vorbei. Mach’s gut und noch weiterhin gute Besserung.“ „Danke. Bis bald.“

 

Nachdem Max gegangen war, fing Peter erst ein bisschen an in den Zeitschriften zu blättern, die Max ihm mitgebracht hatte. Nach einer Weile legte er die Zeitschriften aus der Hand und zappte im Fernsehen, bis er eine Sendung gefunden hatte, die ihm gefiel. Er schaute sich eine Weile irgendso eine Schnulze an. Irgendwann mussten ihm dabei die Augen zugefallen sein und er schlief ein. Er wurde erst wach, als jemand den Fernseher ausschaltete und anfing zu kichern.

„Na hast du gut geschlafen“, fragte Mark, der auf einem Stuhl neben seinem Bett sass. „Mark, seit wann bist du hier? Ich habe dich gar nicht kommen hören“, sagte Peter. „Kein Wunder, du hast fest geschlafen. Ich bin seit ein paar Minuten hier. Wie geht’s dir heute?“ „Danke mir geht’s gut, den Umständen entsprechend. Ich hoffe ich darf bald mal aufstehen. Ich kriege nämlich langsam Schwielen am Hintern.“ Mark musste lachen. „Kann ich verstehen. Aber wir wollen ja nichts überstürtzen. Ich spreche nachher mal Dr. Schneider, wie sein Plan für die nächsten Tage aussieht.“ „Danke, ich fange mich wirklich langsam an zu langweilen“, sagte Peter. „Ihr werdet in nächster Zeit auch nicht mehr so oft kommen können, wenn euer Dienst morgen wieder anfängt. Wo sind eigentlich die anderen?“ „Ich denke, die werden auch bald auftauchen“, sagte Mark. „Thomas und Karin kommen wahr-scheinlich erst heute nachmittag. Sie gehen die beiden Mädels bei Thomas‘ Mutter holen und Biggi und Enrico werden vermutlich ausschlafen und den letzten freien Tag geniessen.“ „Ich würde was dafür geben, könnte ich morgen auch wieder anfangen zu arbeiten. Wenn ich wenigstens mal kurz aufstehen könnte, und wenn mich nur jemand im Rollstuhl umher-schiebt, das wäre schon gut“, sagte Peter. „Ich sehe schon, du bist ein hoffnungsloser Fall. Aber lass mich nachher mal mit dem Arzt sprechen, vielleicht kann ich was arrangieren“, antwortete Mark. „Das wäre super.“ „Aber freu dich nicht zu früh.“ „Ich weiss, ich muss mich gedulden, was mir sehr schwer fällt. Übrigens Max war heute morgen schon da. Er freut sich auch schon auf euch.“ „Das habe ich mir schon gedacht. Ich war gestern abend noch kurz auf der Basis und da hat er nach dir gefragt.“

In diesem Moment ging die Tür auf und eine Krankenschwester kam ins Zimmer. „Hallo Herr Berger. Ich muss ihnen ein bisschen Blut abzapfen für ein grosses Blutbild.“ „Na prima, und ich dachte, die elende Pikserei hätte bald ein Ende“, maulte Peter. „Komm, jetzt stell dich nicht so an“, meinte Mark. Ehe er sich versah, hatte die Schwester ihm schon eine Stau-binde um den Oberarm gelegt und die Nadel in eine Vene eingeführt. Mehr aus Protest, als das es ihm weh tat, sagte Peter „Autsch“. „Aber eine Spritze reicht, mehr gebe ich nicht her“, sagte er. „Keine Sorge, mehr will ich auch gar nicht“, antwortete die Schwester und ver-schwand aus dem Zimmer, nachdem sie fertig war. Mark beobachtete die ganze Szene mit einem Schmunzeln.

„Wenn du nichts dagegen hast, dann suche ich mal schnell Dr. Schneider und frage nach dem Stand der Dinge“, sagte Mark. „Das ist nett. Ich laufe in der Zwischenzeit auch bestimmt nicht weg.“

 

Mark war jetzt schon über eine halbe Stunde weg. Entweder er hatte Mühe den Arzt zu finden oder sie hatten sich viel zu erzählen. In der Zwischenzeit, kaum dass Mark weg war, kamen Biggi und Enrico, die ihn ebenfalls mit Lesestoff und ein bisschen Obst versorgten. Sie waren mitten im Gespräch, als Mark nach knapp einer Stunde wieder zurück war. Er kam zur Tür rein und schob, zu Peters Erstaunen, einen Rollstuhl vor sich her. „Na wie habe ich das gemacht“, fragte er? „Mensch super. Endlich komm ich mal aus diesem Bett raus.“ „Wenn du willst, machen wir eine kleine Tour durch’s Krankenhaus.“ „Und ob ich will. Worauf warten wir noch“, sagte Peter. „Ihr kommt doch alle mit, oder?“ „Na klar“, sagte Biggi.

Peter setzte sich langsam und mit Mark’s Hilfe auf und schwang die Füsse aus dem Bett so dass er auf der Bettkante sass. Biggi holte in der Zwischenzeit eine lange Jogginghose und ein paar Socken von Peter aus dem Schrank, da er nur eine kurze Hose und ein T-Shirt anhatte. Enrico zog Peter die Socken an und Mark half Peter in die Hose. „So, jetzt musst du aufstehen, dass ich dir die Hose richtig hochziehen kann“, sagte Mark, „aber schön langsam. Ich fürchte, dass du noch ziemlich wackelig auf den Beinen sein wirst. Enrico und ich werden dich stützen.“ „Keine schlechte Idee für den Anfang“, meinte Peter und schob sich langsam von der Bettkante, bis er stand. Die Beiden hielten ihn am Arm fest, wofür er sehr  dankbar war, weil er, für einen Moment, mit dem Gleichgewicht kämpfen musste. „Geht’s“, fragte Mark? „Ja, danke. Mir war nur im ersten Moment ein bisschen schwindlig. Aber jetzt  geht’s.“ „Kein Wunder, dein Kreislauf muss nach dem langen Liegen erst wieder auf Touren kommen.“ Peter wollte sich die Hose hochziehen, konnte sich aber nicht soweit bücken,  so dass Enrico ihm half. „Danke Enrico. Kannst du mir noch meine Jacke geben. Ich möchte sie vorsichtshalber mitnehmen.“ Peter machte ein paar kleine Schritte zum Rollstuhl und setzte sich rein. „Meine Güte, ich hätte nicht gedacht, dass das so anstrengend ist.“ „Nur die ersten paar Tage, bis deine Kondition wieder besser ist“, meinte Mark.

„So lasst uns auf Erkundungstour gehen, ich kann’s kaum abwarten“, sagte Peter. „Ok dann mal los“, sagte Enrico und schob den Rollstuhl aus dem Zimmer. Sie gingen durch die langen weissen Gänge runter in die Cafeteria des Krankenhauses, wo sie sich ans Fenster, mit Blick auf den Garten, setzten und einen Tee tranken und munter drauf los schwatzten. Sie ver-gassen ganz die Zeit. Nach über einer Stunde sagte Mark, „meine Güte, ich glaube wir sollten dich langsam wieder hoch ins Zimmer bringen, bevor die Schwestern dich wegen dem Mittagessen suchen.“ „ Also, wegen mir müssen wir uns nicht so beeilen, Mark. So gut ist das Essen nun auch wieder nicht“, meinte Peter. „Aber ich bestehe darauf, dass du was zu Mittag isst. Es ist wichtig, dass du wieder zu Kräften kommst. Du hast in der letzten Woche einiges an Gewicht verloren. Jetzt müssen wir dich erst wieder mit einer ausgewogenen Er-nährung aufpäppeln“, sagte Mark bestimmt. Peter verzog das Gesicht, „na was soll‘s, der Hunger treibt’s rein.“ „Seh es mal so“, meinte Enrico, „je mehr du mithilfst, desto eher bist du aus dem Krankenhaus raus, gutes Essen hin oder her.“ „Ach ihr habt ja recht, aber es nervt einfach nur. Ich würde morgen auch viel lieber wieder anfangen zu arbeiten, anstatt hier rum-zuliegen“, schimpfte Peter. „Peter, man kann es sich nunmal nicht aussuchen. Du hast eben Pech gehabt. Versuch das beste daraus zu machen und werde schnell wieder gesund“, meinte Biggi. Peter sah richtig geknickt aus, als hätte er einen Kloss im Hals und als würde er mit den Tränen kämpfen. „Hey, jetzt lass den Kopf nicht hängen. Das wird schon wieder“, ver-suchte sie ihn zu trösten.

„Kommt lasst uns gehen, bevor die eine Vermisstenanzeige aufgeben“, sagte Mark. Sie machten sich auf den Weg. Enrico schob Peters Rollstuhl vor sich her. Vor Peters Zimmer fing sie eine Krankenschwester ab. „Oh, oh, das gibt Ärger“, sagte Peter leise. „Das ist der Giftzwerg der Station.“ „Ah Herr Berger, da sind sie ja. Ich habe sie schon vermisst“, sagte sie mit Nachdruck. „Wer hat ihnen überhaupt erlaubt aufzustehen? Sehen sie zu das sie jetzt ins Bett kommen, bevor ich nachhelfen muss.“ „Ich und Dr. Schneider haben ihm erlaubt aufzustehen“, sagte Mark. „Und wer sind sie, wenn ich fragen darf?“ „Ich bin Dr. Mark Harland, der Hausarzt und einer der behandelnden Ärzte von Herrn Berger.“ „Das ist ja interessant. Haben sie ihm auch erlaubt das Mittagessen zu verpassen“, fragte sie? „Nein natürlich nicht, aber wir haben uns mit der Zeit verschätzt. Ich denke es sollte kein Problem sein, noch etwas zu essen aufzutreiben, Schwester“, sagte Mark. „Wenn hier jeder denkt, er bekäme eine Extrawurst gebraten, wo kämen wir dann hin“, sagte sie. „Haben sie nun noch was zu essen oder muss ich mich selbst darum kümmern“, fragte Mark leicht gereizt? „Ich kümmere mich darum“, sagte sie und verschwand. „Meine Güte, das ist wirklich ein Gift-zwerg“, sagte Enrico. „Ich glaube Peter, du musst dich in nächster Zeit warm anziehen.“ „Ich fürchte auch.“ Sie gingen ins Zimmer und halfen Peter sich wieder ins Bett zu legen.

Fünf Minuten später kam eine junge Krankenschwester und bracht Peter ein Tablett mit dem Essen. „Danke Schwester. Hat der Giftzwerg sich wieder beruhigt oder speit sie immer noch Feuer“, fragte Peter? „Lassen sie sie das bloss nicht hören. Im Grunde ist sie gar nicht so unfreundlich, nur wenn man ihre Autorität untergräbt wird sie ungemütlich“, meinte die Schwester und ging wieder aus dem Zimmer. „Jetzt ess erst mal, bevor es kalt wird“, meinte Biggi. Peter ass den ganzen Teller leer, „war gar nicht so übel, hätte schlimmeres erwartet.“ „Siehst du, was habe ich dir gesagt, so schlecht ist es gar nicht“, meinte Biggi.

„Du wirst dich die nächsten zwei Wochen noch durchbeissen müssen, dann hast du das schlimmste hinter dir“, ergänzte Mark. „Was, noch zwei Wochen Krankenhaus“, fragte Peter? „Das halte ja nie aus“ „Das wirst du müssen. Ich denke so lange wird es schon noch dauern, bis du hier raus darfst. Aber das schaffst du schon. Sehe es positiv, wir müssen arbeiten und du machst dir einen schönen Lenz, kannst dich bedienen lassen und hier faul rumliegen“, sagte Mark. „Wenn da nur nicht dieser Giftzwerg wäre, der mich andauernd kontrolliert und mich ständig mit irgendwelchen Spritzen quälen würde“, antwortete Peter. Die anderen mussten grinsen. „Auch das wird ein Ende nehmen“, meinte Enrico.

 

Sie schwatzten noch eine Zeit lang weiter. Gegen 15Uhr war auf einmal allgemeine Auf-bruchstimmung. „Mein Gott, ist die Zeit vergangen. Peter, sei mir nicht böse, aber ich sollte langsam gehen“, sagte Mark. „Ich habe zu Hause noch ein bisschen was tun.“ „Du liebe Güte, schon so spät“, sagte Biggi. „Es tut mir leid Peter, aber ich sollte den Haushalt auch noch etwas auf Vordermann bringen.“ „Nee, wollt ihr jetzt alle gehen und mich hier alleine lassen“, fragte Peter entrüstet? „Wir können nicht ewig hier bleiben, Peter. Und ausserdem kommen Karin und Thomas ja noch“, sagte Mark. Peter liess den Kopf hängen. Sie verab-schiedeten sich voneinander. Mark und Enrico klopften Peter aufmunternd auf die Schulter, Biggi gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Bis bald Peter. Wir werden dich so oft es geht besuchen“, versprach sie. Dann gingen sie raus und liessen ihn traurig und in sich gekehrt zurück.

Peter hätte heulen können. Er war in der richtigen Stimmung dafür. Das war doch alles Mist. Warum hatte ihm das passieren müssen. Peter liefen ein paar Tränen über die Wangen. Scheisse, jetzt fange ich auch noch an zu heulen. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, um die Tränen wegzuwischen. Er wollte nicht, dass die anderen ihn so sahen.

Er legte sich im Bett zurück und schloss die Augen. Kurz darauf war er eingeschlafen.

  

Gegen 16Uhr kamen Karin und Thomas. Sie klopften an die Tür. Da von innen keine Ant-wort kam, öffneten sie sie behutsam. Peter lag in seinem Bett und schlief. Sie schlichen sich leise rein und setzten sich auf die Stühle an seinem Bett. Es dauerte nicht lange, bis Peter merkte, dass jemand ins Zimmer gekommen war.

„Hallo ihr Beiden, schön euch zu sehen“, sagte Peter. „Hey, altes Haus wie geht’s dir“, fragte Thomas? „Mir geht’s wieder besser. Mir ist nur langweilig und es nervt mich hier rumzu-liegen.“ „Kann ich mir denken, würde mir nicht anders gehen. Aber die Zeit kriegst du auch rum“, meinte Thomas.

Karin sah Peter kritisch an. „Bist du wirklich ok“, fragte sie? „Du machst irgendwie einen traurigen Eindruck.“ „ Stimmt, ich bin ein wenig traurig, dass ich hier liegen muss und nicht wie ihr morgen arbeiten kann. Aber ich bin ok, nur ein bisschen depremiert.“ Karin nickte verständnisvoll. „Die Zeit geht auch vorbei. Kopf hoch.“

„Erzähl doch mal, was hast du heute so alles gemacht, ausser schlafen“, fragte Thomas? Peter erzählte, dass Max heute morgen schon da war, kaum dass er von der Intensivstation hierher verlegt wurde und das Biggi, Enrico und Mark ihn heute auch schon besucht hatten und ihn mit dem Rollstuhl durch die Gegend geschoben hatten. „Das war’s eigentlich schon“, sagte Peter. „ Das ist doch schon eine ganze Menge“, meinte Thomas. „Mag sein, aber mir graut es vor den nächsten zwei Wochen.“ „Peter, zwei Wochen mögen lang erscheinen, aber glaube mir, hinterher wirst du froh sein, dass du dich hast so lange ausruhen können“, meinte Karin. Peter zog die Stirn in Falten. „Bist du sicher, Karin?“ „Ja ich bin sicher.“

„Ihr habt heute deine beiden Mädels abgeholt, nicht wahr“, fragte Peter? „Hat’s ihnen bei deiner Mutter gefallen?“ „Denen gefällt’s bei der Oma immer gut. Da dürfen sie Sachen machen, die ich ihnen nicht erlauben würde. Und natürlich verwöhnt sie sie mal wieder mit allem möglichen Süssigkeiten“, erzählte Thomas. Peter musste grinsen. „Das kenne ich. Meine Mutter hat auch immer geschimpft, wenn meine Oma mich mit Schokokuchen ver-wöhnt hat. Mir hat’s gefallen.“

„Schön dich lachen zu sehen“, meinte Karin. „So gefällst du mir schon viel besser.“ „Ich werd’s mir merken. Aber das ist gar nicht so einfach. Hier habe ich viel zu viel Zeit zum grübeln“, meinte Peter. „Aber fang nicht wieder an, dich zu fragen warum und wieso. Das macht dich nur fertig und bringt sowieso nichts.“ „Danke Karin, aber das einzige was ich mich frage ist, wann ich hier raus komme und wie ich mir am besten die Zeit vertreiben kann.“ „Kein Problem, wenn du Abwechslung brauchst, kann ich dir gerne meine Mädels vorbeischicken. Die halten dich mit Sicherheit auf Trab“, schmunzelte Thomas. „Oh da bin ich mir sicher“, sagte Peter. Karin wollte schon intervenieren, da kam ihr in den Sinn, dass die Idee gar nicht so schlecht war. „Peter, ich finde die Idee gut und du kommst auf andere Gedanken. Was meinst du. Du könntest sie ein bisschen beschäftigen oder Hausaufgaben mit ihnen machen, während wir arbeiten müssen. Das würde den Beiden bestimmt auch gefallen, zumal sie vorhin eh schon gefragt haben, ob sie dich hier besuchen kommen dürften“, sagte Karin. „Ich weiss nicht Karin, ich habe das gerade eigentlich mehr als Scherz gemeint“, sagte Thomas. „Mmh, ich finde die Idee auch gut. Dann kommt hier ein bisschen Leben in die Bude“, meinte Peter.

Kurz darauf kam eine Krankenschwester  ins Zimmer und schmiss Karin und Thomas mehr oder weniger raus. Sie sagte, „ich glaube sie sollten langsam gehen. Herr Berger, der Tag war für sie anstrengend genug. Es gibt bald Abendessen und sie werden für die Nacht vorberei-tet.“ Die Drei nahmen es zur Kenntnis. „Hier geht’s manchmal zu wie auf einem Kasernen-hof“, meinte Peter als die Schwester wieder draussen war. „Das war wieder der gleiche Giftzwerg wie heute mittag.“ „Mit der ist nicht gut Kirschen essen“, sagte Thomas. „Ist die immer so freundlich?“ „Die hat mich eindeutig auf dem Kieker“, sagte Peter. „Das kann noch heiter werden.“ „Na dann wollen wir sie nicht weiter ärgern. Wir sollten lieber gehen“, sagte Karin. Die Beiden verabschiedeten sich und versprachen so bald wie möglich wiederzu-kommen.

 

Es war ein anstrengender Tag für Peter, aber er dachte mit Zuversicht an die kommenden Tage, die vielleicht doch nicht so langweilig werden würden wie befürchtet. Dann schlief er erschöpft aber beruhigt ein.

 

 

Kapitel 11

 

Peter ging es von Tag zu Tag besser. Er erholte sich sehr gut von den schweren Operationen. Seit fast 14 Tagen war er nun im Krankenhaus, nicht mitgerechnet die Zeit, die er schon in Mark’s Hütte krank im Bett gelegen war. Er hoffte jetzt jeden Tag auf den erlösenden Be-scheid, aus dem Krankenhaus entlassen werden zu können. Wie er erwartet hatte, konnten ihn seinen Kollegen nunmehr nur noch sporadisch besuchen. Am Anfang hatte er sich sehr ein-sam und verlassen gefühlt und war  psychisch ziemlich schlecht drauf. Aber er war froh, dass Karin den Vorschlag machte, dass Thomas‘ Mädels ihn besuchen könnten, um ihm ein wenig die Zeit zu vertreiben. Die Idee war genial. Die Drei hatten einen riesigen Spass. Half er ihnen nicht bei den Hausaufgaben, so spielten sie Karten oder irgendein anderes Spiel. In der zweiten Woche machten sie mehr und mehr kleinere Spaziergänge draussen im Garten des Krankenhauses. Er wurde von Tag zu Tag kräftiger und die frische Luft tat ihm gut. Auch seine Kollegen freuten sich mit ihm, dass er sich so gut erholte. Peter hatte beim letzten Besuch den Eindruck, dass sie irgendetwas im Schilde führten, konnte es aber nicht genau einschätzen.  

Es war jetzt Donnerstag morgen. Die Visite musste jeden Moment bei ihm sein. Er konnte es kaum noch abwarten, weil er auf gute Nachrichten hoffte. Nach quälenden weiteren zwanzig Minuten ging die Tür auf und die ganze Mannschaft, angefangen von Dr. Schneider bis zur Krankenschwester standen bei ihm vorm Bett.

„Guten Morgen Herr Berger“, sagte der Arzt. „Wie geht es ihnen heute?“ „Danke der Nach-frage, sehr gut“, antwortete Peter wahrheitsgemäss. „Na sie sind ja auch schon lange genug bei uns zur Pflege gewesen. Legen sie sich doch bitte auf das Bett, dann kann ich sie kurz untersuchen.“ Peter tat wie ihm geheissen. Bei der Untersuchung murmelte der Dr. Schneider ein paar unverständliche Worte vor sich hin. Er tastete Peters Bauch ab und untersuchte die Wundnaht. Die Fäden  wurden schon am Anfang der Woche gezogen. „Das sieht wirklich gut aus, Herr Berger“, sagte der Arzt. Dann schaute er noch kurz in Peter‘s Krankenblatt. „Mmh, ich glaube wir können sie morgen entlassen. Ich sehe keinen Grund sie noch länger hierzu-behalten.“ Peter’s Herz machte einen kurzen Sprung, endlich. „Danke, Herr Doktor, das sind gute Nachrichten.“ „Aber lassen sie es ruhig angehen. Die Stationsschwester wird ihnen noch die Krankschreibung für die nächsten zwei Wochen geben. Ich überweise sie dann wieder an ihren Kollegen Dr. Harland. Ich habe mit ihm schon gesprochen, er wird ihre weitere Betreu-ung übernehmen.“ „Vielen Dank, ich werde ihren Rat befolgen.“

 

Nachdem die ganzen Ärzte und Schwestern wieder draussen waren, griff er als erstes zum Telefon und rief auf der Basis an. Er wollte die gute Nachricht loswerden und fragen, ob ihn jemand morgen aus dem Krankenhaus abholen konnte.

„Medicopter, Dr. Harland“, meldete sich Mark. „Hallo Mark, hier ist Peter.“ „Hallo Peter, wie geht’s dir? Hast du langsam die Schnauze voll, von dem Klinikalltag?“ „So könnte man es auch nennen“, antwortete Peter. „Ich habe gute Nachrichten. Ich werde morgen entlassen und wollte fragen, ob mich jemand abholen könnte?“ „Hey super“, freute sich Mark. „Ich will mal sehen, ob ich was organisieren kann. Wir haben morgen einen bescheuerten Dienst-plan, aber irgendwie werden wir das schon hinkriegen.“ „Ist gut. Ich wollte euch haupt-sächlich mal die guten Nachrichten mitteilen. Wenn’s nicht klappt, nehme ich mir halt ein Taxi“, sagte Peter. Im Hintergrund war der Alarm zu hören. „Ich muss aufhöhren, Peter. Also bis morgen dann“, sagte Mark und legte auf.

 

Peter war froh, endlich aus dem Krankenhaus zu kommen. Er konnte kaum den morgigen Tag abwarten. Heute war zur Abwechslung mal wieder schönes Wetter, so beschloss er für einige Zeit im Garten spazieren zu gehen. Er hatte den Eindruck, dass er noch nie in seinem Leben so ruhig und brav war wie jetzt. Spaziergänge machen, wenn er früher auch nur daran gedacht hätte, hätte er gelacht. Auf der anderen Seite war das in den letzten zwei Wochen dîe einzige Möglichkeit mal rauszukommen.

 

Als Mark, Thomas und Katja von ihrem Einsatz zurück waren, war sowieso gerade Schicht-wechsel. Somit war die ganze Mannschaft versammelt und Mark verkündete fröhlich das Peter morgen entlassen würde.

„Oh toll“, sagte Biggi. „Dann müssen wir heute ja noch die Basis schmücken für den grossen Empfang morgen.“ „Ja das sollten wir“, sagte Karin. „Wir haben ja abgesprochen wer für morgen was zu Essen und Trinken mitbringt. Dann müssen wir nur noch überlegen wie und wer Peter abholt.“ „Ich habe ihm am Telefon gesagt, dass wir morgen einen etwas chao-tischen Tag haben und ich noch nicht genau weiss, wer ihn abholen wird“, sagte Mark.

„Ich hätte da eine Idee“, sagte Enrico. „Ich hatte eh vor, Peter meiner Schwester Stella vorzu-stellen. Die Beiden würden noch ganz gut zusammenpassen. Ich glaube, sie hätte nichts dagegen ihn morgen abzuholen. Sie könnte ihm sagen, dass wir so viel zu tun hätten, dass wir ihn nicht selbst abholen könnten. Dann hätten wir Zeit genug alles vorzubereiten und die Überraschung wäre noch grösser“, meinte Enrico weiter. „Was haltet ihr davon?“  „Mmh, die Idee ist nicht schlecht“, meinte Mark. „Finde ich auch“, meinte Biggi. „Also abgemacht“, sagte Enrico, „dann rufe ich nachher Stella an. Um wieviel Uhr soll sie ihn abholen, Mark?“

„Ich denke so gegen Mittag ist gut“, antwortet Mark.

 

Die Vorbereitungen nahmen ihren Lauf. Die Basis wurde auf Hochglanz gebracht und ge-schmückt. Somit waren die meisten Dinge für den kommenden Tag schon erledigt. Da Karin, Biggi und Enrico erst ab dem Nachmittag Dienst hatten, konnten sie sich um das Essen kümmern, während Thomas und Mark sich um die Getränke kümmern wollten.

 

Der Tag der Entlassung war gekommen. Peter hatte in aller Ruhe gefrühstückt und seine Tasche gepackt. Mark hatte am Morgen angerufen, dass ihn jemand gegen Mittag holen würde. Er musste sich nicht eilen und hatte Zeit genug ins Sekretariat zu gehen, um sich seine Unterlagen abzuholen.

Um halb zwölf schneite eine junge Frau in sein Zimmer. Er dachte erst sie hätte sich in der Zimmertür geirrt. Peter hielt für einen Moment die Luft an, als er sie da so stehen sah. Jung, hübsch, eine super Figur. Er war von ihr sofort angetan.

„Hallo“, sagte er schüchtern. „Ich glaube sie haben sich im Zimmer geirrt.“ „Bist du Peter“, fragte sie? „Ja, warum fragst du? Wer bist du?“ „Oh Entschuldigung. Ich bin Stella. Ich soll dich abholen.“ „Stella. Tut mir leid, wenn ich so doof frage, aber wer hat dich geschickt“, fragte Peter? Sie fing an zu lachen. „Es war mir klar, dass sie dir nichts sagen würden. Um es abzukürzen, ich bin die Schwester von Enrico, Enrico Contini. Deine Kollegen haben wohl heute soviel zu tun, dass sie mich gebeten haben dich abzuholen. Und das mache ich hier-mit.“ „Na, wenn das so ist, dann lass uns fahren. Ich will hier keine Minute länger als nötig bleiben“, sagte Peter.

Auf der Fahrt unterhielten sie sich ein bisschen. Peter war sofort von Stella und ihrer Art hingerissen. Er konnte nicht verstehen, warum Enrico ihnen seine Schwester bis jetzt vor-enthalten hatte. Er musste ihn das bei nächster Gelegenheit mal fragen. Sie näherten sich langsam der Basis. Irgendwie hatte Peter ein Kribbeln im Bauch, als würde noch etwas folgen.

Stella parkte ihr Auto direkt vorm Eingang der Basis. Der Hubschrauber stand vorm Hangar.

Peter hätte jetzt ein Begrüssungskomitee erwartet, aber von seinen Kollegen war weit und breit nichts zu sehen. Komisch dachte er sich, sonst sind sie doch auch gleich da.

Peter und Stella gingen ins Haus. Im Aufenthaltsraum war niemand und das Büro war auch leer. „Komisch“, sagte Peter. „Wo stecken die denn alle?“ „Ich habe keine Ahnung“, sagte Stella. „Es müsste ja jemand da sein, weil die Autos und der Hubschrauber sind ja auch da.“ „Ich gehe mal in den Hangar nachschauen, ob dort jemand ist“, sagte Peter. „Kommst Du mit?“ „Na klar“, antwortete sie.

Die Beiden betraten den Hangar. „Mensch hier ist es ja stockdunkel“, fluchte Peter. Auf einmal flackerte das Licht auf und alle seine Kollegen riefen „Überraschung“. Peter blieb entwurzelt stehen. „Hab ich mir’s nicht gedacht. Ich hatte gleich so ein komisches Gefühl“, sagte er und fing an zu lachen. „Die Überraschung ist euch gelungen.“ „Herzlich will-kommen zu Hause Peter“, tönte es von allen Seiten und jeder einzelne umarmte ihn oder drückte ihm einen Schmutz auf die Wangen, wie Biggi und Karin.

Enrico nahm seine Schwester bei der Hand. „Ich nehme an ihr habt euch schon bekannt gemacht“, sagte er. „Ja, wir hatten schon das Vergnügen. Ich muss sagen, ich habe nicht schlecht gestaunt, als da plötzlich eine reizende junge Dame vor mir stand“, sagte Peter.

„Sag mal, wo hattest du deine Schwester die ganze Zeit versteckt, dass du sie uns erst jetzt vorstellst?“ „Zu Hause“, antwortete Enrico. „ Was und dann bekommen wir sie heute das erste mal zu sehen. Enrico, du entäuschst mich.“

Mark drückte Peter eine Flasche Bier in die Hand, „hier bevor du ganz entwöhnt bist.“ Die Beiden stiessen an. „Danke Mark, für alles was du für mich getan hast.“ „Das war selbst-verständlich. Schön das du wieder da bist“, sagte Mark.“ „Wie lange bist du noch krank-geschrieben?“ „Vorerst mal zwei Wochen. Dann müssten wir sehen, ob ich dann schon wieder arbeitstauglich bin. Ich habe die Unterlagen aus dem Krankenhaus für dich dabei. Ich denke wir können uns die Sachen später gemeinsam anschauen“, sagte Peter. „Denke ich auch. Ich werde mir das morgen zu Gemüte führen und mir einen Überblick verschaffen. Aber lass uns jetzt erstmal feiern“, meinte Mark. „Biggi und Karin haben sich viel Mühe mit dem ganzen Essen gegeben.“  

Die Stimmung war so ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Mark hatte bei der Leitstelle angerufen und gebeten, dass Rosenheim für den restlichen Tag ihren Dienst mitübernahm. Gott sei Dank war das kein Problem. Insofern konnten sie ausgelassen feiern, was sie sich nicht zweimal sagen liessen.

 

Am nächsten Tag auf der Basis. Karin, Biggi und Enrico hatten die erste Schicht von morgens sechs Uhr bis mittags um zwei, dann übernahmen Katja, Mark und Thomas.

Die erste Crew, hatte natürlich Pech, dass sie so früh aufstehen musste, da die Feier bis fast Mitternacht ging. Gott sei Dank, hatten sie sich mit dem Alkohol zurückgehalten, eben weil sie Frühdienst hatten.

Mark war gegen Mittag auf der Basis, weil er sich zusammen mit Peter seine Unterlagen anschauen wollte. Peter kam dann auch gegen zwölf und die Beiden gingen in den kleinen Untersuchungsraum, den sie vor ein paar Monaten eingerichtet hatten, für den Fall, dass sich mal ein Notfall zu ihnen verirren würde.

Mark blätterte in den Unterlagen und las die letzten Untersuchungsergebnisse. „Das sieht ja alles recht gut aus. Hast du noch irgendwelche Beschwerden“, fragte er Peter? „Nein, nur manche Bewegungen sind noch etwas mühsam, bücken zum Beispiel. Bäume ausreissen kann ich zwar noch nicht,“ „Das sollst du auch gar nicht“, wendete Mark ein. „aber ansonsten geht’s mir prima.“ Mark musste grinsen, „du musst ziemlich Hummeln unterm Hintern haben.“ „So könnte man es auch nennen“, antwortete Peter. „Ich bin es halt nicht gewohnt, solange untätig rumzusitzen.“ „Ob du willst oder nicht, du wirst dich noch eine Weile ge-dulden müssen. Solange du nicht 100% fit bist, lasse ich dich nicht arbeiten und dazu gehört uneingeschränkete Bewegungs- und Schmerzfreiheit“, sagte Mark. „Das ist nur zu deiner und unserer Sicherheit.“ „Ich weiss. Damit ich aber nicht die ganze Zeit zu Hause alleine sitzen muss, würde ich sogar freiwillig auf die Basis kommen und euch den Papierkram erledigen“, bot Peter an. „Was hälst du davon?“  „Darüber können wir uns nächste Woche unterhalten“, sagte Mark. „Diese Woche schonst du dich bitte noch. Dass heisst ausschlafen, in Ruhe frühstücken, Zeitung lesen, an der frischen Luft spazieren gehen und früh zu Bett gehen.“ „Oh Mann ist das langweilig, motzte Peter.“ „Peter haben wir uns verstanden“, hakte Mark nach. „Ich meine es doch nur gut mit dir.“ „Ich weiss. Es fällt mir nur schwer“, sagte Peter und verzog das Gesicht. „Glaube ja nicht, dass ich das nicht weiss“, sagte Mark. „Mir würde es nicht anders gehen, wenn ich auf diesem Stuhl sitzen würde, auf dem du jetzt sitzt.“ Die Beiden mussten lachen. „Es war wenigstens ein Versuch wert“, meinte Peter.

„Komm, lege dich kurz auf die Liege, damit ich mir deinen Bauch anschauen kann und dann bist du auch schon erlöst.“ Peter legte sich hin und Mark tastete seinen Bauch ab. „Die Narbe verheilt ganz gut. Zwickt es dich noch irgendwo“, fragte Mark? „Nein, es ist alles in Ord-nung, bis auf das, dass die Narbe ganz schön lang ist“, antwortete Peter. „Fünfzehn Zenti-meter sind viel, ich weiss. Aber lass dich nicht täuschen. Zur Zeit sieht sie noch ziemlich wüst aus. Ich verspreche dir, im Sommer kannst du wieder eine Badehose tragen und man wird nicht mehr viel davon sehen“, meinte Mark. „Dein Wort in Gottes Ohr.“

„So und jetzt geh nach Hause. Vor nächster Woche, zur nächsten Untersuchung, will ich dich hier nicht mehr sehen“, bestimmte Mark. „Mach’s dir gemütlich und denke an meinen Rat. Wir unterhalten uns nächste Woche über dein Angebot.“ „Jawohl Herr Doktor“, sagte Peter spitz. „Bis nächste Woche.“  Dann verschwand er aus dem Zimmer, setzte sich in sein Auto und fuhr nach Hause.

 

Eine Woche später hatte Peter wieder einen Termin zur Nachuntersuchung bei Mark abge-macht. Peters Genesung schritt weiter voran. Ihm ging es von Tag zu Tag besser. Die Unter-suchung verlief positiv. Mark erlaubte ihm darauf hin, dass er, wenn er immer noch Lust dazu hätte, er ihnen den Papierkram erledigen könnte. Peter durfte aber nur zwei Stunden pro Tag in der nächsten Woche kommen, da er offiziell ja noch immer krankgeschrieben war. Das musste man Peter nicht zweimal sagen. Für ihn war es wichtig, wieder ein bisschen Basisluft zu schnuppern und einfach wieder dabei zu sein. Erst in der darauf folgenden Woche schrieb Mark ihn das erste mal gesund, verdonnerte ihn aber trotzdem noch zu einer weiteren Woche vollen Innendienst, weil er auf Nummer sicher gehen wollte. Peter murrte zwar, willigte aber ein, da Mark kein Widerwort gelten liess. Erst in der folgenden Woche war es dann endlich soweit und Peter flog seit über sieben Wochen wieder seinen ersten Einsatz.

 

ENDE

 



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